Solarpflicht ohne Aussetzung der Grunderwerbssteuer

Es ist die Woche der gefühlten Widersprüche:
Umsätze der Baubranche im Norden:
Größere Betriebe im Bauhauptgewerbe Schleswig-Holsteins mussten im ersten Quartal 2024 Auftrags- und Umsatzeinbußen hinnehmen. Insgesamt wurden rund 606 Millionen Euro umgesetzt, ein Rückgang um 13,7 % im Vergleich zum Vorjahresquartal
Forderung des Wirtschaftsministers in SH:
Der Wirtschaftsminister fordert eine Solarpflicht für Neubauten. Eigentümer von gewerblichen Neubauten mit einer Dachfläche von mehr als 75 Quadratmetern müssen bereits seit 2023 Solaranlagen zur Stromerzeugung installieren und betreiben. Ab 2025 sollen auch neu errichtete Wohngebäude und grundlegende Dachsanierungen dieser Pflicht unterliegen
Die Forderung des Wirtschaftsminister führt zwingend zu einer Verteuerung von Neubauten. So wünschenswert der Effekt ist, er fördert den weiteren Rückgang der Baubranche in SH.
Diskussion über die Aussetzung der Grunderwerbsteuer zur Finanzierung der Solaranlagenpflicht
In der Diskussion um die Finanzierung der Solaranlagenpflicht auf Neubauten wird immer wieder die Aussetzung der Grunderwerbsteuer ins Spiel gebracht. Diese Steuer, die beim Erwerb von Grundstücken und Immobilien anfällt, stellt einen erheblichen Kostenfaktor dar und beeinflusst sowohl die Baukosten als auch die Anzahl der Immobilientransaktionen negativ.
Hintergrund der Diskussion
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Steigende Baukosten und Wohnungsnot:
- In Deutschland herrscht eine akute Wohnungsnot. Statt der benötigten 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr wurden 2023 lediglich 250.000 fertiggestellt. Für 2024 wird ein weiterer Rückgang auf 177.000 Wohneinheiten prognostiziert.
- Die hohen Baukosten, die durch die Grunderwerbsteuer und andere Nebenkosten weiter steigen, tragen zu dieser Misere bei. Die CEOs führender Bauunternehmen fordern daher die Aussetzung der Grunderwerbsteuer, um die Baukosten zu senken und den Wohnungsbau anzukurbeln.
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Wohlfahrtsverluste und Marktverzerrungen:
- Die Grunderwerbsteuer erhöht die Transaktionskosten und führt zu einer geringeren Anzahl von Immobilientransaktionen. Dies führt zu einem sogenannten Lock-In-Effekt, bei dem Eigentümer ihre Immobilien nicht wechseln, selbst wenn diese nicht mehr ihren Bedürfnissen entsprechen, da der Wechsel zu teuer ist. Dies trägt zu einer Fehlallokation auf dem Immobilienmarkt bei (Wirtschaftsdienst).
- Studien zeigen, dass niedrigere Grunderwerbsteuern positive Effekte auf den Wohnungsneubau haben könnten, wie zum Beispiel in Bayern und Sachsen, wo die Investitionen in den Wohnungsbau deutlich höher waren als in anderen Bundesländern (Wirtschaftsdienst).
Aktuelle Vorschläge und Reformen
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Diskussionsentwurf zur Grunderwerbsteuerreform:
- Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat einen Diskussionsentwurf zur Reform der Grunderwerbsteuer vorgelegt, der unter anderem vorsieht, die steuerliche Belastung bei Share Deals zu erhöhen, um so Steuerschlupflöcher zu schließen. Diese Reform könnte die finanziellen Mittel bereitstellen, die durch eine eventuelle Aussetzung der Grunderwerbsteuer für Neubauten entstehen würden (EY US) (Deubner Steuern).
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Forderungen aus der Bauwirtschaft:
- Vertreter der Bauwirtschaft argumentieren, dass die Aussetzung der Grunderwerbsteuer ein schnell wirksamer Beitrag zur Senkung der Baukosten wäre und somit den Neubau von Wohnungen fördern könnte. Dies sei besonders wichtig, um die drastischen Rückgänge im Wohnungsneubau zu bekämpfen und den Bedarf an neuen Wohneinheiten zu decken.
Die Diskussion um die Aussetzung der Grunderwerbsteuer zur Finanzierung der Solaranlagenpflicht auf Neubauten ist eng mit den allgemeinen Herausforderungen im Wohnungsbau in Deutschland verknüpft. Durch die Senkung oder Aussetzung dieser Steuer könnten die Baukosten reduziert und somit der Wohnungsbau gefördert werden. Gleichzeitig müsste die finanzielle Lücke durch andere Steuermaßnahmen, wie die Schließung von Steuerschlupflöchern bei Share Deals, geschlossen werden, um die Einnahmeverluste für die Länder auszugleichen. Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, sowohl die Energiewende durch die Förderung von Solaranlagen als auch die Bekämpfung der Wohnungsnot zu unterstützen.