Der neue EU-Haushaltsentwurf – Auf dem Weg zur Fiskalunion?

Aufbau und Kosten der EU-Kommission
Die Europäische Kommission hat ihren Entwurf für den EU-Haushalt 2025 vorgelegt. Das Volumen beläuft sich auf rund 199,7 Milliarden Euro, ergänzt um 72 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds „NextGenerationEU“. Damit bleibt der Haushaltsrahmen zwar formal unterhalb des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021–2027, enthält aber strukturell neue Elemente mit weitreichenden finanziellen und verfassungsrechtlichen Implikationen.
Wer zahlt was? Die Lastenverteilung
Die EU finanziert sich traditionell aus sogenannten „Eigenmitteln“. Dazu zählen:
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Zölle auf Einfuhren aus Drittstaaten,
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Ein Anteil der nationalen Mehrwertsteuereinnahmen,
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Beiträge der Mitgliedstaaten auf Basis ihres Bruttonationaleinkommens (BNE).
Deutschland ist wie in den Vorjahren der größte Nettozahler, mit einem geplanten Beitrag von rund 30 Milliarden Euro, was etwa 21–22 % des EU-Haushalts ausmacht. Frankreich und Italien folgen mit jeweils ca. 16 % und 13 %.
Neu: Der Umbau der Eigenmittelstruktur
Die Kommission plant nun eine Reform der Eigenmittelsystematik, die einer stillen Fiskalunion gleichkommen könnte. Geplant sind unter anderem:
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Plastikabgabe – ein Zuschlag auf nicht recycelte Kunststoffabfälle (bereits eingeführt),
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CO₂-Grenzausgleichsabgabe (CBAM) – Besteuerung von CO₂-intensiven Importen,
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Digitale Abgabe – Beteiligung großer digitaler Konzerne,
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Künftige Finanztransaktionsabgabe – noch in Prüfung.
Der entscheidende Unterschied: Diese Einnahmen fließen nicht nur zur Deckung des Haushalts, sondern sollen zur Tilgung der EU-Schulden aus dem Wiederaufbaufonds verwendet werden. Damit etabliert sich erstmals eine EU-Verschuldung mit eigener Rückzahlungslogik, getragen nicht mehr nur durch nationale Haushalte, sondern durch originäre europäische Einnahmen.
Was ist neu im Vergleich zu früheren Haushalten?
Der gravierende Unterschied zu früheren Haushalten liegt in der Kombination aus struktureller Verschuldung (über NextGenerationEU) und eigenständigen Einnahmequellen, die als dauerhafte Finanzierungselemente geplant sind. Damit überschreitet die EU implizit die Schwelle zu einer eigenständigen fiskalpolitischen Autorität – ein Schritt, der bislang als Tabu galt und in einigen Mitgliedstaaten verfassungsrechtlich hoch umstritten ist.
Die Europäische Kommission ist die zentrale Exekutivbehörde der Europäischen Union – de facto ihre „Regierung“. Ihre Struktur ist komplex, vielschichtig und beeindruckend groß.
1. Anzahl der Kommissare
Die Europäische Kommission besteht derzeit aus 27 Kommissarinnen und Kommissaren, also einem Mitglied pro EU-Mitgliedstaat. An ihrer Spitze steht die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Stand: 2025).
Jeder Kommissarin ist für einen bestimmten Politikbereich (Portefeuille) zuständig, z. B.:
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Wettbewerb (Margrethe Vestager)
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Wirtschaft (Paolo Gentiloni)
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Binnenmarkt (Thierry Breton)
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Klima (Wopke Hoekstra)
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Justiz, Haushalt, Außenbeziehungen etc.
Einige Kommissare sind Vizepräsidenten – etwa für den Grünen Deal oder Digitalisierung.
2. Struktur der Kommissionen (Generaldirektionen)
Die eigentliche Verwaltungsarbeit wird durch sogenannte Generaldirektionen (GD) geleistet, die man sich wie Fachministerien vorstellen kann.
