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Ajax und der Knochenvorrat…

Ajax und der Knochenvorrat…

Ajax

An einem stürmischen Herbsttag, an dem der Wind um das Haus pfiff und der Regen unaufhörlich gegen die Fenster trommelte, hatte sich die ganze Dackelbande ins Warme zurückgezogen. Die Verfassungswiese war heute kein Ort für Spaziergänge – zu nass, zu matschig, zu ungemütlich. Also lagen alle Dackel zusammengerollt in ihren Körbchen: Bautz mit seinem Biber kuschelnd, Ares dicht an Gaius gedrückt, und Opa Balder schnarchte leise vor sich hin.

Nur Ajax, der weise Anführer der Bande, lag wach. Er reckte sich, schüttelte sein struppiges Fell und sah in die Runde.
„Wollt ihr mal eine Geschichte hören?“, fragte er mit dieser ruhigen, tiefen Dackelstimme, die sofort alle Ohren spitzen ließ.

„Eine richtige Dackelgeschichte?“, fragte Ares, der Jüngste, neugierig.
„Eine Geschichte aus der Zeit, als ich noch ein junger Hund war – und niemand ahnte, dass ich ein Genie bin“, begann Ajax mit einem schelmischen Blinzeln.

„Also“, sagte er, „es war ein kalter Winter vor vielen Jahren. Damals lebte ich schon hier im Haus, und ich bekam oft einen herrlich duftenden Knochen. Aber eines Tages dachte ich: Was, wenn der Nachschub einmal ausbleibt? Wenn es schneit, friert und keiner an meinen Vorrat denkt?

Die Dackel sahen ihn staunend an. „Du meinst… du hast…?“
„Jawohl“, sagte Ajax stolz. „Ich habe angefangen, Vorräte anzulegen. Nicht draußen, wo jeder Fuchs sie findet, sondern drinnen – unter dem alten Eichenschrank im Flur.“

Bautz prustete: „Unter dem Schrank? Da kommt doch kein Hund hin!“
Ajax hob die Nase. „Kein gewöhnlicher Hund, Bautz. Aber ein Dackel eben doch. Ich habe den Knochen zwischen die Pfoten genommen, mich auf die Seite gelegt, und mit schiebender Schnauze und einem gezielten Pfotenstoß den Schatz immer tiefer unter das Möbelstück bugsiert. Manchmal war’s nur ein Stückchen Kaustange, manchmal ein richtiger Rinderhautknochen – alles schön ordentlich nebeneinander.“

„Und niemand hat’s gemerkt?“, fragte Gaius ungläubig.
„Niemand!“, sagte Ajax triumphierend. „Bis eines Tages die Menschen anfingen, komisch zu gucken. ‚Hier riecht’s aber streng!‘, sagten sie. Sie suchten im Mülleimer, unter dem Teppich, ja sogar in den Schuhen – aber niemand kam auf den Schrank. Ich saß daneben, ganz unschuldig, mit meinem besten Dackelblick.“

„Und dann?“, fragte Ares aufgeregt.
Ajax grinste. „Dann kam der Frühjahrsputz. Der Schrank wurde verrückt – und darunter lagen sie: 25 Stück! 25 gut abgelagerte, leicht angekaute, perfekt versteckte Knochen.“

„Was hast du gemacht?“, japste Bautz.
„Ich?“, sagte Ajax und legte den Kopf schief. „Ich tat, als wüsste ich von nichts. Ein Dackel verrät niemals seine Strategien.“

Ein leises Kichern ging durch die Dackelreihen. Draußen rüttelte der Wind an der Tür, und drinnen rückten alle ein Stückchen näher zusammen.

„Und wisst ihr, was das beste an der Geschichte ist?“ fragte Ajax schließlich.
Ares schüttelte den Kopf.
„Man traut Hunden vieles nicht zu – aber Dackel sollte man nie unterschätzen. Wir denken weiter. Aber auch Menschen denken manchmal wie Dackel, denn der Schrank wurde wieder über meine Knochensammlung gerückt, nachdem 2 streng riechende Exemplare entfernt worden waren. Ich durfte alle Knochen behalten und weiter sammeln.“

Ein zustimmendes Nicken ging durch die Körbchen, während der Regen weiter auf das Dach trommelte.
Und als Ajax sich in seine Decke kuschelte, murmelte er leise:
„Unter dem neuen Schrank ist übrigens noch Platz.“

 

Ajax und die Knochensammlung

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