BFH: Veräußerungsgewinn bei Grundstücksübertragung mit Übernahme von Schulden

30. Mai 2025 – Nummer 037/25 – Urteile vom 11.03.2025
IX R 17/24
Wird ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen und übernimmt der neue Eigentümer die auf dem Grundstück lastenden Schulden, liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11.03.2025 – IX R 17/24 entschieden.
Im Streitfall hatte ein Vater im Jahr 2014 ein Grundstück für 143.950 € erworben und teilweise fremdfinanziert. Im Jahr 2019 übertrug er das Grundstück auf seine Tochter. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Grundstück einen Wert von 210.000 €. Die Tochter übernahm die am Übertragungstag bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 115.000 €.
Das Finanzamt (FA) teilte ausgehend vom Verkehrswert im Zeitpunkt der Übertragung den Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil auf. Soweit das Grundstück unter Übernahme der Verbindlichkeiten entgeltlich übertragen worden war, besteuerte es den Vorgang als privates Veräußerungsgeschäft und setzte die entsprechende Einkommensteuer gegenüber dem Vater fest.
Der BFH hat die vom FA vorgenommene Besteuerung einer Grundstücksübertragung unter Übernahme von Schulden bestätigt. Wird ein Wirtschaftsgut übertragen und werden zugleich damit zusammenhängende Verbindlichkeiten übernommen, liegt regelmäßig ein teilentgeltlicher Vorgang vor. In diesem Fall erfolgt eine Aufteilung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil. Wird das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen, unterfällt der Vorgang hinsichtlich des entgeltlichen Teils als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 2025 (IX R 17/24) hat die steuerliche Behandlung einer teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 EStG zum Inhalt.
Sachverhalt:
- Der Kläger erwarb 2014 ein bebautes Grundstück für 143.950 € und übertrug es 2019 an seine Tochter.
- Verkehrswert des Grundstücks: 210.000 €; die Tochter übernahm eine Bankverbindlichkeit von 115.000 €.
- Das Finanzamt (FA) behandelte die Übertragung als privates Veräußerungsgeschäft und setzte einen Veräußerungsgewinn von 40.655 € an, indem es die Übertragung in einen entgeltlichen (54,76 %) und einen unentgeltlichen Teil (45,24 %) aufteilte.
- Das Niedersächsische Finanzgericht gab der Klage des Klägers statt, da es bei einer teilentgeltlichen Übertragung unterhalb der Anschaffungskosten kein privates Veräußerungsgeschäft annahm.
Entscheidung des BFH:
- Das BFH-Urteil hebt das Urteil des Finanzgerichts auf und weist die Klage ab.
- Kernpunkt: Bei teilentgeltlichen Übertragungen wird der Vorgang nach dem Verhältnis der Gegenleistungzum Verkehrswert in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt. Dies gilt auch, wenn das Entgelt unter den Anschaffungskosten liegt.
- Die Anschaffungskosten (143.950 €), Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Veräußerungskosten (Vorfälligkeitsentschädigung) werden anteilig (hier: 54,76 %) berücksichtigt.
- Der entgeltliche Teil der Übertragung führt zu einem steuerbaren Veräußerungsgewinn (40.655 €), da der Veräußerungserlös (115.000 €) die anteiligen Anschaffungskosten (78.828 €) übersteigt.
- Rechtsgrundlage: § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG. Die Aufteilung folgt der ständigen BFH-Rechtsprechung (z. B. IX R 15/23).
- Das Argument des Klägers, es liege kein realisierter Wertzuwachs vor, wurde zurückgewiesen, da der entgeltliche Teil steuerlich relevant ist.
- Eine Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer wurde verneint, da nur der unentgeltliche Teil schenkungsteuerpflichtig ist.
Leitsatz:
Die Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis von Gegenleistung zu Verkehrswert gilt auch bei einem Entgelt unter den Anschaffungskosten. Der entgeltliche Teil führt zu einem steuerbaren Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG.