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Schnee auf der Verfassungswiese

Schnee auf der Verfassungswiese

In der Nacht hatte es leise und heimlich geschneit. Kein Wind, kein Getöse – nur ein sanftes Rieseln, das die Verfassungswiese wie mit einem frischen weißen Tuch bedeckte. Als die ersten Sonnenstrahlen über die feinen Schneekristalle glitten, begann der gesamte Boden zu glitzern, als hätte jemand winzige Sterne darin verstreut.

Axel öffnete als Erster die Tür zur Wiese. Er stemmte seine kräftigen Pfoten in die dünne Schneeschicht und blieb einen Moment stehen, um die klare Winterluft einzuatmen. „So beginnt ein guter Tag“, murmelte er zufrieden.

Hinter ihm polterte schon Ajax heran – voller Energie, wie immer. „Was ist das? Was ist DAS?“, rief er mit weit aufgerissenen Augen, bevor er sich kopfüber in den Schnee warf. Er schob die Schnauze tief hinein, prustete, hob dann den Kopf wieder und hatte eine kleine Schneewolke im Bart hängen. „Kalt… aber herrlich!“

Lump kam in wilden Sätzen hinterher. Er liebte alles, was man jagen, anschubsen oder umwühlen konnte, und Schnee war dafür perfekt. „Platz da! Ich komme!“ Mit vollem Tempo rutschte er in eine kleine Schneewehe, überschlug sich fast, richtete sich wieder auf und schüttelte Schnee aus den Ohren. „Das ist ja noch besser als Laub!“

Caius hingegen blieb im Türrahmen stehen und hielt eine Pfote vorsichtig in die weiße Fläche. Dann zog er sie hastig zurück. „Das ist nass UND kalt“, stellte er vorwurfsvoll fest. „Beides gleichzeitig. Das ist bestimmt gefährlich.“ Doch als Ajax und Bautz johlend über die Verfassungswiese jagten, war sein Stolz stärker als die Kälte. „Gut“, verkündete er entschlossen, „ich komme dann auch. Aber nur, weil ihr sonst Unsinn macht.“

Er setzte vorsichtig Pfote für Pfote in den Schnee, bis er schließlich ebenfalls hineinlief – und nach fünf Metern selbst anfing, glücklich zu hopsen. „Okay… es ist vielleicht doch nicht so schlecht.“

Die  Dackel tobten über die gesamte Wiese, hinterließen Pfotenspuren, die aussahen wie ein wilder Lageplan eines Schneekünstlers, und bellten jeden Flockenrest an, der von einem Ast fiel.

Axel beobachtete das Geschehen mit ruhiger Zufriedenheit. Dann setzte er sich in den Schnee, sah seinen  Gefährten beim Spielen zu und rief schließlich: „Kommt her, ihr Schneestürmer. Der erste Schnee braucht ein Ritual.“

Die Bande trabte heran – Ajax mit schneeverkrustetem Bart, Lump mit einem Schneefleck auf dem Rücken und Caius mit einem leicht beleidigten Ausdruck, weil ein Schneeklumpen an seiner Pfote klebte.

„Der erste Schnee“, begann Axel, „ist wie ein neuer Anfang. Er zeigt uns, dass die Welt sich verwandeln kann. Und wir mit ihr. Also ziehen wir eine Schneespur – gemeinsam – bis zur großen Eiche. Eine Spur, die nur UNS gehört.“

Ajax riss die Augen auf. „Eine richtige Spur? Die NUR wir machen dürfen?“

„Genau“, sagte Axel.

Und so liefen sie nebeneinander los: vier dunkle, struppige Rauhaardackel, die eine klare Linie durch die unberührte Schneedecke zogen. Die Schneekristalle knisterten unter ihren Pfoten, die Winterluft prickelte in ihren Nasen, und jede von ihnen wusste: Das war ein Moment, der jedes Jahr nur einmal kommt.

An der Eiche angekommen, schüttelten sie sich alle gleichzeitig den Schnee aus dem Fell. Ajax sprang vor Freude gegen den Stamm, Lump schnupperte im Wurzelbereich nach verborgenen Wintergeheimnissen, Caius verkündete, dass ihm nun offiziell kalt sei – und Axel sah sie mit diesem warmen, weisen Blick an, der sagte: Gut gemacht, kleine Bande. Sehr gut sogar.

Dann setzten sie sich im Halbkreis in den Schnee, sahen in die glitzernde Wiese und lauschten dem leisen Winterknistern.

So begann der Winter auf der Verfassungswiese – mit kalten Pfoten, fröhlichem Getobe, und dem Gefühl, dass die Dackelbande gemeinsam jeden Tag heller machen konnte.

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