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Rauchverbot im Auto bei Anwesenheit von Kindern und Schwangeren – BNichtrSchG

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Rauchverbot im Auto bei Anwesenheit von Kindern und Schwangeren – BNichtrSchG

Rauchverbot

 


Bundesrat bringt Gesetzesänderung auf den Weg

1. Ausgangspunkt: Gesundheitsschutz im engen Raum des Fahrzeugs

Der Bundesrat hat am 26. September 2025 beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesnichtraucherschutzgesetzes (BNichtrSchG) in den Bundestag einzubringen (BR-Drucks. 481/25). Kern des Gesetzentwurfs ist ein Rauchverbot in geschlossenen Fahrzeugen, wenn Minderjährige oder Schwangere anwesend sind.

Hintergrund ist die anhaltend hohe Belastung von Kindern durch Passivrauchen: Nach Schätzungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sind in Deutschland rund eine Million Minderjährige regelmäßig Tabakrauch im Auto ausgesetzt. Freiwillige Appelle, auf das Rauchen in Fahrzeugen zu verzichten, seien nach Auffassung des Gesetzgebers gescheitert.

2. Inhalt der Gesetzesänderung

Die Änderung des BNichtrSchG ergänzt § 1 Abs. 1 um eine neue Nummer 4:

„Rauchen ist verboten in geschlossenen Fahrzeugen in Anwesenheit von Minderjährigen oder Schwangeren.“

Zur Klarstellung werden neue Begriffsbestimmungen (§ 2 Nr. 2a und 2b) eingeführt:

  • Fahrzeuge sind alle zur Personen- oder Güterbeförderung dienenden Fortbewegungsmittel, die am Straßenverkehr teilnehmen, ausgenommen Fahrzeuge i.S.d. § 24 StVO (also etwa Fahrräder, Skateboards oder Tretroller).

  • Geschlossene Fahrzeuge sind alle nicht offenen Fahrzeugtypen, einschließlich Cabrios, wenn das Dach nicht vollständig geöffnet ist – selbst bei geöffneten Fenstern oder Schiebedächern gilt der Innenraum als geschlossen.

Ein Verstoß gegen das Verbot wird als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von 500 bis 3 000 Euro geahndet (§ 5 Abs. 2 Satz 2 BNichtrSchG-neu).

3. Verfassungsrechtliche Einordnung

Der Bundesrat begründet die Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG (Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten).
Passivrauchen wird als gemeingefährlicher Gesundheitsfaktor eingestuft, der zu schweren Erkrankungen oder Tod führen kann, ohne infektiös zu sein.
Ergänzend kann die Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG (Straßenverkehr) hergeleitet werden, da die Regelung unmittelbar auf den Fahrzeuggebrauch im Straßenverkehr abzielt.

Eine weitergehende Erforderlichkeitsprüfung nach Art. 72 Abs. 2 GG sei nicht nötig, weil der Bund im Bereich des Gesundheitsschutzes bei gemeingefährlichen Krankheiten eigenständig tätig werden darf. Zudem sei eine bundeseinheitliche Regelung im Straßenverkehr erforderlich, um ein Auseinanderfallen der Länderkompetenzen zu verhindern.

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hatte bereits 2015 in einem Gutachten (WD 3-215/15) festgestellt, dass ein Rauchverbot im Auto in Anwesenheit von Kindern verfassungskonform wäre. Auch Sachverständige in Landtagen (u.a. NRW) haben dies bestätigt.

4. Gesetzeszweck: Schutz Minderjähriger und des ungeborenen Lebens

Der Gesetzgeber stützt sich auf umfangreiche medizinische Erkenntnisse:

  • Passivrauch enthält über 4 800 chemische Substanzen, davon mehr als 70 mit nachgewiesener oder vermuteter krebserzeugender Wirkung.

  • Die Konzentration giftiger Stoffe im Auto ist bis zu fünfmal höher als in einer verrauchten Gaststätte.

  • Kinder, die regelmäßig Passivrauch ausgesetzt sind, leiden nachweislich häufiger an Atemwegserkrankungen, Asthma, Lungenunterfunktion, Mittelohrentzündungen sowie einem erhöhten Risiko für plötzlichen Kindstod, Bluthochdruck, Aufmerksamkeitsstörungen und Diabetes II.

Zudem ist der Schutz des ungeborenen Kindes ein verfassungsrechtlich anerkanntes Schutzgut (Art. 2 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 1 GG). Das Rauchverbot stellt damit eine konsequente Ausprägung der staatlichen Schutzpflicht dar.

5. Europäische Vergleichsperspektive

Deutschland schließt mit diesem Gesetz zu mehreren europäischen Staaten auf, die vergleichbare Rauchverbote bereits eingeführt haben:
Österreich, Italien, Frankreich, Irland, Schottland, England und Wales sowie Griechenland und Zypern kennen entsprechende Regelungen – teils mit noch höheren Bußgeldern.

 

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