24111 Kiel, Rendsburger Landstraße 436
+49 431 12807082
kanzlei@grafkerssenbrock.com

Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Letzter Wille ohne Unterschrift: Warum das Dreizeugentestament einer schwerkranken Erblasserin unwirksam blieb

OLG München Beschluss vom 30.10.2025 – 33 Wx 174/25

Sachverhalt:

Eine verwitwete und kinderlose Frau errichtete am 13. März 2020 in ihrer Wohnung ein sogenanntes Dreizeugentestament, in dem sie ihren Bekannten als Alleinerben einsetzte. Kurz zuvor hatte sich ihr Gesundheitszustand deutlich verschlechtert, und sie lehnte trotz ärztlicher Warnungen eine Krankenhauseinweisung ab. Da kein Notar erreichbar war, wurde das Testament von drei Zeugen unterschrieben – jedoch nicht von der Erblasserin selbst. Das Nachlassgericht München verweigerte dem Beschwerdeführer die Erteilung eines Alleinerbscheins mit der Begründung, das Testament sei formunwirksam. Gegen diese Entscheidung legte der vermeintliche Erbe Beschwerde ein.


Entscheidung:

Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und erklärte das Testament für unwirksam. Nach § 2250 BGB ist die Unterschrift des Erblassers zwingende Voraussetzung für ein wirksames Dreizeugentestament, sofern der Erblasser noch unterschriftsfähig ist. Da die Erblasserin am selben Tag ein anderes Dokument eigenhändig unterzeichnet hatte, ging das Gericht davon aus, dass sie auch das Testament hätte unterschreiben können. Zudem sah das Gericht nicht als erwiesen an, dass eine notarielle Beurkundung zur fraglichen Zeit unmöglich gewesen wäre. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen, und der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Arbeitsrecht

Betriebsstilllegung statt Betriebsübergang – Betriebsratsvorsitzende verliert Kündigungsschutzklage im Insolvenzverfahren

ArbG Herford, Urteil vom 2.10.2025 – 3 Ca 418/25

Sachverhalt:
Die Klägerin war seit 2011 als Auftragssachbearbeiterin bei einem Küchenhersteller beschäftigt und zugleich Vorsitzende des Betriebsrats. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung schloss die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und sprach im Mai 2025 eine ordentliche Kündigung zum 31. August 2025 aus. Die Klägerin hielt die Kündigung für unwirksam, da der Betrieb angeblich von einer anderen Gesellschaft unter gleicher Leitung fortgeführt werde. Sie verwies auf eine neue Firmenadresse, Social-Media-Aktivitäten und den Abtransport von Material und Möbeln durch Mitarbeiter der neuen Gesellschaft. Die Arbeitgeberin berief sich dagegen auf eine endgültige Betriebsstilllegung infolge des Verlusts der Betriebsräume und einer wirtschaftlich aussichtslosen Lage.

 

Entscheidung:
Das Arbeitsgericht Herford wies die Klage ab, da die Kündigung sozial gerechtfertigt und rechtmäßig sei. Die Entscheidung zur Betriebsstilllegung sei eine unternehmerische Maßnahme, die zum Wegfall aller Arbeitsplätze geführt habe. Hinweise auf einen Betriebsübergang zur anderen Gesellschaft sah das Gericht nicht: weder seien wesentliche Betriebsmittel noch Personal übernommen worden. Auch das Massenentlassungsverfahren und die Anhörung des Betriebsrats seien ordnungsgemäß erfolgt. Da der Betrieb Ende Mai 2025 endgültig eingestellt wurde, war die Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden zum 31. August 2025 zulässig.

Beamtenrecht

Keine Hinweispflicht des Dienstherrn – Beamter bleibt auf Versorgungskürzung sitzen
OVG Saarlouis, Beschluss vom 24.10.2025 – 1 A 190/25

Sachverhalt:

Ein pensionierter Kriminalhauptkommissar begehrte die rückwirkende Aussetzung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge, die infolge zweier Versorgungsausgleiche aus früheren Ehen erfolgt war. Nachdem er im Februar 2021 den Antrag auf Aussetzung gestellt hatte, setzte der Dienstherr die Kürzung nur ab März 2021 teilweise aus. Der Beamte verlangte eine rückwirkende Aussetzung ab Oktober 2019 und argumentierte, er sei vom Dienstherrn nicht über diese Möglichkeit informiert worden. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, da der Antrag zu spät gestellt worden sei. Gegen diese Entscheidung beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung.

Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes lehnte den Antrag ab. Es betonte, dass Beamte Anträge auf Aussetzung der Versorgungskürzung nach § 35 VersAusglG selbst stellen müssen und dass fehlende Rechtskenntnis grundsätzlich zu ihren Lasten geht. Eine generelle Informationspflicht des Dienstherrn über alle relevanten Rechtsvorschriften bestehe nicht, auch nicht aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei einer ausdrücklichen Nachfrage oder einem erkennbaren Irrtum – könne eine Hinweispflicht entstehen, was hier nicht vorlag. Der Kläger habe keine konkreten Fragen gestellt, die einen solchen Hinweis ausgelöst hätten, weshalb er die verspätete Antragstellung selbst zu verantworten habe.

Kommunalrecht

Kreisumlage 2018: Heilungssatzung scheitert an fehlender Aktualität – OVG kippt Millionenbescheid gegen Kommune

OVG Magdeburg, Urteil 20.10.2025 – 4 L 21/25

Sachverhalt:
Eine Kommune wehrte sich gegen einen Bescheid ihres Landkreises, der sie auf Grundlage einer sogenannten Heilungssatzung rückwirkend zur Kreisumlage 2018 heranzog. Zuvor war der ursprüngliche Umlagebescheid vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden, woraufhin der Kreis im Dezember 2021 eine neue Heilungssatzung mit unverändertem Umlagesatz erließ. Im Februar 2024 folgte ein weiterer Bescheid über rund 5,6 Mio. €, gestützt auf eine vierte Änderungssatzung mit abgesenktem Umlagesatz von 37,17 %. Die Kommune rügte u. a. Verjährung, Verletzung des Rückwirkungsverbots und fehlerhafte Ermittlung des Finanzbedarfs. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, die Kommune legte Berufung ein.

 

Entscheidung:
Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hob den Bescheid auf, weil der Kreistag bei der Festlegung des Umlagesatzes gegen den Grundsatz des finanziellen Gleichrangs nach Art. 28 Abs. 2 GG verstoßen habe. Der Landkreis habe bei der Beschlussfassung keine aktuellen Finanzdaten berücksichtigt, obwohl ihm Überschüsse und Jahresabschlüsse für 2018 längst bekannt waren. Diese Pflicht zur Aktualisierung gelte besonders bei rückwirkenden Heilungssatzungen, da sie nicht auf bloße Prognosen gestützt werden dürften. Zwar verstoße die Heilungssatzung nicht gegen das Rückwirkungsverbot und die Forderung sei nicht verjährt, doch die unvollständige Datengrundlage mache den Umlagesatz unwirksam. Der Landkreis muss daher den Bescheid aufheben und darf die Kommune für 2018 nicht mehr zur Kreisumlage heranziehen.

News diese Woche:

Verfassungsgericht stärkt kirchliche Arbeitgeber

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber für bestimmte Stellen die Kirchenmitgliedschaft weiterhin verlangen dürfen, wenn diese Positionen ein erkennbar christliches Profil erfordern. Anlass war die Klage von Vera Egenberger, die sich als konfessionslose Bewerberin bei der evangelischen Diakonie für eine Referentenstelle zur UN-Antirassismuskonvention beworben und eine Diskriminierung geltend gemacht hatte. Während der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht ihr zuvor Recht gegeben hatten, stellte Karlsruhe nun fest, dass die Diakonie in diesem Fall Bewerber mit christlicher Perspektive bevorzugen durfte. Das Gericht betonte den hohen Stellenwert des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gegenüber dem allgemeinen Diskriminierungsschutz. Kirchen und Diakonie begrüßten das Urteil, während Arbeitsrechtsexperten kritisieren, dass Karlsruhe den europäischen Rahmen zugunsten der Kirchen zu weit ausgelegt habe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »