EU-Kommissionspräsidenten
Wie werden sie gewählt oder bestimmt?
Das Wahlverfahren für den EU-Kommissionspräsidenten folgt einem mehrstufigen Prozess, der die Beteiligung mehrerer europäischer Institutionen erfordert. Hier ist eine detaillierte Übersicht des Wahlverfahrens:
1. Europawahlen
- Europawahlen: Alle fünf Jahre wählen die Bürger der EU-Mitgliedstaaten das Europäische Parlament. Diese Wahlen bestimmen die Zusammensetzung des Parlaments, das eine zentrale Rolle bei der Wahl des Kommissionspräsidenten spielt.
2. Vorschlag durch den Europäischen Rat
- Europäischer Rat: Der Europäische Rat, der sich aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt, schlägt einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission vor. Dabei muss der Europäische Rat die Ergebnisse der Europawahlen berücksichtigen.
- Spitzenkandidaten-Prinzip: In der Praxis orientiert sich der Europäische Rat oft an den sogenannten Spitzenkandidaten (Spitzenkandidaten-Prinzip), die von den europäischen politischen Parteien vor den Europawahlen nominiert wurden. Der Spitzenkandidat der Partei, die die meisten Sitze im Europäischen Parlament gewinnt, hat üblicherweise eine gute Chance, vom Europäischen Rat vorgeschlagen zu werden.
3. Zustimmung des Europäischen Parlaments
- Parlamentarische Zustimmung: Der vom Europäischen Rat vorgeschlagene Kandidat muss vom Europäischen Parlament gewählt werden. Dazu ist eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments erforderlich (mehr als die Hälfte der derzeitigen 705 Abgeordneten).
- Debatte und Abstimmung: Vor der Abstimmung findet im Parlament eine Debatte statt, in der der Kandidat seine politischen Prioritäten und sein Programm vorstellt. Die Abgeordneten haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ihre Unterstützung oder Bedenken zu äußern. Anschließend wird über die Kandidatur abgestimmt.
4. Ernennung durch den Europäischen Rat
- Formelle Ernennung: Wenn der Kandidat die Zustimmung des Europäischen Parlaments erhält, wird er vom Europäischen Rat formell ernannt. Dies geschieht normalerweise durch eine qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat.
5. Ernennung der Kommissionsmitglieder
- Kommissare: Der designierte Kommissionspräsident schlägt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die übrigen Mitglieder der Europäischen Kommission (Kommissare) vor. Jeder Mitgliedstaat nominiert in der Regel einen Kandidaten.
- Zustimmung des Parlaments: Die gesamte Kommission, einschließlich des Präsidenten und der Kommissare, muss sich einer Anhörung im Europäischen Parlament stellen und anschließend vom Parlament bestätigt werden.
6. Amtseinführung
- Amtseinführung: Nach der Bestätigung durch das Europäische Parlament und der formellen Ernennung durch den Europäischen Rat tritt der neue Kommissionspräsident sein Amt an, zusammen mit dem gesamten Kollegium der Kommissare.
Liste der Präsidenten der Europäischen Kommission seit ihrer Gründung:
Präsidenten der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) (1952-1967)
- Jean Monnet (1952-1955) – Frankreich
- René Mayer (1955-1958) – Frankreich
- Paul Finet (1958-1959) – Belgien
- Piero Malvestiti (1959-1963) – Italien
- Rinaldo Del Bo (1963-1967) – Italien
Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) (1958-1967)
- Walter Hallstein (1958-1967) – Deutschland
Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1967-1993)
- Jean Rey (1967-1970) – Belgien
- Franco Maria Malfatti (1970-1972) – Italien
- Sicco Mansholt (1972-1973) – Niederlande
- François-Xavier Ortoli (1973-1977) – Frankreich
- Roy Jenkins (1977-1981) – Vereinigtes Königreich
- Gaston Thorn (1981-1985) – Luxemburg
- Jacques Delors (1985-1995) – Frankreich
Präsidenten der Europäischen Kommission (1993-heute)
- Jacques Delors (1985-1995) – Frankreich (bleibt bis 1995 im Amt nach dem Vertrag von Maastricht, der die EG in die EU umwandelt)
- Jacques Santer (1995-1999) – Luxemburg
- Manuel Marín (Interim, 1999) – Spanien
- Romano Prodi (1999-2004) – Italien
- José Manuel Barroso (2004-2014) – Portugal
- Jean-Claude Juncker (2014-2019) – Luxemburg
- Ursula von der Leyen (2019-heute) – Deutschland