Es gibt derzeit rund 33 Generaldirektionen und Dienststellen, darunter:
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GD Wettbewerb (COMP)
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GD Umwelt (ENV)
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GD Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (GROW)
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GD Haushalt (BUDG)
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GD Justiz und Verbraucher (JUST)
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GD Migration und Inneres (HOME)
Diese GDs sind in thematische Cluster gegliedert und operieren wie hochspezialisierte Fachbehörden unter Leitung der jeweiligen Kommissare.
3. Personal: Wer arbeitet für die Kommission?
Die Europäische Kommission beschäftigt rund 32.000 Bedienstete, darunter:
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Beamt*innen („Officials“) nach dem EU-Beamtengesetz
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Vertragsbedienstete
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Temporärbeschäftigte
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Nationale Sachverständige (Seconded Experts)
Diese arbeiten in Brüssel, Luxemburg sowie in Außenvertretungen weltweit. Etwa ein Drittel ist in den Generaldirektionen, ein weiteres Drittel in Agenturen oder externen Delegationen tätig.
Indirekt sind durch externe Projektträger, Dienstleister, wissenschaftliche Berater usw. weitere mehrere Tausend Personen eingebunden.
4. Agenturen und Delegationen
Zusätzlich gibt es über 40 EU-Agenturen, die Aufgaben ausführen, die die Kommission koordiniert:
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z. B. die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), Frontex, Europol, Europäische Umweltagentur (EEA)
Außerdem unterhält die Kommission über 140 Auslandsvertretungen („EU-Delegationen“) – ähnlich wie diplomatische Vertretungen.
Die Europäische Kommission ist mit 27 Kommissaren, über 30 Generaldirektionen, mehr als 32.000 direkten Mitarbeitenden und Tausenden weiteren in Agenturen, Delegationen und ausgelagerten Aufgabenbereichen eine der größten Exekutivapparate der Welt.
Die Gesamtkosten der Europäischen Kommission für ihre eigene Verwaltung lassen sich anhand der offiziellen EU-Haushaltsdaten folgendermaßen darlegen:
1. Haushaltsposition „European Public Administration“ (Verwaltungskosten)
Im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021–2027 ist der Bereich „European public administration“ vorgesehen:
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Gesamtausgaben (Commitment Appropriations): ca. 73,1 Mrd € für den gesamten MFR-Zeitraum 2021–2027 .
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Das entspricht etwa 6,7 % der Gesamtmittel des MFR.
Für das Haushaltsjahr 2025 sind etwa 12,6 Mrd € Budgetmittel für diesen Bereich vorgesehen, was einem Budgetanstieg von etwa 5,2 % gegenüber 2024 entspricht.
2. Verantwortungsbereich – Verwaltungsaufwand der Kommission
Zur Einordnung:
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Etwa 6 % bis max. 7 % des jährlichen EU-Haushalts entfällt auf Verwaltung (inkl. Beamte, Gehälter, Gebäude etc.).
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Das bedeutet: Bei einem Gesamtbudget von ca. 199 Mrd € (2025) liegen die jährlichen Verwaltungsausgaben bei rund 12–14 Mrd €.
3. Personalkosten – Gehälter der Kommissare und Belegschaft
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Die Kommission beschäftigt rund 32.000 Direktmitarbeitende (Beamte, Vertragsbedienstete, temporäre Kräfte).
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Dazu kommen zusätzlich externe Fach- und Beratungskräfte und zeitlich befristete Stellen – insgesamt über 40.000 Personen, wenn Delegationen und Agenturen mitgerechnet werden.
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Gehaltsbeispiel: Ein einzelner Kommissar erhält ca. 25.900 €/Monat (Stand Juni 2023); Präsident und Vizepräsidenten entsprechend mehr .
Die Kommission nimmt pro Jahr 12–14 Mrd € für Verwaltungszwecke in Anspruch. Diese Summe umfasst Personalkosten, Betrieb (Gebäude, IT, Übersetzungen), Projekte und Verwaltungsagenturen. Damit liegt ihr Anteil am Gesamtbudget der EU bei rund 6 %–7 % und markiert eine solide, wenn auch nicht dominante Größe im EU-Haushalt.
