PESCO – Europas Verteidigungsinitiative und ihre Bedeutung für die NATO

Entstehung von PESCO
Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) wurde im Dezember 2017 von 25 EU-Mitgliedstaaten ins Leben gerufen. Grundlage für PESCO ist der Vertrag von Lissabon (Artikel 42 und 46 des Vertrags über die Europäische Union, EUV), der es interessierten Mitgliedstaaten erlaubt, ihre militärische Zusammenarbeit in der EU zu vertiefen. Ziel war es, die Verteidigungsfähigkeiten der EU zu stärken, um unabhängiger von der NATO zu werden und die Reaktionsfähigkeit auf sicherheitspolitische Herausforderungen zu verbessern.
Funktion und Ziele von PESCO
PESCO ist ein Rahmen für europäische Verteidigungskooperation, in dem sich teilnehmende Staaten zur Umsetzung gemeinsamer Projekte verpflichten. Die Ziele sind:
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Effizienzsteigerung in der Verteidigungspolitik durch koordinierte Investitionen und strategische Ausrichtungen,
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Stärkung der militärischen Einsatzfähigkeit innerhalb der EU und gegenüber internationalen Partnern,
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Verringerung der Abhängigkeit von nicht-europäischen Rüstungslieferanten durch eine verstärkte Kooperation in der europäischen Rüstungsindustrie,
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Erhöhung der Interoperabilität zwischen den Streitkräften der Mitgliedstaaten.
PESCO-Projekte decken ein breites Spektrum an militärischen Bereichen ab, darunter Cyberabwehr, Logistik, Drohnentechnologie, medizinische Versorgung und Kriseneinsätze.
Beteiligte Staaten
Ursprünglich traten 25 von 27 EU-Mitgliedstaaten PESCO bei, nur Malta und Dänemark entschieden sich gegen eine Teilnahme. Die Initiative umfasst sowohl große Staaten wie Deutschland und Frankreich als auch kleinere Länder wie Estland und Portugal. Die unterschiedliche wirtschaftliche und militärische Leistungsfähigkeit der Teilnehmerstaaten führte zu einer variierenden Beteiligung an den Projekten.
Zusammenarbeit mit der NATO und Rolle in der NATO
Obwohl PESCO eine Initiative der EU ist, besteht eine enge Verbindung zur NATO. Viele PESCO-Staaten sind auch NATO-Mitglieder, was eine Koordination der Verteidigungsmaßnahmen erfordert. Diese Verbindung äußert sich durch:
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Komplementarität und Synergieeffekte: PESCO soll NATO-Kapazitäten nicht ersetzen, sondern ergänzen. Beispielsweise unterstützt PESCO die militärische Mobilität in Europa, was auch die NATO profitiert.
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Austausch zwischen EU und NATO: Im NATO-Hauptquartier in Brüssel existieren Verbindungsstellen zur EU, darunter PESCO-Projekte, die mit NATO-Planungen abgestimmt werden.
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Verhinderung von Doppelstrukturen: Um unnötige Kosten und Ineffizienzen zu vermeiden, wird PESCO in enger Abstimmung mit der NATO entwickelt.
Zukunftsperspektiven von PESCO in einer veränderten Sicherheitslage
Die geopolitische Lage hat sich seit 2022 drastisch verändert, insbesondere durch den russischen Angriff auf die Ukraine. Dies hat zu einer Neubewertung europäischer Verteidigungspolitik geführt. Die künftige Rolle von PESCO könnte sich in folgenden Bereichen verstärken:
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Erhöhte Verteidigungsbudgets: Viele EU-Staaten haben ihre Verteidigungsausgaben signifikant erhöht. PESCO könnte zur Bündelung dieser Mittel genutzt werden, um eine effizientere Rüstungsbeschaffung sicherzustellen.
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Erweiterung auf neue Partner: Drittstaaten wie die USA, Kanada oder Großbritannien haben Interesse an einer Beteiligung an PESCO-Projekten gezeigt, was zu einer strategischen Öffnung führen könnte.
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Stärkere Rolle bei der Abschreckung: Durch eine engere Verzahnung mit der NATO könnte PESCO eine aktivere Rolle bei der Abschreckung gegen Bedrohungen wie Russland oder Cyberangriffe einnehmen.
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Resilienz gegen hybride Bedrohungen: Neben konventionellen Bedrohungen könnten PESCO-Initiativen verstärkt auf Cyberkriegsführung, Desinformationskampagnen und wirtschaftliche Abhängigkeiten reagieren.