Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik
Themenübersicht
Erbrecht
Grabnutzungsrecht unterliegt nicht der Gesamtrechtsnachfolge
VG Stuttgart, Urteil vom 15.03.2024 – 6 K 3116/22
Sachverhalt:
Der Kläger und die Witwe seines Bruders, die Beigeladene, stritten um das Nutzungsrecht an einer Grabstätte auf einem städtischen Friedhof. Nach dem Tod der Mutter des Klägers 2002 war das Grabnutzungsrecht auf seinen Bruder übergegangen, der 2017 verstarb. Die Beigeladene, die Witwe des Bruders, übernahm daraufhin die Grabpflege und wurde von der Friedhofsverwaltung als Nutzungsberechtigte anerkannt. Der Kläger beanspruchte jedoch dieses Recht für sich und erhob Klage, da er der Ansicht war, als ältester Sohn seiner Mutter das Nutzungsrecht geerbt zu haben. Die Klage zielte darauf ab, seine Nutzungsberechtigung für das Grab feststellen zu lassen.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage des Klägers ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Anerkennung der Beigeladenen als Nutzungsberechtigte. Nach der Friedhofsordnung war das Grabnutzungsrecht nach dem Tod der Mutter zunächst auf den Kläger übergegangen, aber aufgrund der Nichtausübung auf seinen Bruder übergegangen. Da der Kläger das Nutzungsrecht nicht ausübte und sein Bruder und später dessen Witwe die Grabpflege übernahmen, war die Friedhofsverwaltung berechtigt, die Beigeladene als Nutzungsberechtigte anzuerkennen. Die Kammer stellte fest, dass die Nichtausübung des Nutzungsrechts durch den Kläger ab 2010 eindeutig erkennbar war. Daher ging das Nutzungsrecht nach dem Tod des Bruders auf die Beigeladene über, die es seither wahrnimmt.
Arbeitsrecht
Bewerbung einer Arbeitnehmerin auf ausgeschriebene Stelle als Verlangen auf Verlängerung
LAG Niedersachsen 27.03.2024, 2 Sa 265/23
Sachverhalt:
Eine langjährig teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin bewarb sich auf eine vom Arbeitgeber ausgeschriebene Vollzeitstelle. Trotz ihrer Eignung und formgerechten Bewerbung wurde die Stelle an eine andere Person vergeben. Die Klägerin machte daraufhin Schadensersatzansprüche geltend, da ihr Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 9 TzBfG nicht berücksichtigt wurde. Das Arbeitsgericht Hannover gab der Klage statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz. Der Arbeitgeber legte Berufung ein, die jedoch vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen zurückgewiesen wurde.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte, dass die Bewerbung der Klägerin auf die ausgeschriebene Stelle auch als formgerechtes Verlangen nach Arbeitszeitverlängerung gemäß § 9 TzBfG zu werten sei. Der Arbeitgeber habe seine Pflicht zur bevorzugten Berücksichtigung der Klägerin verletzt, da keine dringenden betrieblichen Gründe oder entgegenstehende Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter vorlagen. Das Gericht sah die Klägerin als mindestens gleich geeignet für die ausgeschriebene Stelle an und betonte, dass der Arbeitgeber die Stelle ohne hinreichende Begründung anderweitig besetzt habe. Der Arbeitgeber wurde daher zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, um die Klägerin so zu stellen, als hätte sie die ausgeschriebene Stelle erhalten. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Beamtenrecht
Regelstundensatz von Lehrkräften
OVG Lüneburg, Urteil vom 12.03.2024 – 5 LB 68/22
Sachverhalt:
Ein Lehrer an einer Integrierten Gesamtschule (IGS) mit gymnasialer Lehrbefähigung klagte gegen die unterschiedliche Regelstundenzahl für Lehrkräfte an IGS und Gymnasien. Der Kläger, der überwiegend im Sekundarbereich II (gymnasiale Oberstufe) unterrichtet, beantragte, seine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung von 24,5 auf 23,5 Stunden zu reduzieren, um der Regelstundenzahl für Gymnasiallehrer zu entsprechen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück gab seiner Klage statt, doch die Berufung des Landes Niedersachsen führte zur Abweisung der Klage. Der Kläger argumentierte, dass die höhere Stundenverpflichtung an der IGS gegenüber Gymnasien ungerechtfertigt sei, da beide Schulformen ähnliche Anforderungen hätten. Das OVG Lüneburg entschied jedoch, dass die Regelstundenzahl den unterschiedlichen schulformspezifischen Strukturen Rechnung trägt.
Entscheidung:
Das OVG Lüneburg stellte fest, dass die unterschiedliche Regelstundenzahl für Lehrkräfte an IGS und Gymnasien gerechtfertigt ist und keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) darstellt. Es betonte, dass die Regelung die unterschiedlichen pädagogischen und organisatorischen Anforderungen der Schulformen berücksichtigt. Der Verordnungsgeber habe legitimerweise die spezifischen Anforderungen der IGS, wie die integrative Unterrichtsgestaltung und die Förderung der individuellen Lernbedürfnisse der Schüler, bei der Festsetzung der Stundenzahl berücksichtigt. Die Unterrichtsbelastung und die außerunterrichtlichen Tätigkeiten an IGS unterscheiden sich von denen an Gymnasien, weshalb eine differenzierte Regelung notwendig sei. Die Abweisung der Klage des Lehrers erfolgte, da keine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gewahrt bleibt.
Schulrecht
Aufnahmekapazität an Grundschule
OVG Berlin, 3.4.2024, OVG 3 S 57/23
Sachverhalt:
In einem Eilverfahren wollten Eltern ihren Sohn an einer anderen Grundschule anmelden, als die für ihren Wohnort zuständige Schule. Die zuständige Y-Grundschule hatte jedoch ihre Aufnahmekapazität bereits ausgeschöpft, und die zuständige Schulbehörde lehnte den Antrag ab. Die Eltern führten soziale Gründe an, darunter den sexuellen Missbrauch der Halbschwester durch den ehemaligen Lebensgefährten der Mutter, um einen Wechsel zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht Cottbus lehnte den Antrag ab, und die Eltern legten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein. Dieses Gericht bestätigte die Entscheidung der unteren Instanz und wies die Beschwerde zurück.
Entscheidung:
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg begründete seine Entscheidung damit, dass die Aufnahmekapazität der Y-Grundschule bereits vollständig ausgeschöpft sei. Eine Überschreitung der Kapazität wurde abgelehnt, da die Schulverwaltung die Anzahl der aufzunehmenden Schüler basierend auf vorhandenen Ressourcen festgelegt hatte. Die vorgebrachten sozialen Gründe der Eltern wurden als nicht hinreichend überzeugend angesehen, um eine Ausnahme zu rechtfertigen. Insbesondere fehlte es an einer substantiierten Darstellung der Betreuungssituation, die den Wechsel des Kindes an die andere Schule unbedingt erforderlich machte. Das Gericht betonte, dass Eltern keinen rechtlichen Anspruch auf eine Kapazitätserweiterung oder eine Überschreitung der festgelegten Schülerzahlen haben.
News der Woche
BGH zur klimaneutralen Werbung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Unternehmen, die mit dem Begriff “klimaneutral” werben, in der Werbung selbst erklären müssen, was genau dahintersteckt. Im konkreten Fall ging es um eine Werbung des Lakritz- und Fruchtgummiherstellers Katjes, der 2021 behauptete, alle Produkte klimaneutral zu produzieren, indem er Emissionen durch Klimaschutzprojekte kompensierte. Das Gericht entschied, dass diese Werbung irreführend sei, da die Produktion selbst nicht klimaneutral ablief und die Kompensation nicht gleichwertig zur Reduktion von Treibhausgasen sei. Hinweise außerhalb der Werbung, wie QR-Codes oder Webseiten, reichen nicht aus, um den Begriff “klimaneutral” ausreichend zu erklären. Diese Entscheidung ist relevant, weil sie sicherstellt, dass Verbraucher bei umweltbezogenen Werbeaussagen nicht getäuscht werden und klare Informationen erhalten.