24111 Kiel, Rendsburger Landstraße 436
+49 431 12807082
kanzlei@grafkerssenbrock.com

BGH: Verurteilung wegen tödlichen Messerangriffs in SH rechtskräftig

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

BGH: Verurteilung wegen tödlichen Messerangriffs in SH rechtskräftig

Justicia ist blind- Unabhängigkeit

Beschluss vom 14. Januar 2025 – 5 StR 656/24

Sachverhalt:

Die Messerattacke von Brokstedt

Am 25. Januar 2023 werden die 17-jährige Ann-Marie Kyrath und ihr Freund Danny in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg ermordet. Der Täter, Ibrahim A., sticht mehrfach auf die beiden ein. Während Ann-Marie 26 Messerstiche erleidet, trifft Danny ein tödlicher Stich ins Herz. Weitere Fahrgäste werden schwer verletzt, bevor der Angreifer überwältigt wird. Doch die Tat hätte womöglich verhindert werden können.

Die lange Vorgeschichte eines straffälligen Täters

Ibrahim A., ein staatenloser Palästinenser, kam 2014 nach Deutschland. In den darauffolgenden Jahren wurde er mehrfach straffällig: Über 20 Ermittlungsverfahren, Drogenmissbrauch, Gewaltdelikte und ein versuchter Messerangriff in Hamburg blieben ohne konsequente rechtliche Folgen. Obwohl er eine Gefängnisstrafe verbüßte, gab es keine effektive psychologische Betreuung oder Überwachung.

Im Januar 2023 wurde Ibrahim A. aus der Untersuchungshaft entlassen – psychisch auffällig, drogensüchtig und ohne jede Anschlussbetreuung. Wenige Tage später kaufte er sich ein Küchenmesser und stieg in den Zug, in dem er Ann-Marie und Danny tötete.

Behördenversagen auf mehreren Ebenen

Mehrere Instanzen versäumten es, Maßnahmen gegen den Täter zu ergreifen:

  • Unzureichende Kommunikation zwischen Ausländerbehörden und Justiz führte dazu, dass keine Abschiebung geprüft wurde.
  • Keine psychiatrische Behandlung, obwohl der Täter Halluzinationen und Gewaltfantasien äußerte.
  • Mangelnde Vorbereitung auf die Haftentlassung – Ibrahim A. wurde ohne soziale oder medizinische Betreuung freigelassen.

Konsequenzen und offene Fragen

Nach der Tat gelobten Politiker Verbesserungen in der Migrationspolitik und im Strafvollzug. Doch viele kritisieren, dass bisher kaum spürbare Veränderungen umgesetzt wurden. Der Vater von Ann-Marie fordert, dass aus dem Fall Konsequenzen gezogen werden, um künftige Taten zu verhindern.

„Wenn auch nur ein einziges Leben durch bessere Prävention gerettet wird, dann sind Ann-Marie und Danny nicht umsonst gestorben.“

Messerattacke in Brokstedt: Bisher kaum Forderungen umgesetzt


Beschluss des BGH vom 14. Januar 2025 – 5 StR 656/24:

Aus der Pressemitteilung:

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Itzehoe verworfen. Dieses hat den Angeklagten am 15. Mai 2024 wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und entschieden, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte am 25. Januar 2023 mit einem Messer absichtlich zwei junge Mitreisende im Regionalexpress auf der Fahrt von Kiel nach Hamburg, während der Zug in den Bahnhof Brokstedt einfuhr. Anschließend versuchte er, vier weitere Reisende zu erstechen, und fügte ihnen dabei teils schwerste Verletzungen zu, die zu bleibenden körperlichen Schäden, erheblichen Entstellungen und schwerwiegenden psychischen Folgen führten. Eines seiner Opfer nahm sich infolge der Tat das Leben. Der wenige Tage vor der Tat aus einer knapp einjährigen Untersuchungshaft aus dem Hamburger Justizvollzug entlassene Angeklagte hatte zuvor in Kiel vergeblich versucht, von der Ausländerbehörde eine sog. Fiktionsbescheinigung zu erhalten. Motiv der Tat war, dass sich der Angeklagte seit Längerem wiederholt ungerecht behandelt fühlte und deswegen große Wut verspürte. Er wollte durch die Tötung mehrerer Menschen seine Wut abreagieren und an unbekannten, völlig willkürlich ausgesuchten Opfern Vergeltung üben. Zu diesem Zweck hatte er am Mittag in Kiel ein Küchenmesser mit 20 cm langer Klinge entwendet. Die Geschädigten waren bei den Messerangriffen ganz überwiegend arg- und wehrlos. Das Landgericht hat bei allen Taten ein Handeln aus niedrigen Beweggründen sowie mit einer Ausnahme ein heimtückisches Vorgehen angenommen und den Angeklagten deshalb jeweils wegen Mordes bzw. Mordversuchs verurteilt. Aufgrund der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ist eine Aussetzung der lebenslangen Gesamtstrafe zur Bewährung nach 15 Jahren ausgeschlossen.


