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Kein Werbungskostenabzug bei Umzug wegen Einrichtung eines Arbeitszimmers

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Kein Werbungskostenabzug bei Umzug wegen Einrichtung eines Arbeitszimmers

Rechtsprechung

Leitsatz:

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für einen Umzug in eine andere Wohnung, um dort (erstmals) ein Arbeitszimmer einzurichten, sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

BFH: Kein Werbungskostenabzug bei Umzug zur erstmaligen Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers

Mit Urteil vom 5. Februar 2025 (Az.: VI R 3/23) hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Umzugskosten nicht als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar sind, wenn der Umzug lediglich der erstmaligen Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers dient. Die Revision des beklagten Finanzamts gegen das finanzgerichtliche Urteil wurde vollumfänglich bestätigt, das Urteil des FG Hamburg (vom 23.02.2023 – 5 K 190/22) aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Sachverhalt

Die Kläger, ein Ehepaar mit Kind, lebten zunächst in einer 65 m² großen Wohnung ohne gesonderte Arbeitszimmer. Aufgrund pandemiebedingter Homeoffice-Regelungen arbeiteten beide Eheleute im Streitjahr 2020 überwiegend von zu Hause. Der Kläger wechselte im Juni den Arbeitgeber und arbeitete weiterhin regelmäßig im Homeoffice. Da die vorhandene Wohn-/Arbeitssituation (Arbeiten am Esstisch) als unzureichend empfunden wurde, zogen die Kläger im Juli 2020 in eine 110 m² große Wohnung mit zwei separaten Arbeitszimmern. Die hierdurch entstandenen Umzugskosten in Höhe von 4.218 € machten sie als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, das FG Hamburg gab der Klage jedoch statt.

Entscheidung des BFH

Der BFH führt aus, dass Werbungskosten grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn zwischen Aufwendungen und steuerpflichtigen Einnahmen ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Bei Umzugskosten verlangt die Rechtsprechung eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung, die durch objektive Umstände gestützt sein muss. Die bloße Verbesserung der häuslichen Arbeitsbedingungen oder der Wunsch, erstmals ein Arbeitszimmer einzurichten, genügen hierfür nicht. Ein solcher Wohnungswechsel bleibt Teil der privaten Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

Selbst im Lichte der geänderten Arbeitswelt mit verstärktem Homeoffice sei die Entscheidung, ein Arbeitszimmer im privaten Wohnbereich einzurichten, regelmäßig multikausal und in erster Linie privat motiviert. Der Wunsch nach ungestörtem Arbeiten im Homeoffice sei zwar nachvollziehbar, stelle jedoch kein objektives, beruflich zwingendes Moment dar. Der BFH betont, dass auch dann, wenn kein außerhäuslicher Arbeitsplatz zur Verfügung steht, die Entscheidung für eine neue Wohnung regelmäßig von privaten Wohn- und Lebensbedürfnissen geprägt ist.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung konkretisiert und bestätigt die restriktive BFH-Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Umzugskosten als Werbungskosten. Ein Umzug allein zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Homeoffice oder zur Schaffung eines häuslichen Arbeitszimmers stellt demnach keinen hinreichenden beruflichen Veranlassungszusammenhang dar. Maßgeblich bleibt ein objektives, außerhalb der Wohnsphäre liegendes auslösendes Moment – etwa ein Arbeitsplatzwechsel mit erheblicher Fahrtzeitverkürzung.

Die Entscheidung unterstreicht zugleich die steuerliche Relevanz des Trennungsgebots zwischen beruflicher Sphäre und privater Lebensführung – auch in Zeiten veränderter Arbeitsrealitäten.


Fazit: Der Umzug in eine größere Wohnung zur Einrichtung eines Arbeitszimmers begründet für sich genommen keinen Werbungskostenabzug. Steuerpflichtige sollten bei Geltendmachung von Umzugskosten auf objektiv feststellbare berufliche Notwendigkeiten verweisen können.


Werbungskosten sind im deutschen Steuerrecht Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, insbesondere im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Gesetzliche Definition

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG:
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Systematische Einordnung

Werbungskosten sind von Bedeutung bei den sieben Einkunftsarten des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–7 EStG), insbesondere bei:

  • Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG),

  • Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG),

  • Kapitaleinkünften (§ 20 EStG),

  • und sonstigen Einkünften (§ 22 EStG).

Bei den Gewinneinkünften (§§ 13–18 EStG) spricht man hingegen nicht von Werbungskosten, sondern von Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG).

Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug

Damit Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sind, müssen sie:

  1. Beruflich veranlasst sein – also objektiv mit der Erzielung von Einnahmen zusammenhängen,

  2. Subjektiv zur Einnahmenerzielung bestimmt sein,

  3. Nicht unter ein Abzugsverbot des § 12 EStG (insbesondere private Lebensführung) oder § 3c EStG (bei steuerfreien Einnahmen) fallen.

Typische Beispiele für Werbungskosten:

  • Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Entfernungspauschale),

  • Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (unter engen Voraussetzungen),

  • Fortbildungskosten,

  • Gewerkschaftsbeiträge oder Beiträge zu Berufsverbänden,

  • Arbeitsmittel (z. B. Fachliteratur, Computer, Werkzeuge),

  • Doppelte Haushaltsführung (wenn berufsbedingt),

  • Bewerbungskosten.

Besonderheit: Werbungskostenpauschbetrag

Für Arbeitnehmer gilt ein Pauschbetrag von 1.230 € jährlich (§ 9a Satz 1 Nr. 1a EStG, Stand 2025). Nur wenn höhere tatsächliche Werbungskosten geltend gemacht werden, müssen diese einzeln nachgewiesen werden.

Abgrenzung zur privaten Sphäre (§ 12 EStG)

Keine Werbungskosten sind Ausgaben, die durch die private Lebensführung veranlasst sind – etwa für Kleidung, Wohnungseinrichtung oder allgemeine Lebenshaltung. Diese fallen unter das steuerliche Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG.

 

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