Maßnahmen der Bundesregierung für Bürokratierückbau
Bürokratierückbau 2025 – Eine Analyse des Regierungsberichts
Mit dem Kabinettsbeschluss vom 5. November 2025 legt die Bundesregierung erstmals einen konsolidierten Bericht über ihre Maßnahmen zum Bürokratierückbau vor. Ziel ist eine Entlastung der Wirtschaft um 25 % – entspricht rund 16 Mrd. € – und eine Reduktion des Erfüllungsaufwands für Verwaltung und Bürger um 10 Mrd. €. Das Vorhaben ist Teil der Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung und wird als Hebel zur Stabilisierung des wirtschaftlichen Wachstums verstanden.
1. Juristischer Rahmen
Die Maßnahmen beruhen auf einfachgesetzlichen Änderungen quer durch das Bundesrecht: Bau-, Vergabe-, Steuer-, Umwelt-, Energie- und Sozialrecht. Die Zuständigkeit folgt Art. 74 GG (konkurrierende Gesetzgebung). Auffällig ist der Verzicht auf substanzielle Grundrechts- oder Arbeitnehmerschutz-Absenkungen – das Programm zielt rein auf Verfahrensvereinfachung.
Verwaltungsrechtlich kennzeichnend ist die Stärkung digitaler Verfahren (§ 10a BImSchG, § 246e BauGB, Online-Verfahren in der ZPO), die Reduktion formeller Nachweise (z. B. Aufhebung beglaubigter Abschriften in der BRAO) und die Vereinheitlichung bislang heterogener Landesregelungen (Pflegeassistenz-, Bau- und Berufsrecht).
Auf europäischer Ebene ist der Bericht durch das sog. Clean Industrial Deal State Aid Framework und die EU-Omnibus-Gesetzgebung flankiert: Deutschland verpflichtet sich, EU-Recht künftig „1:1“ umzusetzen, also ohne nationale Übererfüllung („Gold-Plating“).
2. Ökonomische Bewertung
Die Bundesregierung beziffert die bereits beschlossenen Entlastungen auf über 3 Mrd. € jährlich. Schwerpunkte:
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Wohnungsbaugesetz (§ 246e BauGB): größte Einzellentlastung (≈ 2,5 Mrd. €); schnellere Genehmigungen und Abweichungen von TA-Lärm.
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Vergabebeschleunigungsgesetz: geringerer Nachweisaufwand, Direktauftragsgrenzen bis 50 000 €.
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Banken- und Standortfördergesetz: Wegfall doppelter Meldepflichten, Entlastung kleiner Banken – Signalwirkung für KMU-Finanzierung.
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Digitalisierung und Pflegevereinfachung: Zeitersparnis für Bürger (über 0,5 Mio. Stunden) und Verwaltungsreduktion.
Ökonomisch bedeutsam ist der Entlastungseffekt auf Transaktionskosten: elektronische Beurkundung, digitale Vollstreckung, vereinfachte Immobilienvollzüge reduzieren Finanzierungskosten (Zinsvorteil ≈ 35 Mio. €/Jahr).
3. Künftige Strukturreformen (2026 ff.)
Der Bericht kündigt weitere Maßnahmen im Umfang mehrerer Milliarden Euro an, darunter:
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Gebäudetyp-E-Gesetz – Lockerung technischer Standards zur Kostensenkung im Wohnungsbau.
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24-Stunden-Unternehmensgründung durch digitale Schnittstellen.
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Infrastruktur-Zukunftsgesetz (InfZuG) zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.
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KI-gestützte Migrations- und Visumverfahren – automatisierte Echtheitsprüfung.
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„One-in-Two-out“-Regel auf EU-Ebene – für jede neue Belastung doppelte Entlastung.
Besonders relevant ist die angekündigte nationale Umsetzung des EU-Omnibus-Entlastungspakets zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD): eine Reduktion des Anwendungsbereichs um 80 % würde eine spürbare Entlastung mittelständischer Unternehmen bewirken.
4. Bewertung und Ausblick
Rechtlich markiert der Bericht einen Paradigmenwechsel: vom normativen Detaillierungsstaat hin zu einem funktionsorientierten Verwaltungsverständnis. Ökonomisch jedoch bleibt die tatsächliche Wirksamkeit abhängig von der Implementierungstiefe – viele Entlastungen bestehen nur auf dem Papier, solange Länder- und Kommunalrecht nicht harmonisiert sind.
Für Unternehmen entscheidend ist, ob digitale Verfahren pflichtig oder wahlweise eingeführt werden: Freiwilligkeit sichert Akzeptanz, Pflicht digitaler Abläufe kann neue Hürden schaffen.
In der Gesamtschau ist der Bürokratierückbau 2025 ein strukturell konsistentes, aber administrativ ambitioniertes Programm. Die Verzahnung mit EU-Initiativen (Omnibus- und OITO-Regeln) ist juristisch notwendig, um Doppelregulierungen zu vermeiden. Der ökonomische Erfolg wird sich daran messen lassen, ob die Zielgröße – 16 Mrd. € Entlastung – in der Realwirtschaft tatsächlich ankommt.

Eine Antwort
Die Vorschläge zum Bürokratieabbau sind allesamt enttäuschend. Was völlig fehlt, sind Vorschläge zum BImSchG und seinen VO.
So könnte man bspw. in der 12. BImSchV (Störfall-VO) mit einer Experimentierklausel versuchen, ob nicht Chemieläger (mit nur einem Aggrgatzustand) genehmigungsfrei errichtet werden könnten. Denn jedes professionelle Ing.-Büro muss wissen, wie man solche Läger baut. Die Aufsichtsbehörde müsste nur vor Betriebsbeginn die Anlage abnehmen, was zwar Nachforderungen zuließe, aber eine Betriebsverweigerung wg. Planung und Ausführung von Ing.-Büros ausschlösse.
VCI beklagt zwar immer die langen Genehmigungszeiten, der o.g. Vorschlag fand jedoch kein Interesse, weil VCI „doch lieber eine Genehmigungen haben will“. Freilich, weil dann die Verantwortung auf die Behörde zurückfällt.
Gleiches Schicksal erfuhr der Vorschlag, wie man die Genehmigung von Land-Windanlagen auf 20% einbdampfen könnte.
Vor allem aber eine Klarstellung des § 45.VII BnatASchG findet sich nicht, wonach Aussnahmen zulässig sind, wenn eine Art bedroht. Die NatSch-Behörden legen dies heute so aus, dass auch schon ein Einzelexemplar zu schützen ( geschreddertes Neunauge im PumpSpKW Geestacht),
Endlich scheint auch der Vorschlag, die Verbandsklage gänzlich abzuschaffen, vergessen worden zu sein. Der verbleibende Anrainerschutz müsste eigentlich im Industriestaat Deutschland – der er noch ist, aber viel dazu tut, diesen Status zu verlieren – reichen.
Nach alledem nimmt dieser Bürokratieabbau zu sehr auf grünes Herzblut Rücksicht, das indes am Industriestandort Deutschland längst die Axt angelegt hat.
Dr. Gustav W. Sauer, MDgt.i.R.