Klage der DUH: OVG verurteilt die Bundesregierung zur Änderung des Nationalen Luftreinhalteprogramms – 29/24
Aus der Pressemitteilung vom 23.07.2024
Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. mit Urteil vom heutigen Tage die Bundesregierung zur Änderung des Nationalen Luftreinhalteprogramms verurteilt.
Das Nationale Luftreinhalteprogramm (NLRP) enthält die Maßnahmen, mit denen die Verpflichtungen zur Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, insbesondere Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid, nach der sog. NEC-Richtlinie umgesetzt werden sollen. Die Bundesregierung hatte im Jahr 2019 ein NLRP beschlossen, das mit Kabinettsbeschluss vom 15. Mai 2024 aktualisiert wurde. Die DUH hält dieses Programm für ungenügend.
Das Gericht hat der Deutschen Umwelthilfe teilweise Recht gegeben. Der Senat geht davon aus, dass die dem Luftreinhalteprogramm zu Grunde liegende Prognose fehlerhaft ist, weil teilweise nicht die aktuellsten Daten eingestellt und Veränderungen in der Planung der Maßnahmen nicht berücksichtigt wurden. Unter anderem wurde der Klimaschutz-Projektionsbericht 2021 berücksichtigt, aber nicht mehr der im August 2023 erschienene Klimaschutz-Projektionsbericht 2023. Weiterhin beanstandet der Senat, dass bei der Maßnahme „65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen“ nicht die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in der im September 2023 beschlossenen Fassung berücksichtigt wurde. Diese erlaubt etwa den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer stärkeren Luftverschmutzung mit Feinstaub führen. Im Zusammenhang damit stehende Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude blieben gleichfalls unberücksichtigt. Ebenfalls nicht prognosefehlerfrei ist die Maßnahme „Beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung idealerweise bis 2030“. Diese geht bei der Berechnung des Minderungspotenzials noch davon aus, dass bis zum 31. Dezember 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Im Rahmen des Maßnahmepakets Verkehr sieht der Senat einen Prognosefehler im Hinblick auf die Berücksichtigung der Euro-7-Abgasnorm. Diese legt entgegen der hier noch berücksichtigten Planung weniger strenge Grenzwerte für PKW fest. Zudem wurde die dem Maßnahmepaket zur Förderung der Elektromobilität zu Grunde gelegte staatliche Förderung für den Kauf von Elektro-PKW zwischenzeitlich gestoppt.
Ausgehend von diesen Prognosefehlern ist die Bundesregierung zu einer entsprechenden Änderung des Luftreinhalteprogramms verpflichtet. Dabei hat sie darauf zu achten, dass die Maßnahmen geeignet sind, die in der NEC-Richtlinie festgelegten Reduktionspflichten der Bundesrepublik Deutschland einzuhalten. Hingegen ist die Beklagte nicht verpflichtet, von 2025 bis 2029 einen sog. „linearen Reduktionspfad“ mit stetig steigenden Reduktionspflichten zu beschließen, der bis auf die ab 2030 geltenden Reduktionsverpflichtungen ansteigt. Aus diesem Grunde ist der Klage nur mit dem Hilfsantrag stattgegeben worden.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.
Urteil vom 23. Juli 2024 – OVG 11 A 16.20 –
Wer oder was ist die Deutsche Umwelthilfe (DUH)?
Gründung und Zweck
- Gegründet: 1975
- Sitz: Radolfzell am Bodensee, Deutschland
- Zweck: Die DUH setzt sich für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Förderung eines nachhaltigen Lebensstils ein. Sie engagiert sich in Bereichen wie Klimaschutz, Luftreinhaltung, Ressourcenschonung, Verbraucherschutz und nachhaltige Mobilität.
Tätigkeitsfelder
- Politische Arbeit: Die DUH nimmt Einfluss auf umweltpolitische Entscheidungen, indem sie Lobbyarbeit betreibt, Stellungnahmen abgibt und Kampagnen organisiert.
- Rechtsdurchsetzung: Die Organisation nutzt juristische Mittel, um Umweltgesetze durchzusetzen und Verstöße zu ahnden.
- Öffentlichkeitsarbeit: Die DUH informiert die Öffentlichkeit über Umweltthemen durch Kampagnen, Publikationen und Bildungsarbeit.
- Projekte und Programme: Durchführung von Projekten und Programmen in den Bereichen Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft, Verkehr und Naturschutz.
Finanzierung der DUH
Von der Bundesregierung
Die DUH erhält etwa 14% ihrer Mittel aus öffentlichen und staatlichen Quellen. Diese Finanzierung umfasst Projektmittel von verschiedenen Bundesministerien, der Europäischen Union sowie von Landesregierungen und privaten Unternehmen. Diese Mittel werden für spezifische Projekte und Kampagnen verwendet, die im Einklang mit den Zielen der DUH stehen.
Internationale Förderer
Neben den nationalen Mitteln erhält die DUH auch Gelder aus internationalen Quellen. Dies schließt Zuschüsse von internationalen Stiftungen und Organisationen ein, die Projekte zur Förderung der Energieeffizienz, des Klimaschutzes und der nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Die genauen Beträge und Anteile aus diesen internationalen Quellen sind weniger transparent und variieren je nach Projekt und Jahr.
Weitere Finanzierungsquellen
- Mitgliedsbeiträge und Spenden: Ein wesentlicher Teil der Finanzierung kommt von privaten Mitgliedern und Spendern.
- Bußgelder und Vergleichszahlungen: Gelder aus Umweltrechtsverfahren, in denen die DUH als klagebefugt anerkannt ist und gegen Umweltsünder vorgeht.
- Unternehmenskooperationen: Partnerschaften mit Unternehmen, die nachhaltige Projekte fördern, unterliegen strengen Kriterien zur Wahrung der Unabhängigkeit der DUH.
Die Kombination aus staatlicher Unterstützung, internationalen Fördermitteln, privaten Spenden und Bußgeldern ermöglicht es der DUH, eine breite Palette von Umweltprojekten und Kampagnen durchzuführen und ihre Ziele effektiv zu verfolgen.
Jürgen Resch – Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
Hintergrund und Karriere:
- Geboren: 1960 in Plochingen
- Studium: Verwaltungswissenschaften in Konstanz (1983-1986)
- Zivildienst: BUND am Bodensee
- Berufliche Stationen: Freier Mitarbeiter einer Frankfurter Werbeagentur und Tätigkeit für die EU-Generaldirektion Umwelt in Brüssel
- Position bei der DUH: Seit 1988 ist Jürgen Resch Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Jürgen Resch ist seit mehr als drei Jahrzehnten Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Unter seiner Leitung hat sich die Organisation zu einer der bekanntesten und einflussreichsten Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen in Deutschland entwickelt. Resch ist besonders für seine konsequente Haltung in Umweltfragen und seine juristischen Auseinandersetzungen bekannt, insbesondere im Bereich der Luftreinhaltung und gegen den Diesel-Abgasskandal.
Finanzierung und Toyota
Es gibt Berichte, dass die Deutsche Umwelthilfe in der Vergangenheit Gelder von Toyota erhalten hat. Diese Finanzierung führte zu Kontroversen, da Toyota ein Automobilhersteller ist, und Kritiker die Unabhängigkeit der DUH in Frage stellten. Die DUH und Resch haben jedoch betont, dass die Mittel zweckgebunden für bestimmte Umweltprojekte genutzt wurden und die Organisation ihre Unabhängigkeit bewahrt habe.
Nutzung von Luxusflügen
Es gibt Vorwürfe, dass Jürgen Resch Luxusflüge nutzt. Diese Behauptungen wurden in verschiedenen Medien aufgegriffen und haben zu weiterer Kritik geführt. Resch und die DUH haben darauf reagiert, indem sie betonten, dass alle Reisen notwendig und im Einklang mit den Zielen der Organisation seien.