Was wurde zur Verhinderung derartiger Taten in SH unternommen – ein Vergleich mit NRW:

Im September 2024 haben die Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Daniel Günther und Hendrik Wüst, einen politischen Pakt geschlossen, der sich auf die Themen Migration und Sicherheit konzentriert. Dieser Pakt umfasst mehrere Maßnahmen, darunter:

  • Unterstützung der Polizei durch Künstliche Intelligenz: Einsatz moderner Technologien zur Verbrechensprävention und -aufklärung.

  • Nutzung von Gesichtserkennungssoftware: Ermöglichung effizienterer Fahndungen und Identifizierungen.

  • Erweiterte Kompetenzen für den Verfassungsschutz: Stärkung der Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse zur Bekämpfung extremistischer Bedrohungen.

  • Bekämpfung von Islamismus in Schulen: Einführung präventiver Maßnahmen und Bildungsprogramme zur Verhinderung von Radikalisierung.

  • Effizienteres Rückkehrmanagement abgelehnter Asylbewerber: Beschleunigung von Abschiebungen und Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden.

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die öffentliche Sicherheit zu stärken und das Vertrauen der Bürger in die Schutzfunktion des Staates zu festigen. bild.de

Was wurde konkret umgesetzt:

Schleswig-Holstein:

  • Stärkung des Verfassungsschutzes: Das Land hat zusätzliches Personal für den Verfassungsschutz bereitgestellt, um Bewerberinnen und Bewerber vor ihrer Einstellung im öffentlichen Dienst besser überprüfen zu können. Ziel ist es, extremistische Einflüsse frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.

  • Beschleunigte Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten: Es wurden Maßnahmen ergriffen, um geflüchtete Menschen schneller und einfacher in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu zählen die Ausweitung von Kompetenzscreenings in Erstaufnahmeeinrichtungen, die Beschleunigung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und die Förderung von Ausbildungsplatzvermittlungen. schleswig-holstein.de

Nordrhein-Westfalen:

  • Erweiterte Polizeibefugnisse: Die Landesregierung hat ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, das unter anderem erweiterte Befugnisse für die Polizei zur Terrorismusbekämpfung vorsieht. Dies beinhaltet den Einsatz moderner Technologien und die Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Behörden. land.nrw

  • Verschärfte Abschieberegelungen: Es wurden strengere Regelungen für die Abschiebung von Straftätern eingeführt, insbesondere für Personen aus Syrien und Afghanistan. Ziel ist es, die Rückführung abgelehnter Asylbewerber effizienter zu gestalten und die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern zu verbessern. land.nrw

Gemeinsame Initiativen:

Beide Bundesländer haben gemeinsam mit Baden-Württemberg zwei Bundesratsinitiativen eingebracht, die auf bundesweite Verbesserungen in der Migrationspolitik und der Terrorismusbekämpfung abzielen. Diese Initiativen umfassen unter anderem:

  • Verbesserte Dublin-Überstellungen: Optimierung der Verfahren zur Rückführung von Asylbewerbern in zuständige EU-Länder.

  • Beschleunigte Asylverfahren: Schnellere Bearbeitung von Asylanträgen aus Herkunftsstaaten mit niedriger Anerkennungsquote.

  • Verlust des Schutzstatus bei Rückkehr ins Heimatland: Aberkennung des Schutzstatus für Personen, die trotz Asylgewährung in ihr Herkunftsland reisen.

Gedenken in Brokstedt

Aus der Pressemitteilung des Ministerpräsidenten von SH:

Lehren aus der Vergangenheit ziehen

Der schmerzhafte Lernprozess nach der Tat sei auch nach einem Jahr nicht abgeschlossen, betonte der Regierungschef: „Es ist unsere Pflicht, aus diesem schrecklichen Ereignis zu lernen.“ Die Landesregierung habe unmittelbar nach dem Verbrechen gemeinsam mit Hamburg Konsequenzen gezogen und verschiedene Vorhaben auf den Weg gebracht. „Wir wollen die Menschen möglichst gut vor einer solchen Tat schützen und unsere Gesellschaft sicherer machen.“ Die Messerattacke am 25. Januar 2023 habe das Land nachhaltig erschüttert. „Unsere Gedanken gelten den Verstorbenen, ihren Familien, die um sie trauern und den Menschen, die nach einem Jahr noch immer unter den schrecklichen Ereignissen leiden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »