Stadtklima bei Hitze – Fehler in der Zukunft vermeiden

Deutschland schwitzt. Auch in diesem Sommer klettern die Temperaturen erneut vielerorts über die 30-Grad-Marke, in einigen Städten werden sogar über 35 °C gemessen. Wie so oft drehen sich die Schlagzeilen um den Klimawandel und die CO₂-Emissionen, die als Haupttreiber für diese Entwicklung gelten. Dabei stellt sich eine unbequeme Frage: Wie viel dieser Hitze haben wir uns in unseren Städten selbst eingebaut?
Mit unserer Baupolitik der vergangenen Jahrzehnte – dichte Bebauung, großflächige Versiegelung, Beton statt Bäume – haben wir vielerorts Strukturen geschaffen, die Wärme nicht nur aufnehmen, sondern regelrecht speichern. Straßen, Plätze und Fassaden werden tagsüber zu Wärmespeichern, die die Stadt auch in der Nacht nicht mehr loslässt. Aktuell haben wir einen heißen Sommer – aber unsere Städte sorgen oft selbst dafür, dass er unerträglich wird.
Für das Thema Stadtklima in Deutschland gibt es eine ganze Reihe rechtlicher Grundlagen – teils verbindliche Gesetze, teils planerische Instrumente, die bei der Stadt- und Bauleitplanung zu berücksichtigen sind.
1. Baugesetzbuch (BauGB)
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§ 1 Abs. 5 und 6 BauGB: Verbindet Bauleitplanung mit dem Ziel einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, einschließlich gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Umweltschutz und Klimaschutz/-anpassung.
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§ 1a BauGB: Speziell zu Klimaschutz und Klimaanpassung – verpflichtet Gemeinden, in der Bauleitplanung Belange des Klimaschutzes zu berücksichtigen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu treffen.
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§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB: Ermöglicht im Flächennutzungsplan Festsetzungen für Grünflächen und Freiräume.
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§ 9 Abs. 1 Nr. 15 und 20 BauGB: Im Bebauungsplan können Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft sowie Grünflächen festgesetzt werden.
2. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
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§ 1 Abs. 6 BNatSchG: Schutz von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage und für das Klima.
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§ 13–18 BNatSchG: Eingriffsregelung – bei Eingriffen in Natur und Landschaft müssen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen erfolgen (relevant bei Versiegelung, Baumfällungen).
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§ 21 BNatSchG: Biotopverbund – wichtig für Frischluftschneisen und Grünvernetzung im Stadtgebiet.
3. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG)
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Umweltprüfungen für größere Bauvorhaben oder Bebauungspläne müssen auch klimatische Auswirkungen und Auswirkungen auf Luftqualität, Temperaturhaushalt und Versickerung berücksichtigen.
4. Klimaschutzgesetze
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Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG): Rahmengesetz für Treibhausgas-Minderungsziele – betrifft indirekt Stadtklima durch Förderung von Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung.
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Landes-Klimaschutzgesetze (z. B. Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg, Klimagesetz NRW) enthalten oft explizite Vorgaben zur Klimaanpassung in Kommunen.
5. Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
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§ 55 WHG: Niederschlagswasser soll vorzugsweise vor Ort versickern oder in Gewässer eingeleitet werden – Grundlage für Schwammstadt-Konzepte und Entsiegelung.
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§ 6 WHG: Allgemeine Sorgfaltspflichten bei der Wasserbewirtschaftung – relevant für Regenwassermanagement in der Stadt.
6. Landesbauordnungen
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Landesrechtliche Vorgaben können z. B. Dachbegrünungen, Pflanzgebote oder Gestaltung von Freiflächen vorsehen.
Beispiel: Art. 9 BayBO (Bayern) – Freiflächen sind zu begrünen, soweit sie nicht für andere zulässige Nutzungen benötigt werden.
7. Kommunale Satzungen und Konzepte
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Baumschutzsatzungen: Regeln das Fällen von Bäumen im Stadtgebiet.
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Grünordnungspläne: Konkretisieren in Verbindung mit Bebauungsplänen Maßnahmen zur Begrünung, Durchgrünung, Frischluftschneisen.
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Klimaanpassungskonzepte: Nicht zwingend, aber viele Städte (z. B. Berlin, Wien) setzen sie als strategisches Planungsinstrument ein.
8. Fachrechtliche Leitlinien
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Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und TA Luft – wirken indirekt, da sie auch Lüftungsschneisen und Freiräume im Stadtgebiet betreffen können.
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DIN 18040 und DIN 18916/18917 – enthalten Vorgaben zur Gestaltung von Freianlagen und Pflanzarbeiten, teils relevant für Stadtgrün.
Warum sich Städte im Sommer stark aufheizen: Stadtklima und Hitzeinseln
Mitteleuropäische Städte ächzen im Sommer zunehmend unter drückender Hitze. Stadtbewohner erleben tropische Nächte, in denen es kaum abkühlt, und glühend heiße Tage zwischen Beton und Asphalt. Woran liegt es, dass Städte deutlich wärmer sind als ihr Umland? In diesem Beitrag beleuchten wir die wissenschaftlichen Hintergründe: vom Urban Heat Island Effekt über versiegelte Flächen und schwindendes Stadtgrün bis zur Rolle von Bäumen. Außerdem betrachten wir Beispiele aus Städten wie Berlin, Wien, Zürich und München. Aktuelle Studien und Daten aus Stadtklimatologie, Umweltwissenschaften und urbaner Ökologie zeigen, welche Maßnahmen wirklich Abkühlung bringen – und warum vereinzelte Bäume allein nicht genügen.
Urbane Wärmeinseln: Städte als Hitze-Hotspots
Stadtklimatologen sprechen vom Urban Heat Island (UHI)-Effekt, zu Deutsch Wärmeinseleffekt: Innenstädte heizen sich stärker auf und kühlen nachts weniger ab als das Umland. Tagsüber speichern Gebäude, Asphalt und Beton die Sonnenwärme; nachts geben sie sie nur langsam wieder ab. Die Folge: In dicht bebauten Stadtzentren können die nächtlichen Minimaltemperaturen bis zu 10 °C höher liegen als am Stadtrand. Eine Untersuchung in Berlin zeigte beispielsweise, dass an einer Innenstadt-Messstation mehr als dreimal so viele Tropennächte (Nächte über 20 °C) auftraten wie an einer Stadtrandstation – ein deutlicher Beleg des Wärmeinseleffekts. Auch tagsüber lassen sich Unterschiede spüren: Messungen in Wien bestätigen, dass urbane Gebiete heißer bleiben als ländliche Umgebung; Stadtforscher*innen schätzen den Unterschied auf bis zu zehn Grad an besonders heißen Tagen.
Mehrere Faktoren begünstigen diese Hitzeinseln in der Stadt. Zum einen führt der Klimawandel zu häufigeren Hochdruckwetterlagen und Hitzeperioden in Mitteleuropa, was die Grundbelastung erhöht. Zum anderen schaffen Städte selbst ein spezielles Mikroklima: dicht bebaute Straßenschluchten, dunkle Fassaden und Abwärme von Verkehr und Klimaanlagen tragen zur zusätzlichen Erwärmung bei. Im Ergebnis können Großstädte gegenüber ihrem Umland deutlich wärmer sein – laut Helmholtz-Klima-Initiative beträgt die Temperaturdifferenz in Metropolen im Extremfall bis zu 10 °C. Die Bewohner spüren dies vor allem in den Nächten, wenn ländliche Gebiete abkühlen, die Stadt aber auf einem hohen Temperaturniveau verharrt. Tropennächte werden somit zum städtischen Phänomen mit Gesundheitsrisiken, insbesondere für vulnerable Gruppen wie Ältere oder Kranke.
Flächenversiegelung: Beton und Asphalt als Wärmespeicher
Ein Hauptgrund für die überhitzten Städte ist die starke Versiegelung der Flächen. In natürlichen Landschaften sorgen Erde und Vegetation dafür, dass ein Teil der Sonnenenergie in Verdunstungskühlung fließt – Wasser verdunstet aus Böden und Pflanzen und entzieht dabei der Umgebung Wärme. In der Stadt hingegen sind Böden oft von Beton, Asphalt oder Pflaster bedeckt. Versiegelte Oberflächen speichern die Sonnenstrahlung und geben sie als Wärme ab, statt Wasser verdunsten zu lassen. Regenwasser kann nicht versickern, sondern fließt direkt in Kanalisationen ab; zur Verdunstung und damit natürlichen Kühlung trägt es kaum bei. Die Kombination aus trockenen, wärmespeichernden Materialien und fehlender Verdunstung kühlt die Stadt nicht, sondern heizt sie weiter auf.
Hinzu kommt die Farb- und Materialwahl: Dunkler Asphalt und Ziegel absorbieren viel Sonnenlicht. Messungen zeigen, dass exponierte, kaum reflektierende Stadtoberflächen bis zu 50 °C heißer als die Lufttemperatur werden können – man denke an aufgeheizte Straßen oder Dächer in der Mittagssonne. Diese Wärme strahlt in die Umgebung ab und erhöht die fühlbare Temperatur für die Menschen vor Ort. Gerade im Sommer sammelt sich so über den Tag ein „Wärme-Speicher“, der nachts nur verzögert abgegeben wird.
Die Zahlen zur Versiegelung in mitteleuropäischen Großstädten sind alarmierend. In vielen deutschen Städten sind über 40 % der Fläche versiegelt. Berlin etwa weist rund 44–45 % versiegelte Siedlungs- und Verkehrsfläche auf, München sogar knapp 46 %. In einigen Städten überschreitet der Versiegelungsgrad die 50 %-Marke. Gleichzeitig ist das Volumen an städtischem Grün oft gering. Ein Extrembeispiel ist Ludwigshafen am Rhein: Dort sind fast 58 % der Stadtfläche versiegelt, während das Grünvolumen pro Fläche mit 1,63 m³/ m² verschwindend gering ist. Diese „Betonwüsten“ heizen sich in Hitzeperioden besonders stark auf und bieten kaum natürliche Kühlung. Fachleute warnen, dass dieser Flächenfraß in Zeiten häufiger Hitzewellen eine gefährliche Entwicklung ist. Denn Beton und Asphalt wirken wie Wärmespeicher, während unversiegelte Böden als natürliche Klimaanlage fehlen.
Umgekehrt bedeutet das: Wo Städte entsiegeln und mehr unversiegelte Flächen schaffen, kann Regenwasser wieder in den Boden eindringen und verdunsten. Entsiegelte Flächen – seien es aufgebrochene Asphaltdecken, begrüntes Kopfsteinpflaster oder entsiegelte Plätze – helfen nicht nur bei Starkregen durch bessere Versickerung, sondern leisten auch einen Beitrag zur Abkühlung. Helle, reflektierende Materialien anstatt dunklem Asphalt reduzieren zusätzlich die Aufheizung. Deshalb fordern Klimaexperten und Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe, den Flächenverbrauch und die Versiegelung drastisch zu reduzieren. Städte brauchen „unversiegelte Böden zur Versickerung von Wasser und Grünflächen zur Kühlung“ – so bringt es die DUH auf den Punkt. Bis 2035 solle die Netto-Neuversiegelung idealerweise gestoppt werden, um dem städtischen Hitzeproblem entgegenzuwirken.
Rückgang der Vegetation: Wenn das Stadtgrün schwindet
Mit der Versiegelung geht oft ein Rückgang der Vegetation einher. Wo betoniert wird, verschwinden Bäume, Grünstreifen und Freiflächen. Fehlende Vegetation zählt zu den Hauptursachen dafür, dass Städte im Sommer überhitzen. Pflanzen wirken in mehrfacher Hinsicht kühlend: Sie spenden Schatten, verdunsten Wasser und dämpfen die Umgebungstemperatur. Doch in vielen mitteleuropäischen Städten ist das Grün auf dem Rückzug – sei es durch Bauboom, dichte Nachverdichtung oder auch durch Hitzestress und Trockenheit, dem Stadtbäume zum Opfer fallen.
Stadtklimatologische Untersuchungen zeigen deutlich, wie stark sich das Fehlen von Pflanzen auswirkt. Bebauung der Flächen und der Verlust der natürlichen Vegetationsdecke eliminieren die “grüne Klimaanlage” der Stadt. Ohne feuchtigkeitsspeichernde Böden und belaubte Flächen gibt es kaum Verdunstungskühlung. In Wien etwa stieg die Zahl heißer Tage (über 30 °C) seit den 1960er Jahren drastisch an – von rund 9 pro Jahr damals auf über 20 pro Jahr in den letzten Jahrzehnten. Noch belastender sind die Nächte: Durch die gespeicherte Wärme und fehlendes nächtliches Auskühlen steigt die Anzahl an Tropennächten im städtischen Bereich deutlich. Ein wesentlicher Grund: Zu wenig Grün und Schatten in den dicht bebauten Vierteln. So verzeichnete Wien in den letzten Hitzejahren deutlich mehr Tropennächte in der Innenstadt als im grüneren Umland, ähnlich wie in Berlin.
Daten aus deutschen Städten untermauern den Zusammenhang zwischen Stadtgrün und Hitze. In einer Auswertung von 190 deutschen Städten zeigte sich, dass jene mit extrem niedrigem Grünvolumen häufig zugleich einen hohen Versiegelungsgrad und entsprechend starke Hitzeprobleme haben. Umgekehrt profitieren Städte mit vergleichsweise viel Grün. Berlin etwa hat trotz hoher Versiegelung ein Grünvolumen von rund 4,24 m³ pro m² (durch seine vielen Parks, Straßenbäume und Wälder) und schneidet damit etwas besser ab als andere Millionenstädte wie München. Dennoch machen anhaltende Trockenperioden auch dem Berliner Stadtgrün zu schaffen – in den Dürresommern 2018–2020 sind Tausende Straßenbäume abgestorben oder geschwächt, was die Kühlleistung des Grüns weiter mindert (lokale Behörden riefen sogar Bürger zum Wässern der Straßenbäume auf). Der Rückgang von Bäumen und Grünflächen entwickelt so einen Teufelskreis: Weniger Grün führt zu mehr Hitze, und mehr Hitze setzt dem verbleibenden Grün zusätzlich zu.
Die sozialräumliche Komponente spielt ebenfalls eine Rolle. Oft konzentrieren sich dichte Bebauung und Grünmangel in innenstadtnahen, hoch versiegelten Quartieren, in denen häufiger einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen leben. Analysen aus Berlin zeigen Anzeichen von „Klima-Ungerechtigkeit“: Wohlhabendere Viertel im Außenbereich genießen mehr Grün und kühlere Mikroklimata, während ärmere Quartiere innerstädtisch stärker unter Hitzeinseln leiden. Der Rückgang urbaner Vegetation ist also nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch eine Frage der Lebensqualität und Gesundheit der Stadtbewohner.
Bäume und Grünflächen: Die natürliche Klimaanlage der Stadt
Stadtgrün kühlt die Umgebung nachweislich spürbar ab. Bäume und begrünte Flächen wirken wie natürliche Klimaanlagen, indem sie Schatten werfen und Wasser verdunsten. Dabei wird der Umgebungsluft Wärme entzogen (Verdunstungskälte), und schattierte Oberflächen heizen sich deutlich weniger auf. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die kühlende Wirkung von urbanem Grün. So hat ein Forschungsteam der ETH Zürich Satellitendaten aus 293 europäischen Städten analysiert und einen frappierenden Unterschied festgestellt: Bereiche mit Bäumen sind im Sommer im Mittel um viele Grad kühler als dicht bebaute Gebiete. Konkret fand man z.B. für österreichische Städte: In Wien waren Flächen mit Baumbestand durchschnittlich 11 °C kühler (Oberflächentemperatur) als versiegelte Stadtflächen; in Salzburg sogar um 14 °C. Selbst baumlose Grünflächen (Wiesen, Rasen) kühlten, aber wesentlich geringer – in Wien etwa um ~5,5 °C gegenüber bebauten Arealen. Diese Daten beziehen sich auf Oberflächentemperaturen per Satellit, doch sie illustrieren das enorme Potenzial von Vegetation: Bäume schaffen echte kühle „Inseln“ im heißen Stadtozean.
Auch die Lufttemperatur und gefühlte Temperatur profitieren. Das deutsche Umweltbundesamt berichtet, dass bereits kleinflächige Parks, Gärten oder Brachflächen von wenigen Hektar einen messbaren Kühleffekt von mehreren Grad erzielen können. Eine UBA-Studie fand, dass das Anpflanzen von Bäumen und Schaffen von Grünflächen in Städten die lokale Lufttemperatur um bis zu 4 °C senken kann. Diese Abkühlung wird nicht nur durch Verdunstung erreicht, sondern auch durch den Schatten: Unter einem großen Baum ist es im Sommer erheblich angenehmer. Tatsächlich reduzieren Bäume mit dichter Krone die gefühlte Temperatur (Physiologisch Äquivalente Temperatur, PET) um ein Vielfaches. In einer Übersichtsarbeit der Universität für Bodenkultur Wien wurde berichtet, dass dichte Stadtbäume die von Menschen empfundene Temperatur um bis zu 18 °C senken können – ein Wert, der die kombinierte Wirkung von Schatten und Verdunstung widerspiegelt. Selbst wenn dieser Effekt lokal begrenzt ist, macht er doch deutlich: Grün ist der wirksamste Hebel, um Hitze in der Stadt zu mildern.
Bäume spielen dabei eine Schlüsselrolle. Zum einen spenden sie intensiven Schatten, zum anderen haben sie – sofern im Boden verwurzelt – Zugriff auf tieferes Wasser. Dank ihrer tiefgehenden Wurzeln können große Bäume viel Wasser aufnehmen und über die Blätter verdunsten. Dadurch erzielen sie einen größeren Kühlungseffekt als flache Begrünung ohne Bäume. Eine Auswertung brachte es auf den Punkt: Baumlose Grünflächen haben einen etwa zwei- bis viermal geringeren Kühleffekt als vergleichbare Flächen mit Bäumen. Kurz gesagt: Rasen alleine kühlt wenig, erst in Kombination mit Bäumen wird eine Grünfläche zur wirkungsvollen „Cool Island“. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der ETH Zürich, die fand, dass städtische Grünanlagen mit Bäumen signifikant mehr Kühlung bringen als solche ohne Baumbestand.
Zugleich profitieren auch die Luftqualität und das Mikroklima von städtischem Grün. Pflanzen filtern Schadstoffe und Feinstaub aus der Luft, erhöhen die Luftfeuchte leicht und schaffen angenehmere Aufenthaltsräume. Untersuchungen aus San Francisco zeigten etwa, dass Parks nicht nur kühler sind, sondern auch wie lokale „Kaltluftseen“ fungieren, aus denen in der Nacht kühlere Luft in die Umgebung fließt. Ein ähnlicher Effekt wurde für mitteleuropäische Parks beobachtet: In warmen Sommernächten erzeugen sie kleinräumig kühlere Luft, die teilweise in angrenzende Viertel strömt und dort die Temperatur senkt. Somit dienen Grünflächen auch als Frischluftinseln, die den Hitzeinseleffekt etwas entschärfen können.
Beispiele aus unseren Fokus-Städten illustrieren diese Effekte: In München wurde 2023 eine Studie publiziert, der zufolge eine Erhöhung des Stadtbaum-Anteils deutliche Kühlpotentiale birgt. Hamburg und München wurden auch in einer internationalen Analyse betrachtet: Mit aktuell rund 24 % Baumkronen-Anteil hat Hamburg einen städtischen Wärmeinseleffekt von etwa +0,8 °C, während München mit ~20 % Baumbedeckung einen UHI-Effekt von ~1,2 °C aufwies. Hier sieht man bereits: Mehr Bäume gehen mit geringerer Überhitzung einher. Die Autoren der Studie (veröffentlicht in The Lancet) betonen, dass eine Erhöhung der städtischen Baumkronenbedeckung auf 30 % erheblich helfen würde – im Modell sank die Durchschnittstemperatur der Städte dann um etwa 0,4 °C, was fast 40 % der hitzebedingten Todesfälle verhindern könnte. Besonders in süd- und osteuropäischen Städten war der Effekt ausgeprägt, aber auch mitteleuropäische Städte wie Wien oder Zürich würden profitieren. Wichtig sei dabei, so die Forscher, dass die Bäume gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt werden und nicht nur als ein großer Park existieren – denn alle Viertel sollten Kühlung erhalten.
Einzelne Straßenbäume: Lokale Oasen mit begrenzter Reichweite
Wenn Grün so effektiv kühlt, liegt der Schluss nahe: Pflanzt mehr Bäume! Tatsächlich setzen viele Städte mittlerweile auf Stadtbäume als Mittel gegen Hitze. Doch einzelne Straßenbäume haben nur eine begrenzte Wirkungsreichweite. Ihr Schatten und Kühlhalo erstrecken sich oft nur über wenige Meter Umgebung. Lokal verbessert ein Baum das Mikroklima deutlich – unter seinem Blätterdach kann es auf Asphaltflächen bis zu 15 °C kühler sein als in der prallen Sonne nebenan, wie Messungen zeigen. Auch die gefühlte Temperatur sinkt unmittelbar unter dem Baum merklich. Dennoch: Für das gesamte Quartier oder gar die ganze Stadt reicht ein einzelner Baum nicht aus, um die Hitzeinsel auszuschalten.
Woran liegt das? Erstens ist die räumliche Wirkung eines einzelnen Baumes begrenzt. Direkt unter dem Baum und vielleicht noch für Passanten auf dem Gehweg spendet er Erleichterung, aber schon wenige Meter weiter dominiert wieder der aufgeheizte Asphalt. Eine Reihe von Straßenbäumen (etwa als Allee) kann bereits einen kleinen Kühleffekt entlang einer Straße erzeugen – durch zusammenhängenden Schatten und Verdunstung in der Baumreihe. Einzelne verstreute Bäume hingegen wirken eher punktuell. Zweitens hängt die Kühlleistung eines Baumes stark von seinem Gesundheitszustand und Standort ab. In vielen Städten kämpfen Straßenbäume mit widrigen Bedingungen: begrenzter Wurzelraum, verdichteter Boden, Wassermangel und Schadstoffe schwächen ihre Vitalität. Bei Hitze und Trockenheit werfen gestresste Bäume mitunter Blätter ab oder schließen ihre Spaltöffnungen, was die Verdunstung (und damit Kühlung) verringert. Ein Baum, der im Sommer unter Wasserstress leidet, kühlt deutlich weniger effektiv.
Drittens kann ein falsch platzierter Baum im Einzelfall sogar negative Effekte haben. Stadtklimatologen weisen darauf hin, dass dichtes Grün an ungünstiger Stelle die Luftzirkulation behindern kann. Gerade nachts fließt kühlere Luft oft bodennah vom Umland in die Stadt (sogenannter Flurwind). Wenn hohe Hindernisse wie Gebäude oder auch dichte Baumreihen ohne Lücken diesen Luftstrom blockieren, kann sich Wärme stauen. In engen Straßenschluchten etwa kann eine dichte Baumkrone die nächtliche Auskühlung behindern, wenn kein Wind durchkommt. Das heißt nicht, dass Bäume schlecht wären – vielmehr kommt es auf die richtige Planung an, damit Grün und Belüftung sich ergänzen. In manchen Situationen empfehlen Experten, lieber auflockernde Begrünung oder Sträucher zu setzen, wo Bäume keinen Platz haben oder die Strömung nicht hemmen sollen. Grundsätzlich aber überwiegen die Vorteile der Verschattung deutlich.
Die wichtigste Einschränkung einzelner Bäume bleibt jedoch ihr Maßstab: Ein paar verstreute Bäume können die Stadt als Gesamtsystem nicht ausreichend herunterkühlen. Sie schaffen kleine Oasen der Kühlung, aber das städtische Temperaturniveau bleibt hoch, wenn drumherum überwiegend versiegelte, vegetationsarme Flächen dominieren. Das zeigt sich auch in Planungsstudien: Selbst wenn neue Bäume gepflanzt wurden, sanken Innenstadttemperaturen in Simulationen oft nur geringfügig, solange die Gesamtstruktur (enge Bebauung, viel Beton) unverändert blieb. Deshalb betonen Klimaforscher, dass isolierte Maßnahmen ohne Gesamtstrategie wenig langfristigen Effekt haben. Städte müssen „weniger sinnvolle Einzelmaßnahmen ohne Langzeiteffekt vermeiden“ – damit sind z.B. symbolische Pflanzaktionen gemeint, die keinen Teil eines größeren Begrünungs- und Entsiegelungskonzepts bilden. Ein einzelner Baum hier und da ist positiv, löst aber das Hitzeproblem eines Stadtviertels nicht, wenn rundum die Hitzequellen überwiegen.
Ein weiterer Punkt: Straßenbäume brauchen Pflege, damit sie ihre Kühlwirkung entfalten können. In Hitzeperioden müssen junge Bäume gewässert werden. Ohne ausreichende Bodenfeuchte nützt der tollste Baum nichts, weil er dann kein Wasser verdunsten kann. Ältere, große Stadtbäume mit gut ausgebildeten Wurzeln haben hier einen Vorteil – sie kommen tiefer an Wasser. Doch in vielen Städten sind große Altbäume durch Trockenheit gefährdet. Fällt ein alter Baum aus, geht eine große „Kühlanlage“ verloren, die so schnell nicht ersetzt werden kann. Rollrasen oder ein neu gepflanzter Jungbaum können den Verlust eines ausgewachsenen Stadtbaums nicht kompensieren. Eine gesamtstädtische Strategie muss also auch den Bestandsschutz für alte Bäume im Blick haben, neben der Neupflanzung klimaresilienter Arten.
Zusammenhängende, durchgrünte Zonen: Wie Städte effektiv abkühlen
Statt einzelner Bäume sind zusammenhängende Grünflächen und vernetzte Grünstrukturen entscheidend, um urbane Hitzeinseln wirksam zu reduzieren. Wissenschaftliche Analysen und Best-Practice-Beispiele aus Städten zeigen, dass größere, kontinuierliche Vegetationsflächen einen viel stärkeren Kühlungsbeitrag leisten als Kleinstgrün oder isolierte Bäume. Warum? Größere Parks oder Grünzüge erzeugen ein eigenes kühleres Mikroklima, das über die Fläche hinaus abstrahlen kann. Außerdem können dort Bäume in Gruppen stehen, was die Verdunstungsleistung multipliziert. Wichtig ist auch der Bodenanschluss: In echten Grünzonen mit unversiegeltem Boden können Pflanzen Wasser aus dem Erdreich ziehen und bei Bedarf an die Luft abgeben. Das schafft eine dauerhafte Verdunstungskühlung, besonders im Sommer. So fungieren Parks und Grünanlagen gleich zweifach – als Schattenspender und als Verdunstungsflächen.
Stadtplaner sprechen in diesem Zusammenhang von „Grünflächenvernetzung“ und Freiraumverbund. Das Konzept: Statt kleiner, isolierter Grüninseln soll ein Netzwerk entstehen, bei dem Parks, Grünstreifen, Gärten, Straßenbäume und sogar begrünte Dächer miteinander in Verbindung stehen. Dieses Netzwerk ermöglicht es z.B., dass abgekühlte Luft aus Parkbereichen oder vom Stadtrand entlang von Grünachsen ins Stadtinnere fließen kann. In hügeligen Städten strömt nachts Kaltluft aus dem Umland in tiefergelegene Stadtteile – aber nur, wenn Freiräume als Kaltluftschneisen offen stehen. Wird die Stadtplanung darauf ausgerichtet, solche Ventilationsbahnen freizuhalten (etwa entlang von Flussauen, Bahntrassen oder großzügigen Grünkorridoren), kann die nächtliche Durchlüftung Hitzeinseln abmildern. Baum- und bebauungsfreie Schneisen sowie Grünkorridore sind daher ein wichtiger Baustein gegen städtische Überhitzung.
Mit „zusammenhängend, durchgrünt und mit Bodenanschluss“ sind also stadtökologische Zonen gemeint, in denen möglichst aufeinanderfolgend und vernetzt Grün vorhanden ist – idealerweise vom Boden (Wiese, Stauden, Sträucher) über Bäume bis hin zu begrünten Fassaden oder Dachgärten. Wichtig ist der Anschluss an den natürlichen Boden, weil dort Wasser gespeichert wird. So können etwa Innenhofbegrünungen mit entsiegeltem Boden erhebliche Mikroklima-Vorteile bringen, wenn viele Höfe eines Viertels begrünt sind und kein Asphalt den Boden versiegelt. Einzelne Dachgärten oder Kübelpflanzen in Betonwüsten helfen zwar punktuell, aber erst die Verbindung vieler grüner Elemente entfaltet einen spürbaren Stadtklima-Effekt.
Mitteleuropäische Städte entwickeln hierzu neue Ansätze und liefern Beispiele: Wien hat bereits 2014 einen umfangreichen Urban Heat Islands-Strategieplan erarbeitet. Darin wird betont, dass auf strategischer Ebene vor allem die Erhaltung der städtischen Luftzirkulation und die Vernetzung der Freiräume Priorität haben. Ebenso wichtig: Anpassung der Stadtstruktur (mehr Durchgrünung in dichten Vierteln), Aufhellung und Entsiegelung von Oberflächen, sowie die Sicherung und Erweiterung von Grün- und Freiräumen wie Parkanlagen und der Erhalt und Ausbau des Baumbestandes. Auf Planungsebene setzt Wien u.a. auf Erhöhung des Grünanteils in Straßenräumen (z.B. durch Alleen, zusätzliche Einzelbäume, begrünte Straßenbahntrassen), die Begrünung von Innenhöfen und Zwischennutzungen von Brachflächen als Grün, sowie auf Fassaden- und Dachbegrünung und Wasserelemente. Ein Beispiel ist der neue Helmut-Zilk-Park (7 ha) im Sonnwendviertel und die Parks in der Seestadt Aspern (zusammen 8 ha), die gezielt als Abkühlungsinseln in wachsenden Stadtteilen geschaffen wurden. Solche großen Grünflächen mitten im Siedlungsgebiet wirken wie städtische Oasen: Sie bieten Erholung, senken die Umgebungstemperatur und verbessern nebenbei Luftqualität und Lebensqualität. Wien hat erkannt, dass zusammenhängende Grünräume mit Bodenanschluss kostspielig in Anlage und Pflege sein mögen, aber vielfältige Zusatznutzen bringen – von Freizeitwert bis Biodiversität.
Auch Berlin verfolgt mittlerweile eine Strategie, mehr Grün ins Stadtgefüge zu integrieren. Im Stadtentwicklungsplan Klima heißt es, viele Stadtquartiere bräuchten perspektivisch mehr Grün und eine bessere Vernetzung vorhandener Grünflächen. Neben Parks und Straßenbäumen werden dabei Gründächer und begrünte Fassaden als Teil des städtischen Grünnetzes gesehen. Berlin setzt zudem auf Innovationen wie eine Regenwasser-Agentur, um Niederschläge lokal zu halten und für Stadtgrün zu nutzen – ein Ansatz, der Schwammstadt-Prinzip genannt wird. Dadurch bleiben Böden feucht und Vegetation kann auch in Hitzeperioden länger kühlen. In neuen Baugebieten achtet man darauf, Grünzüge einzuplanen und ausreichend Platz für Bäume zu lassen. München erprobt im Projekt „Grüne Stadt der Zukunft“ diverse Maßnahmen: In einem Modellquartier wurden z.B. breite Baumgruben mit 30–36 m³ Erdvolumen pro Baum vorgesehen, um den Wurzeln genug Raum und Wasser zu geben. Außerdem pflanzt man dort eine Mischung klimaresilienter Baumarten anstelle von Monokulturen. Diese diversifizierten, gut versorgten Bäume sollen langfristig einen robusten und leistungsfähigen Baumbestand bilden – also Straßenbäume, die auch in heißen, trockenen Sommern überleben und kühlen.
Die Schweiz hat ebenfalls den Urban Heat Island-Effekt im Blick. In Zürich wurde 2018 eine Fachplanung Hitzeminderung beschlossen, die Empfehlungen wie das Freihalten von Kaltluftleitbahnen, das Vernetzen von Grünflächen und gezielte Begrünungsvorgaben für Neubauten enthält. Gleichzeitig liefert die Forschung dort wichtige Erkenntnisse: Die ETH Zürich-Studien zu Stadtbäumen und Oberflächentemperaturen untermauern die städtischen Maßnahmen wissenschaftlich. So kommt zusammen, was zusammen gehört: Praxis und Forschung zeigen, dass ohne ein durchgrüntes Gefüge die vereinzelten Grünprojekten wenig bringen. Aber mit einem Netzwerk aus Parks, begrünten Höfen, Baumalleen und Wasserflächen kann selbst eine dichte Stadt spürbar abgekühlt werden.
Es wird deutlich, dass Dimension und Vernetzung der Begrünung entscheidend sind. Ein Großpark wie der Englische Garten in München oder der Tiergarten in Berlin schafft erhebliche Kühlung – doch wenn diese Oase allein auf weiter Flur steht, profitieren nur die unmittelbaren Anrainer voll davon. Daher empfehlen Experten, Grün gleichmäßig über das Stadtgebiet zu verteilen. Lieber viele kleine und mittlere Grünflächen, die untereinander vernetzt sind, als ein einzelnes grünes „Feigenblatt“. Die Verteilung sorgt auch für Gerechtigkeit: Alle Bewohner haben Zugang zu kühleren Bereichen in Wohnortnähe, nicht nur jene, die neben dem großen Park wohnen. Zudem lässt sich die positiv wirkende Fläche so vergrößern – mehrere verteilte Parks summieren sich in ihrer kühlenden Wirkung.
Ein weiterer Aspekt ist die Kombination von Maßnahmen. Grüne Infrastruktur allein löst das Hitzeproblem nicht vollständig, aber sie ist der zentrale Baustein. Ergänzend kann man z.B. hellere Materialien für Straßen und Fassaden einsetzen, um weniger Wärme zu absorbieren. Wasserflächen oder Wasserspiele (Brunnen, Sprühnebel) können lokal kühlen, sofern genügend Wasser vorhanden ist. Und natürlich spielt die Architektur eine Rolle: Gebäude mit guter Dämmung und Verschattung heizen das Innere weniger auf und geben auch weniger Wärme an die Stadt ab. Eine klimagerechte Stadtplanung wird also immer ein Maßnahmen-Mix sein. Doch der Konsens der Fachwelt ist klar: Ohne deutlich mehr Stadtgrün wird es nicht gehen. Städte müssen grünere und offenere Strukturen schaffen, um im wärmer werdenden Klima lebenswert zu bleiben.
Was bedeutet dies?
Mitteleuropas Städte werden in den kommenden Jahren voraussichtlich noch heißer – aber sie sind dem nicht schutzlos ausgeliefert. Die Ursachen der städtischen Überhitzung sind wissenschaftlich gut verstanden: Versiegelte, trockene Oberflächen, dichtes Bebauungsgitter und fehlende Vegetation führen zum Urban Heat Island-Effekt, der Sommernächte unerträglich macht. Die Lösung liegt in der Rückgewinnung der grünen Stadt. Das heißt: Entsiegeln, Begrünen, Vernetzen. Einzelne neue Bäume oder ein begrüntes Dach sind ein Anfang, doch um spürbar Abkühlung zu schaffen, braucht es ein ganzes Netzwerk von Grünflächen mit Bodenanschluss und ausreichend Feuchtigkeit. Straßenbäume allein kühlen nur im Umkreis ihres Schattens – ein Siedlungsgebiet aber kühlt erst ab, wenn viele begrünte Areale verbunden wirken.
Aktuelle Daten und Beispiele aus Berlin, Wien, Zürich, München zeigen, dass ein Umdenken begonnen hat. Parks werden erweitert oder neu angelegt, versiegelte Plätze aufgebrochen, Bäume in die Städte zurückgeholt. Manche Städte richten Frischluftschneisen ein und bepflanzen Fassaden und Dächer. Das Ziel: die Stadt widerstandsfähiger gegen Hitze machen und lebenswert erhalten. Wissenschaftliche Studien untermauern diese Maßnahmen – sie quantifizieren den Kühleffekt von Bäumen und warnen vor den Folgen weiterer Betonierung. So wird immer klarer, dass Stadtplanung und Klimaanpassung Hand in Hand gehen müssen.
Städte können keine Mittelmeer-Strände werden, aber sie können grüne Oasen in der Steinwüste schaffen. Zusammenhängende, gut bewässerte Grünzüge senken das Thermometer um mehrere Grad und bieten den Menschen im Sommer dringend benötigte Zuflucht vor der Hitze. Die urbane Wärmeinsel lässt sich entschärfen – wenn wir der Natur wieder mehr Raum in der Stadt geben. Die Devise lautet: Beton raus, Grün rein. Dies erfordert vorausschauende Planung, Investitionen und manchmal auch das Umwidmen von Flächen. Doch die wissenschaftlichen Befunde sind eindeutig: Je grüner und durchlässiger eine Stadt, desto kühler und gesünder ist ihr Klima. Mit Bäumen, Parks und entsiegelten Böden lassen sich Städte auch in Mitteleuropa gegen die sommerliche Gluthitze wappnen – und verwandeln vom Hitze-Hotspot zurück in lebenswerte Orte, selbst an heißen Tagen.
Quellen: Die Aussagen dieses Beitrags stützen sich auf aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen und Stadtklima-Strategien, u.a. Studien der ETH Zürich zum Kühleffekt von Bäumen, Analysen des Umweltbundesamts zum Wärmeinseleffekt, Daten der Deutschen Wetterdienstes und Stadtbehörden zu Hitzetagen und Tropennächten sowie auf Praxisbeispiele aus Wien, Berlin, München und Zürich. Diese belegen übereinstimmend: Ohne Grün geht es nicht – Städte brauchen eine klimabewusste Gestaltung, die der sommerlichen Hitze die Stirn bietet.
Wirksame Maßnahmen, die Haus- und Gartenbesitzer in der Stadt selbst umsetzen können, um Hitzeentwicklung zu mindern und das Mikroklima zu verbessern:
1. Begrünung von Flächen
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Entsiegelung von gepflasterten oder betonierten Bereichen (z. B. Hof, Garageneinfahrt) und Ersatz durch wasserdurchlässige Beläge oder bepflanzte Flächen.
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Rasen- und Wiesenflächen statt Schottergärten – möglichst artenreich, um auch Insekten zu fördern.
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Sträucher und Stauden pflanzen, um Bodenbeschattung zu verbessern und Verdunstungskühlung zu fördern.
2. Bäume pflanzen und pflegen
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Schattenspendende Laubbäume mit ausreichend Platz und Bodenanschluss setzen.
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Tiefwurzelnde Arten bevorzugen, die mit Stadtklima und Trockenheit zurechtkommen.
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Bestehende Bäume regelmäßig wässern, insbesondere in Hitze- und Trockenperioden.
3. Vertikale und horizontale Begrünung
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Fassadenbegrünung (Rankpflanzen, Begrünungssysteme) für Kühlung und Isolation.
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Begrünte Pergolen oder Rankgerüste als Schattenspender über Sitzplätzen.
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Dachbegrünung (extensiv oder intensiv) zur Kühlung des Gebäudes und Verbesserung der Regenwasserspeicherung.
4. Wasser als Kühlfaktor nutzen
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Regenwasserspeicher (Tonnen, Zisternen) anlegen, um Pflanzenversorgung in Trockenzeiten zu sichern.
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Wasserflächen oder Wasserspiele (kleiner Teich, Brunnen) einrichten – erhöhen die Luftfeuchtigkeit und haben einen kühlenden Effekt.
5. Hitzeschutz am Gebäude
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Sonnenschutz durch Markisen, Rollläden, Jalousien oder Sonnensegel installieren.
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Helle, reflektierende Dach- und Fassadenfarben verwenden, um Aufheizung zu verringern.
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Fensterbeschattung durch außenliegende Elemente bevorzugen (wirksamer als innenliegender Schutz).
6. Mikroklima optimieren
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Kühle Zonen im Garten schaffen, z. B. schattige Sitzplätze unter Bäumen.
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Luftzirkulation durch Anordnung von Pflanzen so gestalten, dass Frischluftströme nicht blockiert werden.
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Mischbepflanzung statt Monokulturen – sorgt für Widerstandsfähigkeit gegen Wetterextreme.
7. Vermeidung von Hitzequellen
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Dunkle, stark wärmespeichernde Flächen (Asphalt, Bitumen) im Garten vermeiden.
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Keine unnötigen motorbetriebenen Geräte bei großer Hitze betreiben (zusätzliche Abwärme).