Was ist eine “Mogelpackung”?
Eine Mogelpackung ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für eine Verpackung, die den Eindruck erweckt, mehr Inhalt zu enthalten, als tatsächlich vorhanden ist.
- Deutschland: Im § 43 des Mess- und Eichgesetzes sind die Anforderungen an Fertigpackungen geregelt. Fertigpackungen müssen so gestaltet und befüllt sein, dass sie “keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist”. Falls doch eine größere Füllmenge vorgetäuscht wird, spricht man von einer Mogelpackung. Die Fertigpackungsverordnung enthält Einzelheiten zur Bemessung des Inhalts. Aus Gründen des Verbraucherschutzes ist eine Verpackung nicht zulässig, wenn die Füllmenge einer undurchsichtigen Fertigverpackung von dem Fassungsvermögen des Behälters um mehr als 30 % abweicht – mit anderen Worten: Wenn die Verpackung zu rund einem Drittel Luft enthält. Davon ausgenommen sind Fälle, wo die Abweichung produktbedingt oder technisch unumgänglich ist.
- Österreich: In Österreich gibt es keine vergleichbare Verordnung. Hersteller können grundsätzlich frei entscheiden, in welchen Mengen sie ihre Ware anbieten. Für viele Konsumenten stellt das Missverhältnis zwischen großer Verpackung und geringem Inhalt jedoch ein Ärgernis dar.
- Vereinigte Staaten: In den USA sind Mogelpackungen (dort als “slack fill” bezeichnet) Gegenstand zahlreicher Sammelklagen gegen Nahrungsmittelhersteller. Oft werden diese Klagen von darauf spezialisierten Anwälten eingereicht. Teilweise verfolgen auch District Attorneys (lokale Staatsanwälte) solche Fälle. Ein Beispiel: Die zu Lindt & Sprüngli gehörenden Schokoladenhersteller Ghirardelli und Russell Stover zahlten 2019 eine Strafe von 750.000 US-Dollar für “überwiegend leere” Verpackungen.
Urteil vom 29. Mai 2024 – I ZR 43/23
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Verpackung eines Produkts als “Mogelpackung” gilt, wenn sie nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Füllmenge steht, wie im vorliegenden Fall, wo eine Tube nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt war.
Sachverhalt:
- Klägerin: Verbraucherschutzverband
- Beklagte: Vertrieb von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten
- Streitgegenstand: Werbung für ein Herrenwaschgel in einer teilweise transparenten Tube, die nur im durchsichtigen Bereich gefüllt ist.
- Vorwurf: Werbung suggeriere eine nahezu vollständige Befüllung der Tube und sei daher unlauter.
Bisheriger Prozessverlauf:
- Landgericht und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, da im Online-Vertrieb die konkrete Größe der Verpackung nicht spürbar sei und keine Irreführung vorliege.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
- Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.
- Die Verpackung täusche eine größere Füllmenge vor, was gegen § 43 Abs. 2 MessEG verstößt.
- Der Schutz vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge gilt unabhängig vom Vertriebsweg.
- Die Werbung verstößt auch gegen § 5 UWG, da die Tube nur zu zwei Dritteln gefüllt ist und dies nicht durch technische Erfordernisse gerechtfertigt ist.
- Die Beklagte wurde zur Unterlassung verurteilt.
Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass eine wettbewerbsrelevante Irreführung vorliegt, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Füllmenge steht, unabhängig vom verwendeten Werbemedium.