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Kosten für Fitnessstudios sind nicht steuerlich absetzbar

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

Kosten für Fitnessstudios sind nicht steuerlich absetzbar

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Urteils BFH vom 21. November 2024, VI R 1/23

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen. Dies gilt auch dann, wenn die Mitgliedschaft Voraussetzung für ein ärztlich verordnetes Funktionstraining ist.

Sachverhalt:

Eine Steuerpflichtige mit körperlichen Beeinträchtigungen absolvierte auf ärztliche Verordnung ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik. Zunächst nahm sie das Training bei einem Kneipp-Verein wahr, wechselte jedoch aus praktischen Gründen in ein Fitnessstudio, das entsprechende Kurse anbot. Voraussetzung für die Teilnahme war eine Mitgliedschaft sowohl im Fitnessstudio als auch in einem Verein. Während die Krankenkasse die Kosten für das Training übernahm, musste die Klägerin die Beiträge für die Mitgliedschaften selbst tragen und machte diese in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend.

Entscheidung des BFH:

Die Klage wurde abgewiesen, weil die Aufwendungen für das Fitnessstudio und das Zusatzmodul nicht zwangsläufig entstanden seien. Der BFH führte aus:

  • Keine außergewöhnliche Belastung: Die Kosten für ein Fitnessstudio zählen zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten, die nicht steuerlich absetzbar sind (§ 12 Nr. 1 EStG).
  • Fehlende Zwangsläufigkeit: Die Entscheidung, das ärztlich verordnete Training in einem Fitnessstudio durchzuführen, beruht auf einer freien Wahl der Klägerin und nicht auf einer unabwendbaren Verpflichtung.
  • Keine ausschließliche medizinische Nutzung: Die Mitgliedschaft eröffnete auch die Nutzung weiterer Angebote (z. B. Sauna, Schwimmbad), weshalb eine steuerliche Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ausscheidet.

Dieses Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung: Kosten für Fitnessstudios sind nicht steuerlich absetzbar, selbst wenn sie medizinisch verordnetes Training ermöglichen.

 

Außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33, 33a und 33b EStG – Wann sind private Kosten steuerlich absetzbar?

Das deutsche Einkommensteuerrecht sieht grundsätzlich vor, dass private Lebensführungskosten nicht steuerlich geltend gemacht werden können. Eine wichtige Ausnahme hierzu bildet § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der unter bestimmten Voraussetzungen außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt. Doch wann genau gilt eine Ausgabe als außergewöhnliche Belastung, und welche Rolle spielen die §§ 33a und 33b EStG?


1. Rechtsgrundlage: § 33 EStG – Abzug außergewöhnlicher Belastungen

a) Grundprinzip der außergewöhnlichen Belastungen

Nach § 33 Abs. 1 EStG können Steuerpflichtige eine Minderung der Einkommensteuer beantragen, wenn ihnen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands entstehen.


Die Regelung dient dazu, existenznotwendige oder atypische Mehraufwendungen, die sich nicht pauschal durch allgemeine Steuerfreibeträge abdecken lassen, steuerlich zu berücksichtigen.

b) Zwangsläufigkeit der Aufwendungen (§ 33 Abs. 2 EStG)

Damit eine Ausgabe steuerlich anerkannt wird, muss sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Dies ist der Fall, wenn die Kosten aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen unvermeidbar sind.

Die Rechtsprechung (z. B. BFH, Urteil vom 26.10.2022 – VI R 25/20) hat klargestellt, dass eine Zwangsläufigkeit nur dann besteht, wenn die Kosten nicht durch persönliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen beeinflusst wurden.

Beispiele für außergewöhnliche Belastungen:
✔ Krankheitskosten (z. B. Operationen, Medikamente, Heilbehandlungen)
✔ Pflegekosten für nahestehende Angehörige
✔ Kosten für eine behindertengerechte Wohnung
✔ Beerdigungskosten, wenn sie nicht aus dem Nachlass gedeckt werden können

c) Keine Berücksichtigung allgemeiner Lebenshaltungskosten

Nicht als außergewöhnliche Belastungen gelten hingegen Kosten, die zur allgemeinen Lebensführung gehören, selbst wenn sie der Gesundheit dienen. Dazu zählen z. B.:
✖ Kosten für Fitnessstudios oder Sportvereine (BFH, Urteil vom 21.11.2024 – VI R 1/23)
✖ Wellness-Maßnahmen, Massagen oder alternative Heilmethoden ohne nachgewiesene medizinische Notwendigkeit
✖ Gesunde Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel


2. Besondere Regelungen in §§ 33a und 33b EStG

Neben den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen in § 33 EStG gibt es zwei Sonderregelungen:

a) § 33a EStG – Unterstützungsleistungen für bedürftige Angehörige

Nach § 33a EStG können Steuerpflichtige Unterhaltszahlungen an unterhaltsberechtigte Personen absetzen, sofern diese kein oder nur geringes eigenes Einkommen haben.

Beispiel:

  • Unterstützung bedürftiger Eltern oder Kinder, die sich in Ausbildung befinden
  • Höchstbetrag: 10.908 € im Jahr 2024, Kürzung um eigenes Einkommen des Empfängers

b) § 33b EStG – Pauschbeträge für bestimmte außergewöhnliche Belastungen

§ 33b EStG sieht Pauschbeträge für bestimmte Fälle vor, in denen außergewöhnliche Belastungen typischerweise entstehen.

Diese Regelung gilt unter anderem für:

  • Menschen mit Behinderung (je nach Grad der Behinderung gestaffelte Beträge)
  • Hinterbliebene von Kriegsopfern
  • Pflegepersonen

Der Vorteil: Anstelle des individuellen Nachweises kann eine pauschale Steuererleichterung geltend gemacht werden.


3. Bedeutung der aktuellen Rechtsprechung (BFH, VI R 25/20 & VI R 1/23)

Die Rechtsprechung hat die Abgrenzung zwischen außergewöhnlichen Belastungen und nicht abzugsfähigen Kosten weiter konkretisiert.

BFH, Urteil vom 26.10.2022 – VI R 25/20:

  • Die Steuererleichterung nach § 33 EStG ist nur für existenznotwendige oder atypische Aufwendungen gedacht.
  • Übliche Lebensführungskosten, auch wenn sie gesundheitlich sinnvoll sind, bleiben nicht abzugsfähig.

BFH, Urteil vom 21.11.2024 – VI R 1/23:

  • Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen, selbst wenn eine medizinische Verordnung vorliegt.
  • Die Mitgliedschaft wurde als freiwillige Entscheidung gewertet, da die Klägerin alternative Wege zur Teilnahme am Funktionstraining hatte.

 

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