Referentenentwurf für die grenzüberschreitende Sicherung und Herausgabe elektronischer Beweismittel im Strafverfahren in der EU
E-Evidence: Neuer EU-Mechanismus für elektronische Beweismittel
Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz soll die Grundlage für eine neue, effizientere Erhebung elektronischer Beweismittel im EU-Raum darstellen. Mit dem Ziel, grenzüberschreitende Ermittlungen zu beschleunigen, schafft der Entwurf die rechtlichen Rahmenbedingungen für zwei wesentliche Instrumente: die **Europäische Sicherungsanordnung** und die **Europäische Herausgabeanordnung**. Diese ermöglichen es Strafverfolgungsbehörden, direkt von Dienstanbietern in anderen Mitgliedsstaaten elektronische Beweise zu fordern oder Daten vorläufig zu sichern, bevor sie gelöscht werden.
Die wachsende Bedeutung digitaler Kommunikation zur Begehung und Organisation von Straftaten – beispielsweise bei Eigentumsdelikten oder Drogenhandel über Messenger-Dienste – stellt Ermittler vor große Herausforderungen. Bisherige Verfahren sind oft ineffizient, da klassische Rechtshilfeanfragen über Monate bearbeitet werden und wertvolle Daten in dieser Zeit verloren gehen können. Zudem speichern internationale Dienstanbieter wie Google oder Meta Daten dynamisch und an verschiedenen Orten, wodurch nationale Grenzen irrelevant werden.
Der E-Evidence-Mechanismus erlaubt es den Strafverfolgungsbehörden, direkt auf Daten von Diensten im Ausland zuzugreifen. Dienstanbieter in der EU müssen Empfangsbevollmächtigte benennen, die Anfragen entgegennehmen und innerhalb von 10 Tagen (oder 8 Stunden in Notfällen) beantworten. Anders als bisher wird hierbei nicht die Behörde im Sitzstaat des Anbieters eingebunden, wodurch sich Verfahren erheblich verkürzen.
Die neuen Regeln gelten für elektronische Beweismittel wie Teilnehmerdaten (Identität und Kontaktdaten), Verkehrsdaten (z. B. Kommunikationsverlauf) und Inhaltsdaten (Texte, Bilder). Die Strafverfolgung kann für besonders sensible Daten wie jene von Berufsgeheimnisträgern, z. B. Anwälten oder Ärzten, nur unter strengen Voraussetzungen Daten anfordern. Außerdem sind für ernsthafte Straftaten wie Terrorismus oder Cyberkriminalität, sowie bei Daten mit hohem Schutzbedarf gerichtliche Genehmigungen erforderlich.
Das Bundesamt für Justiz überwacht die Einhaltung der Regelungen und kann bei systematischer Unkooperation von Dienstanbietern einschreiten. Verstöße können sanktioniert werden, sollten Anbieter ihre Verpflichtungen missachten oder die Zusammenarbeit verweigern.
Der E-Evidence-Mechanismus soll einen entscheidenden Fortschritt für die grenzüberschreitende Strafverfolgung im digitalen Raum leisten. Durch den direkten Zugriff auf digitale Beweismittel soll das Verfahren beschleunigt und die Sicherheit erhöht werden.