24111 Kiel, Rendsburger Landstraße 436
+49 431 12807082
kanzlei@grafkerssenbrock.com

Landesbeamtengesetz – einstweiliger Ruhestand

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

Landesbeamtengesetz – einstweiliger Ruhestand

Bundesverfassungsgericht

Die in § 37 Abs. 1 Nr. 5 Landesbeamtengesetz NRW geregelte Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung eines Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand ist nichtig – so das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 9.Mai 2024

Zur Pressemitteilung

Zusammenfassung des Beschlusses vom 09. April 2024 (2 BvL 2/22)

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass § 37 Abs. 1 Nr. 5 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) in den Fassungen von 2009 und 2016 mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und nichtig ist. Diese Vorschrift ermöglichte es, Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen als politische Beamte einzustufen und sie ungeachtet ihres Status als Beamte auf Lebenszeit jederzeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.

Hintergrund des Falls

Der Kläger war Polizeipräsident von Köln und wurde nach den Ereignissen der „Kölner Silvesternacht“ 2015/2016 im Januar 2016 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Gegen diese Versetzung erhob er Klage, woraufhin das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen das Verfahren aussetzte und dem Bundesverfassungsgericht die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 37 Abs. 1 Nr. 5 LBG NRW vorlegte.

Begründung des Beschlusses

  1. Lebenszeitprinzip und Eingriff

    • Das Lebenszeitprinzip ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der die Unabhängigkeit der Beamten gewährleisten soll.
    • Der Eingriff durch die Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ist nicht gerechtfertigt, da das Amt des Polizeipräsidenten keine besonderen Sachgesetzlichkeiten aufweist, die eine solche Maßnahme erfordern würden.
  2. Keine politischen Beamten

    • Polizeipräsidenten benötigen nicht das besondere politische Vertrauen der Landesregierung und müssen nicht in Übereinstimmung mit den politischen Zielen der Regierung stehen.
    • Die Aufgaben eines Polizeipräsidenten umfassen vor allem die Gefahrenabwehr, die Verfolgung von Straftaten und die Überwachung des Straßenverkehrs, welche nach pflichtgemäßem Ermessen und nicht politischer Einflussnahme erfolgen müssen.
  3. Organisatorische und kommunikative Stellung

    • Polizeipräsidenten sind in der Hierarchie keine politischen Schlüsselfiguren, da wichtige Entscheidungen durch die Landesoberbehörden und das Innenministerium getroffen werden.
    • Die Stellung der Landräte, die ebenfalls Kreispolizeibehörden leiten, aber nicht als politische Beamte gelten, unterstützt diese Einschätzung.
  4. Gleichstellung und Effektivität

    • Die Struktur der Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen mit 47 Behörden, von denen 29 von Landräten und 18 von Polizeipräsidenten geleitet werden, lässt keine besondere politische Vertrauensstellung für Polizeipräsidenten erkennen.

Rechtsfolge

§ 37 Abs. 1 Nr. 5 LBG NRW ist in den Fassungen von 2009 und 2016 nichtig. Dies gilt auch für die aktuelle Fassung der Vorschrift, da die Gründe für die Verfassungswidrigkeit unverändert vorliegen.

Wesentliche Erwägungen des Senats

  • Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums: Diese umfassen das Lebenszeitprinzip, welches durch die Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand verletzt wird.
  • Politische Beamte: Diese stellen eine eng begrenzte Ausnahme dar und erfordern eine besondere politische Vertrauensstellung, die bei Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen nicht vorliegt.
  • Aufgabenspektrum und Entscheidungsspielraum: Die Aufgaben eines Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen rechtfertigen keine politische Vertrauensstellung, da sie überwiegend operativer Natur sind und keine politischen Entscheidungen umfassen.
  • Kommunikations- und Organisationsstruktur: Die bestehenden Kommunikationswege und die organisatorische Stellung der Polizeipräsidenten sprechen gegen eine Einstufung als politische Beamte.
  • Vergleich mit Landräten: Landräte haben ähnliche Aufgaben, sind jedoch nicht als politische Beamte eingestuft, was die Ungerechtfertigkeit der Regelung für Polizeipräsidenten unterstreicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »