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Erbrecht

Streit um den letzten Willen: Handschriftliche Testamente ändern notarielle Alleinerbeneinsetzung nicht

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.08.2025 – 14 W 100/24

Sachverhalt:

Ein kinderlos verstorbener Erblasser hatte 1998 ein notarielles Testament errichtet, in dem er seine spätere Ehefrau als Alleinerbin einsetzte und seiner Schwester bestimmte Vermächtnisse zuwandte. Jahre später verfasste er mehrere handschriftliche Testamente (2014 und 2015), in denen er verschiedene Grundstücke neu unter seinen Geschwistern verteilte und seiner Frau ein Wohnrecht zusprach. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Ehefrau einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Die Schwester widersprach und beantragte einen Erbschein, wonach der Nachlass quotal zwischen Ehefrau, Schwester und Bruder aufzuteilen sei. Das Nachlassgericht folgte zunächst der Schwester und stellte eine Erbquote-Verteilung fest, wogegen die Ehefrau Beschwerde einlegte.


Entscheidung:

Das Obergericht hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und bestätigte die Ehefrau als Alleinerbin. Die handschriftlichen Testamente enthielten keinen ausdrücklichen oder konkludenten Widerruf des notariellen Testaments von 1998. Sie regelten im Wesentlichen nur die Verteilung einzelner Grundstücke und enthielten keine umfassende Neuordnung des gesamten Nachlasses. Zudem blieben wesentliche Vermögenswerte wie Wertpapierdepots und Grabpflegepflichten unangetastet, was gegen eine neue Gesamterbfolge sprach. Damit seien die Geschwister lediglich als Vermächtnisnehmer anzusehen, während die Alleinerbeneinsetzung der Ehefrau unverändert fortbesteht.

Arbeitsrecht

„Trauerrede als Scherz: Warum ein Video im Krankenhaus nicht zur fristlosen Kündigung führte“

LAG Schleswig-Holstein, 19.08.2025 – 1 Sa 104/25

Sachverhalt:
Ein Mitarbeiter eines Klinikdienstleisters hielt während seiner Pause eine erfundene Traueransprache für einen lebenden Kollegen, ließ dies filmen und stellte das Video sowie eine fingierte Todesanzeige in eine WhatsApp-Gruppe von Arbeitskollegen. Auch der vermeintlich betroffene Kollege war Teil der Gruppe, reagierte lachend und kommentierte den Vorfall scherzhaft. Die Arbeitgeberin wertete das Verhalten dennoch als massiven Verstoß gegen den Betriebsfrieden und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Zudem warf sie dem Mitarbeiter vor, für die Aufnahme ein Feuerwehrfahrzeug umgeparkt und dadurch die Einsatzfähigkeit gefährdet zu haben. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und verlangte seine Weiterbeschäftigung.

 

Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und erklärte alle Kündigungen für unwirksam. Zwar sei das Video objektiv geeignet gewesen, den Betriebsfrieden zu stören, es habe sich aber erkennbar um einen geschmacklosen Scherz gehandelt, der keine sofortige Beendigung rechtfertige. Der Arbeitgeber hätte den Mitarbeiter zunächst abmahnen müssen, da keine Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr vorlagen. Das behauptete Umparken des Feuerwehrwagens konnte nicht berücksichtigt werden, weil dieser eigenständige Vorwurf dem Betriebsrat nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden war. Insgesamt sei die Pflichtverletzung zu geringfügig, um eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen; der Kläger müsse daher weiterbeschäftigt werden.

Beamtenrecht

„Wenn Rechtsprechung kippt: Beamter verliert Anspruch auf Ausgleichszahlung“

OVG Saarlouis, Beschluss vom 1.08.2025 – 1 A 70/25

Sachverhalt:

Ein Verwaltungsbeamter erhielt nach seinem Wechsel von der Deutschen Rentenversicherung Bund zu einer Regionalträgerin ab 2008 eine Ausgleichszulage, um Besoldungsunterschiede zwischen Bund und Land auszugleichen. Grundlage war eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014, die eine dynamische Anpassung der Zulage bestätigte. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger im Jahr 2014 eine entsprechende Zahlung. Im Jahr 2019 änderte das Bundesverwaltungsgericht jedoch seine Rechtsprechung und stellte klar, dass die Zulage nur den Besitzstand im Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels wahre. Infolgedessen nahm die Beklagte den Bewilligungsbescheid für die Zukunft zurück und stellte die Zahlungen ein.

Entscheidung:

Das Gericht bestätigte die Rücknahme des Bewilligungsbescheids. Durch die Rechtsprechungsänderung sei klargestellt, dass die Ausgleichszulage von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Ein Vertrauensschutz des Klägers greife nur für die Vergangenheit, weshalb ihm die bereits gezahlten Beträge belassen wurden. Für die Zukunft müsse aber das öffentliche Interesse an rechtmäßigem Verwaltungshandeln Vorrang haben. Dass eine Kollegin ihre Zulage behalten durfte, sei allein der Rechtskraft ihres früheren Urteils geschuldet und begründe keine Gleichbehandlungspflicht gegenüber dem Kläger.

Kommunalrecht

„Spielgerätesteuer bestätigt: Mindestabgabe von 425 Euro pro Automat rechtmäßig“

VGH Mannheim, Urteil vom 05.08.2025 – 2 S 1856/24

Sachverhalt:
Eine Betreiberin von Geldspielgeräten in einer Gaststätte wehrte sich gegen die Vergnügungssteuersatzung der Stadt Breisach am Rhein. Diese sah für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit einen Steuersatz von 25 % der Bruttokasse sowie eine Mindestbesteuerung von 425 Euro pro Gerät und Monat vor. Die Betreiberin machte geltend, dass die Regelung existenzgefährdend sei und ihre Tätigkeit in Gaststätten strukturell unwirtschaftlich mache. Zudem kritisierte sie die fehlende Differenzierung zwischen Spielhallen und Gaststätten und berief sich auf eine Verletzung von Art. 3 und Art. 12 GG. Ihrer Ansicht nach führe die Mindeststeuer zu einer unzulässigen Erdrosselungswirkung und Ungleichbehandlung.

 

Entscheidung:
Der Verwaltungsgerichtshof wies den Normenkontrollantrag ab und bestätigte die Satzung. Maßgeblich sei die Betrachtung des durchschnittlichen Spielautomatenbetreibers im Gemeindegebiet, nicht die individuelle Situation einzelner Aufsteller. Da die Zahl der Spielgeräte insgesamt nur geringfügig gesunken sei, liege keine erdrosselnde Wirkung vor. Auch die Mindestbesteuerung sei mit Art. 3 GG vereinbar, da sie dem legitimen Ziel der Spielsuchtbekämpfung diene und nur in einem geringen Teil der Fälle greife. Eine Differenzierung zwischen Spielhallen und Gaststätten sei nicht zwingend geboten, da der gewählte Maßstab an das Einspielergebnis anknüpfe und damit ausreichend sachgerecht sei.

News diese Woche:

Schutz durch Asyl gilt laut Urteil nicht für alle Menschen aus Syrien

Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass syrische Staatsangehörige nicht mehr automatisch Anspruch auf Asyl in Deutschland haben. Begründet wurde dies damit, dass nach dem Sturz des Assad-Regimes Ende 2024 keine systematische politische Verfolgung mehr drohe. Auch von der Übergangsregierung in Damaskus oder der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien gehe keine Gefahr aus, so das Gericht. Wirtschaftliche Notlagen seien individuell zu prüfen; im konkreten Fall könne der Kläger bei seiner Familie leben und durch Rückkehrhilfen seinen Lebensunterhalt sichern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Kläger kann Berufung beantragen.

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