Speicherproblematik in der Energiewende

Eine kritische Analyse von Gustav W. Sauer, TU Graz, Technische Physik, Dipl.-Ing.
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1985-1988 Referatsleiter Kernenergiepolitik, Hessische Staatskanzlei
10/1988 – 5/2012 Abteilungsleiter in Ministerien Schleswig-Holstein, Ministerialdirigent Soziales: Reaktorsicherheit (bis 9/1994),
Umwelt: Immissionsschutz/Gentechnik (bis 3/2003)
Wirtschaft: Technologie, Forschung und Energie (bis 5/2012) Vertreter des LAI in Störfallkommission (1995-2003) und Beirat COORETEC (2008/09)
6/2012 Ruhestand
7/2012 ff. KNOWLEDGE RELOADED CONSULTING – KRC
Zusammenfassung:
Die Energiewende wird als großes politisches und gesellschaftliches Projekt gefeiert, das Deutschland in eine klimaneutrale Zukunft führen soll. Die Realität sieht jedoch komplexer aus. Eine der größten Herausforderungen dabei ist die Speicherung von Energie, insbesondere im Hinblick auf die unregelmäßige Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wie Wind und Sonne. Dieser Beitrag beleuchtet die zentrale Rolle der Stromspeicherung, ihre finanziellen und politischen Herausforderungen sowie mögliche alternative Ansätze.
Die unterschätzte Bedeutung der Energiespeicherung
Laut aktuellen Szenarien soll die Kapazität von Wind- und Solarenergie bis 2035 auf 535 GW anwachsen, was etwa das Zehnfache der heutigen Spitzenlast entspricht. Dabei wird oft ignoriert, dass mit dieser massiven Steigerung auch ein enormes Speicherproblem entsteht. Während Agora-Energiewende in ihren Prognosen lediglich einen Speicherbedarf von 17 TWh für 2035 ansetzt, zeigen aktualisierte Berechnungen, dass bis Ende 2037 ein Defizit von -147 TWh entstehen könnte.
Kostenexplosion durch unzureichende Planung
Die Notwendigkeit zusätzlicher Speicher ist offensichtlich, doch die Kosten werden oft verschwiegen. So würden allein vier zusätzliche Speicher mit je 17 TWh bereits 27,2 Billionen Euro kosten – eine Summe, die für den deutschen Steuerzahler kaum tragbar wäre. Zudem bleibt ungeklärt, wer für den Bau dieser Speicherinfrastruktur aufkommen soll und wie sie wirtschaftlich betrieben werden kann.
Politische Verantwortung und Versagen
Parteipositionen zur Energiespeicherung
- Bündnis 90/Die Grünen setzen auf eine dezentrale Speicherung durch Kfz-Batterien und private Solarspeicher, unterschätzen jedoch deren begrenzte Kapazität und Nutzerakzeptanz.
- SPD hat sich von einer wirtschaftsnahen Energiepolitik verabschiedet und konzentriert sich primär auf staatliche Subventionen.
- FDP verlässt sich auf marktwirtschaftliche Lösungen, ohne eine konkrete Strategie zur Speicherproblematik zu präsentieren.
- CDU/CSU sprechen von Technologieoffenheit, setzen aber gleichzeitig auf Kernenergie, obwohl deren kurzfristige Wiederinbetriebnahme unrealistisch ist.
- AfD lehnt die Energiewende kategorisch ab, ohne realistische Alternativen zu bieten.
Fehlende Sachverhaltsorientierung in der Politik
Eine sachlich fundierte Entscheidung über die Speicherproblematik müsste auf einer umfassenden Analyse der verfügbaren Optionen beruhen. Stattdessen wird in vielen politischen Kreisen nach ideologischen Linien argumentiert, ohne die wirtschaftlichen und technischen Realitäten zu berücksichtigen.
Mögliche Lösungen und technologische Alternativen
Erneuerbare Energien mit Backup-Lösungen
Eine Kombination aus erneuerbaren Energien und flexibel einsetzbaren Gaskraftwerken könnte eine stabile Energieversorgung gewährleisten. Dabei könnte Wasserstoff als Speichertechnologie eine Rolle spielen, doch dessen Kosten und technische Herausforderungen sind derzeit noch nicht gelöst.
Nutzung von Methan und alternativen Speicherformen
Ein weiteres Konzept wäre die Speicherung von Energie durch synthetisches Methan (CH4) oder Ethylen (C2H4), die sich wesentlich effizienter speichern und transportieren lassen als Wasserstoff. Zudem könnten bestehende Gasspeicher für diese Technologien genutzt werden.
Ausbau smarter Netze und internationale Kooperation
Neben lokalen Speicherlösungen sollten auch europäische Netzausbau-Strategien verfolgt werden, um Überschüsse aus erneuerbaren Energien international zu verteilen. Deutschland sollte hierbei verstärkt auf Kooperation mit Nachbarländern setzen, anstatt eine rein nationale Speicherstrategie zu verfolgen.
Ohne Speicher keine Energiewende
Die Energiewende wird in ihrer aktuellen Form nicht umsetzbar sein, solange das Speicherproblem nicht gelöst ist. Die derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Konzepte unterschätzen den Bedarf massiv, verschweigen die damit verbundenen Kosten und bieten keine realistischen Alternativen. Ein Umdenken in der politischen Entscheidungsfindung ist dringend erforderlich, um eine stabile und finanzierbare Energieversorgung in Deutschland zu sichern.
Letztlich bleibt die Frage, ob die Politik bereit ist, sich von ideologischen Dogmen zu lösen und auf eine sachliche, technologieoffene Energiepolitik umzustellen. Ohne eine Lösung der Speicherproblematik bleibt die Energiewende eine teure Illusion.