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Schenkungsteuer bei Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR – BFH-Urteil

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Schenkungsteuer bei Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR – BFH-Urteil

Haus

BFH, Urteil vom 04. 06. 2025 – II R 18/23

1. Hintergrund der Entscheidung

Die schenkungsteuerliche Behandlung sogenannter „ehebedingter Zuwendungen“ – insbesondere bei der Übertragung oder gemeinsamen Nutzung des Familienheims – ist seit Jahrzehnten Gegenstand fortlaufender Rechtsprechung. Nach der Aufgabe der Steuerfreiheit solcher Zuwendungen durch den BFH im Jahr 1994 (BFHE 173, 432) reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG, um lebzeitige Übertragungen von Familienheimen unter Ehegatten wieder von der Schenkungsteuer zu befreien.

Die aktuelle Entscheidung des BFH befasst sich mit der bislang ungeklärten Frage, ob diese Steuerbefreiung auch dann greift, wenn das Familienheim nicht direkt auf den Ehegatten, sondern auf eine Ehegatten-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) übertragen wird, an der beide Ehepartner zu gleichen Teilen beteiligt sind.


2. Der zugrunde liegende Sachverhalt

Die Ehefrau war Alleineigentümerin eines bebauten Grundstücks, das von beiden Eheleuten zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Am 6. August 2020 gründeten die Eheleute eine GbR, an der beide jeweils zur Hälfte beteiligt waren.

In derselben notariellen Urkunde übertrug die Ehefrau das Grundstück unentgeltlich in das Gesellschaftsvermögen der GbR. Der Vorgang wurde ausdrücklich als „ehebedingte Zuwendung“ bezeichnet.

Am 4. September 2020 wurde die GbR als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Der Kläger (Ehemann) erklärte daraufhin in seiner Schenkungsteuererklärung eine hälftige Bereicherung in Höhe von 1,8 Mio. € und beantragte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Das Finanzamt setzte dagegen Schenkungsteuer in Höhe von 247.000 € fest und lehnte die Befreiung ab. Zur Begründung führte es an, dass die Vorschrift nur auf Eigentum oder Miteigentum, nicht aber auf Gesamthandseigentum (wie bei einer GbR) anwendbar sei. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht München (Urteil vom 21. 06. 2023 – 4 K 1639/21) gab der Klage statt.

Gegen dieses Urteil legte das Finanzamt Revision ein.


3. Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.

a) Schenkungsteuerlicher Erwerbstatbestand

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG** liegt eine Schenkung unter Lebenden vor, wenn eine unentgeltliche Vermögensverschiebung erfolgt.
Überträgt ein Ehegatte ein ihm gehörendes Grundstück unentgeltlich in das Vermögen einer GbR, an der der andere Ehegatte beteiligt ist, wird dieser schenkungsteuerrechtlich in Höhe seiner Beteiligung bereichert.

Der BFH stellte klar, dass nicht die GbR als Gesamthand, sondern die Gesellschafter selbst als Bereicherte anzusehen sind.
Damit ist der Ehegatte Gesellschafter – nicht die Gesellschaft – der Steuerschuldner (§ 20 ErbStG).

b) Anwendung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG

Der BFH entschied, dass auch der Erwerb von Gesamthandseigentum am Familienheim von der Steuerbefreiung erfasst wird.
Obwohl der Gesetzeswortlaut nur „Eigentum oder Miteigentum“ nennt, ist das Gesamthandseigentum gleichzustellen. Maßgeblich ist die Zurechnung des Eigentums an den Gesellschafter als Berechtigten, nicht die formale Eigentumsträgerschaft der GbR.

Zudem entspricht dieses Verständnis dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift: Sie soll den „engen Kern der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft“ schützen und Zuwendungen im familiären Wohnbereich von der Steuer verschonen.

c) Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

Da das Grundstück unstreitig als Familienheim genutzt wurde, waren auch die weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt.
Die Schenkungsteuer war daher auf 0 € festzusetzen.


4. Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil stellt eine klare Ausweitung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG dar. Es bestätigt, dass die Steuerfreiheit auch dann greift, wenn das Familienheim in eine Ehegatten-GbR eingebracht wird.

Damit schafft der BFH Rechtssicherheit für Gestaltungen, bei denen Ehepartner ihr gemeinsam genutztes Haus im Rahmen einer vermögensverwaltenden GbR halten, etwa aus Haftungs- oder Nachfolgegründen.

Zivilrechtlich bleibt das Grundstück zwar Gesamthandseigentum der GbR (§§ 718 ff. BGB), steuerrechtlich wird es jedoch anteilig den Gesellschaftern zugerechnet.

Praktisch bedeutet dies:

  • Die Übertragung eines Familienheims durch einen Ehegatten auf eine gemeinsame GbR ist keine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung, soweit die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgt.

  • Gleichwohl ist eine formgerechte notarielle Dokumentation der ehebedingten Zuwendung und Nutzung erforderlich.

  • Die Steuerfreiheit entfällt, wenn das Objekt nicht mehr als Familienheim genutzt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 2 ErbStG).


5. Rechtliche Bewertung

Mit dem Urteil stärkt der BFH die systematische Gleichbehandlung verschiedener Eigentumsformen innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Entscheidung ist konsequent, da der wirtschaftliche Gehalt der Zuwendung – gemeinsame Nutzung des Familienheims – identisch bleibt, unabhängig davon, ob die Eheleute das Grundstück als Miteigentümer oder als Gesamthänder halten.

Die Auffassung des Finanzamts, § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG müsse restriktiv ausgelegt werden, widerspricht dem gesetzgeberischen Zweck, den Kernbereich der Ehe steuerlich zu privilegieren.

Damit ist das Urteil zugleich ein Korrektiv für die Finanzverwaltung, die bislang eine enge Wortlautauslegung vertreten hatte.


Der BFH (II R 18/23) stellt klar:

Auch die Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR ist steuerfrei, soweit das Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

Die Entscheidung fügt sich in die Linie der Rechtsprechung ein, nach der die Steuerfreiheit des Familienheims nicht an der Eigentumsform, sondern an der tatsächlichen Nutzung und ehelichen Zweckbestimmung festzumachen ist.


 

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