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Fake-News – der Fall Arne Schönbohn und das ZDF

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Fake-News – der Fall Arne Schönbohn und das ZDF

Fake-News

LG München entscheidet zur Sendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann

Im Oktober 2022 strahlte Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ einen Beitrag aus, der Arne Schönbohm, den damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), ins Zentrum der Kritik rückte. Böhmermann stellte eine Verbindung zwischen Schönbohm und dem Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“ her, dem er vorwarf, Kontakte zu russischen Geheimdiensten zu unterhalten. Schönbohm war Mitbegründer dieses Vereins, jedoch bereits 2016 aus dem Vorstand ausgeschieden.

Als Reaktion auf die Vorwürfe und die daraus resultierende öffentliche Diskussion entschied Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Schönbohm mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, dass die Entscheidung vor dem Hintergrund der in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe getroffen wurde.

Später stellte sich heraus, dass die gegen Schönbohm erhobenen Vorwürfe unbegründet waren. Eine Untersuchung des Bundesinnenministeriums ergab, dass keine disziplinarischen Maßnahmen gegen ihn erforderlich seien. Dennoch wurde Schönbohm nicht in seine ursprüngliche Position beim BSI zurückversetzt, sondern auf einen anderen Posten innerhalb der Bundesverwaltung versetzt.

Infolge dieser Ereignisse reichte Schönbohm Klage gegen das ZDF und Jan Böhmermann ein, in der er eine Unterlassung der Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptungen sowie eine Geldentschädigung in Höhe von 100.000 Euro forderte. Das Landgericht München I gab Schönbohm in weiten Teilen recht und untersagte dem ZDF die weitere Verbreitung der beanstandeten Äußerungen. Den Anspruch auf Geldentschädigung wies das Gericht jedoch ab.

 

Die Pressemitteilung Nr. 13 des Landgerichts München I vom 19.12.2024 bezieht sich auf die Entscheidung der 26. Zivilkammer, die der ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gegen das ZDF eingereicht hatte (Az.: 26 O 12612/23). Im Fokus standen Äußerungen aus einer Folge der Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 07.10.2022 sowie nachfolgende Veröffentlichungen auf der Website des ZDF. Die Kammer untersagte die Verbreitung und Behauptung von vier der insgesamt fünf streitgegenständlichen Äußerungen. Ein Anspruch auf Geldentschädigung wurde jedoch abgelehnt.

Kern des Sachverhalts

Der Kläger argumentierte, die Äußerungen des ZDF, die insbesondere bewusste Kontakte des Klägers zu russischen Nachrichtendiensten suggerierten, seien unwahre Tatsachenbehauptungen. Diese hätten zu einer schwerwiegenden Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geführt, ihn öffentlich herabgewürdigt und seien maßgeblich für seinen Verlust der Position als Präsident des BSI verantwortlich gewesen. Neben der Unterlassung der Äußerungen verlangte er eine Geldentschädigung von mindestens 100.000 Euro.

Das ZDF wies die Vorwürfe zurück und verteidigte die Berichterstattung als satirisch zugespitzte Kritik. Nach Auffassung des Senders seien keine bewussten Kontakte unterstellt worden; vielmehr habe man durch die Darstellung Unklarheiten und Lücken im Verhalten und den Äußerungen des Klägers offengelegt. Die Stilmittel der Satire, so das ZDF, seien im Rahmen der Meinungsfreiheit zulässig.

Entscheidung des Gerichts

1. Unterlassungsanspruch

Die Kammer sah den Kläger in vier der fünf angegriffenen Äußerungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Besonders schwer wiegen zwei Äußerungen, die laut Gericht von einem durchschnittlichen Rezipienten so verstanden werden könnten, dass der Kläger bewusste Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten unterhalte. Solche unwahren Tatsachenbehauptungen überschreiten die Grenzen zulässiger Meinungsäußerungen und verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Das Gericht stellte klar, dass der Bedeutungsgehalt solcher Aussagen nicht nur vom Wortlaut, sondern auch von den Begleitumständen der Veröffentlichung abhänge.

Auch satirische Beiträge unterliegen der Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Diese Freiheit findet ihre Grenze, wenn Satire unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, die die Rechte Betroffener verletzen. In Bezug auf die fünfte Äußerung urteilte die Kammer jedoch, dass es sich um eine zulässige satirische Meinungsäußerung handle.

2. Geldentschädigung

Ein Anspruch auf Geldentschädigung wurde dem Kläger verwehrt. Zwar könne eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung grundsätzlich einen solchen Anspruch rechtfertigen, allerdings nur als „ultima ratio“, wenn andere Möglichkeiten des Rechtsschutzes ausgeschöpft seien. Das Gericht begründete die Ablehnung damit, dass der Kläger frühere Möglichkeiten wie eine zeitnahe Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs oder eine öffentliche Richtigstellung nicht genutzt habe. Zudem könnten die Äußerungen auch anders interpretiert werden, als es der Kläger vorgetragen habe.

Zusammenfassung der rechtlichen Würdigung

Die Entscheidung hebt die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei unwahren Tatsachenbehauptungen hervor, selbst im Kontext satirischer Berichterstattung. Gleichzeitig unterstreicht sie, dass eine Geldentschädigung nur in Ausnahmefällen und als letztes Mittel in Betracht kommt. Die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht erfordert eine differenzierte Betrachtung der konkreten Aussage und ihres Kontexts.

Die Entscheidung des Landgerichts München I betont die Grenzen satirischer Freiheiten und den Schutz vor unwahren Tatsachenbehauptungen, wahrt jedoch auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Ansprüchen gegen Medien.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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