Die Pensionslasten für die Beschäftigten der EU-Kommission – also für EU-Beamte, Vertragsbedienstete und Kommissare im Ruhestand – sind ein gemeinsames Finanzierungsproblem aller Mitgliedstaaten und werden mittelbar aus dem EU-Haushalt getragen.
1. Keine Kapitaldeckung, sondern Umlageverfahren
Das Pensionssystem der EU basiert nicht auf einem kapitalgedeckten Fonds, sondern auf einem fiktiven Umlagesystem („Notional Defined Benefit Scheme“):
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Die aktiven EU-Beamten zahlen monatlich rund 10,25 % ihres Gehalts als „Pensionsbeitrag“.
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Diese Beiträge fließen nicht in einen realen Pensionsfonds, sondern dienen formal zur Verrechnung – tatsächlich werden die Pensionszahlungen vollständig aus dem laufenden EU-Haushalt finanziert.
2. Finanzierung über den EU-Haushalt → über Beiträge der Mitgliedstaaten
Da der EU-Haushalt zu über 90 % aus den Mitgliedstaaten gespeist wird (über Eigenmittel wie BNE- und Mehrwertsteueranteile), bedeutet das faktisch:
Die Pensionszahlungen an ehemalige EU-Beamte und Kommissare werden von den EU-Mitgliedstaaten gemeinsam getragen – allen voran von den großen Nettozahlern wie Deutschland.
Für 2025 sind im Haushaltsentwurf:
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rund 2,3 Mrd € für „Ruhestands- und Versorgungsbezüge“ (Titel 5 – Pensionsaufwendungen) vorgesehen.
3. Sonderregeln für Kommissare und Abgeordnete
Auch ehemalige EU-Kommissare, Parlamentsabgeordnete und Richter des EuGH erhalten eigene EU-Pensionen, die nicht von den nationalen Rentenkassen gezahlt werden. Deren Höhe richtet sich nach Amtszeit und Position:
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z. B. mindestens 1.300 €/Monat nach nur 5 Jahren Amtszeit bei einem EU-Kommissar,
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und bis zu über 7.000–10.000 €/Monat bei höheren Funktionen (Präsidentin etc.).
4. Höhe der Gesamtpensionslast
Die langfristige Belastung steigt deutlich:
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Prognosen der Kommission beziffern die zukünftigen Pensionsverpflichtungen auf über 80–90 Mrd € kumuliert für die kommenden Jahrzehnte,
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obwohl nur rund 2–2,5 Mrd € jährlich derzeit tatsächlich gezahlt werden.
Diese Zahlungen müssen künftig ohne Rücklagen gedeckt werden – ein wachsendes fiskalisches Risik
Primäre Quellen:
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Offizielle Website der Europäischen Kommission
https://commission.europa.eu
→ Informationen über die aktuelle Zusammensetzung der Kommissare, ihre Portfolios und Generaldirektionen. -
Organigramm der Europäischen Kommission
→ Einsehbar über die Kommissionswebsite unter dem Menüpunkt „Structure and organisation“. -
EU Staff Figures (HR-Statistik der Kommission)
https://ec.europa.eu/info/about-european-commission/jobs-european-commission/statistics_en
→ Enthält Zahlen zu Beamtinnen, Vertragsbediensteten, temporären Kräften und nationalen Expertinnen. -
Amtsblatt der Europäischen Union
– insbesondere Anhänge zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) mit Personal- und Verwaltungsübersichten. -
Jährlicher Tätigkeitsbericht der Kommission („Annual Management and Performance Report for the EU Budget“)
→ Enthält unter anderem Daten zur Anzahl der Bediensteten, Agenturen und Außenvertretungen.
Sekundärquellen zur Einordnung und Verifizierung:
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Bundeszentrale für politische Bildung (bpb.de)
→ Informationen zur Rolle und Arbeitsweise der EU-Kommission. -
Europäisches Parlament – Hintergrundpapiere & Informationsdienste
https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de
→ Detailangaben zur Rolle der Kommission im institutionellen Gefüge. -
European Court of Auditors Reports (Europäischer Rechnungshof)
→ insbesondere zur Beschäftigtenverteilung in Agenturen und Delegationen.