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Erbrecht

Testament ohne Erben: OLG Braunschweig stuft Zuwendung nur als Vermächtnis ein

OLG Braunschweig, Urteil 03.11.2025 -10 U 81/25

Sachverhalt:

Der verstorbene Rechtsanwalt Dr. R. hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem er mehreren Personen – darunter seiner Lebensgefährtin – einzelne Vermögensgegenstände zuwandte. Seine beiden Töchter, die Klägerinnen, organisierten die Bestattung und forderten von der Lebensgefährtin als vermeintlicher Alleinerbin die Erstattung der Beerdigungskosten. Das Landgericht hatte die Beklagte als Erbin angesehen, weil ihr der wertvollste Nachlassgegenstand, eine Gewerbeimmobilie, zugewandt wurde. Die Beklagte wehrte sich gegen ihre Einordnung als Erbin und berief sich darauf, nur ein Vermächtnis erhalten zu haben. Nach Zahlung der Bestattungskosten stritten die Parteien nur noch über Zinsen und Anwaltskosten sowie die grundsätzliche Erbenstellung.


Entscheidung:

Das OLG Braunschweig entschied, dass das Testament keine Erbeinsetzung, sondern ausschließlich Vermächtnisse enthalte. Maßgeblich sei, dass der Erblasser als Volljurist bewusst nur einzelne Gegenstände zuteilte, aber keine Person mit der Nachlassverwaltung oder der Tilgung der erheblichen Schulden betrauen wollte. Auch die Zuwendung eines werthaltigen Vermögensgegenstandes an die Lebensgefährtin führe nicht automatisch zu einer Erbeinsetzung. Der mit derselben Person zuvor geschlossene Erbvertrag bestätige, dass sie wirtschaftlich begünstigt, aber nicht in die Stellung einer Erbin eingesetzt werden sollte. Mangels Erbenstellung schuldet die Beklagte keine Bestattungskosten, sodass die Klage vollständig abzuweisen war.

Arbeitsrecht

Bundesligaprofi gewinnt Kündigungsschutzklage: „From the river to the sea“-Affäre rechtfertigt keine fristlose Kündigung

LArG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.11.2025 – 3 SLa 254/24

Sachverhalt:
Ein Bundesligaverein kündigte einem Spieler fristlos, nachdem dieser unmittelbar nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober 2023 mehrere pro-palästinensische Beiträge in sozialen Medien veröffentlicht hatte, darunter den Satz „From the river to the sea“. Der Verein sah darin eine massive Rufschädigung, zumal er sich historisch zu einem besonderen Wertekanon und Verantwortung gegenüber Israel bekennt. Nach Gesprächen, einer Freistellung und einer Abmahnankündigung eskalierte der Konflikt, als der Spieler am 1. November 2023 erneut einen Post veröffentlichte, in dem er seine Haltung bekräftigte und sich nicht weiter distanzieren wollte. Daraufhin erklärte der Verein die außerordentliche Kündigung, verweigerte weitere Zahlungen und verlangte sogar die Rückzahlung von Sondervergütungen. Der Spieler klagte auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sowie auf Gehaltsfortzahlung für mehrere Monate.

 

Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass die Social-Media-Äußerungen – trotz ihrer politischen Brisanz – keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte. Selbst der als besonders problematisch eingestufte Post vom 1. November 2023 begründe ohne vorherige wirksame Abmahnung keine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Spieler habe sich im Rahmen der Gespräche mehrfach kooperativ gezeigt, Posts gelöscht und Missverständnisse erklärt, sodass eine Abmahnung nicht entbehrlich gewesen sei. Auch die vom Verein verlangte öffentliche Distanzierung überschritt nach Ansicht des Gerichts die arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten des Spielers. Folglich besteht das Arbeitsverhältnis fort; der Verein schuldet dem Spieler sämtliche ausstehende Gehälter sowie die Sonderzahlung, während seine Widerklage vollständig abgewiesen wurde.

Beamtenrecht

Grundschulung trotz Haushaltsstillstand: VG Bremen stärkt Rechte des Personalrats

VG Bremen , Beschluss vom 10.11.2025 -Az: 12 V 3689/25

Sachverhalt:

Der Antragsteller, ein Personalratsmitglied, wollte an einer dreitägigen Grundschulung „Grundlagen der Personalratsarbeit Teil II“ in Bremerhaven teilnehmen. Die Dienststelle verweigerte die Freistellung und Kostenübernahme mit dem Hinweis, dass für das Jahr 2025 noch kein Haushalt beschlossen sei. Der Personalrat beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht Bremen. Ziel war es, die Teilnahme an der Schulung sowie die Finanzierung vorläufig sicherzustellen. Da das Seminar bereits Mitte November 2025 stattfinden sollte, drängte die Zeit.

Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht bejahte einen Verfügungsanspruch, weil Personalratsmitglieder gemäß BremPersVG Anspruch auf Teilnahme an erforderlichen Grundschulungen haben und dies nicht von einem verabschiedeten Haushalt abhängig gemacht werden kann. Die Schulung wurde als Grundschulung qualifiziert, die für eine sachgerechte Personalratsarbeit unverzichtbar und innerhalb gesetzlicher Fristen zu absolvieren ist. Eine Verschiebung ins nächste Jahr sei unzumutbar, weil damit die vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten zeitlichen Grenzen überschritten würden. Auch ein Verfügungsgrund lag vor, da die Schulung unmittelbar bevorstand und eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht rechtzeitig ergehen konnte. Ohne einstweilige Verfügung würde der gesetzliche Schulungsanspruch faktisch vereitelt.

Kommunalrecht

OVG stoppt Beschwerde: Bürgerbegehren scheitert an unzulässiger Antragsänderung

OVG SH, Beschluss vom 05.11.2025 – 3 MB 19/25

Sachverhalt:
Die Antragstellerinnen wollten im Eilverfahren die vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens gegen mehrere Aufstellungsbeschlüsse zur Bauleitplanung erreichen. Das Verwaltungsgericht lehnte dies ab, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle und das Bürgerbegehren wegen Fristversäumnisses voraussichtlich unzulässig sei. Nach diesem erstinstanzlichen Beschluss stellte die Kommunalaufsicht mit Bescheid vom 15. September 2025 die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Daraufhin änderten die Antragstellerinnen im Beschwerdeverfahren ihr Begehren und wollten nun die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen diesen neuen Bescheid erreichen. Der Antragsgegner und das Gericht sahen darin jedoch eine Änderung des Streitgegenstands, die im Beschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen ist.

 

Entscheidung:
Das OVG verwarf die Beschwerde als unzulässig, weil im Beschwerdeverfahren keine neuen Anträge eingeführt werden dürfen, die erstmals einen anderen Verwaltungsakt betreffen. Eine Antragsänderung nach § 91 VwGO sei weder sachdienlich noch vom Antragsgegner gebilligt, da sich der Streitstoff vollständig geändert habe. Auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes rechtfertige keine Ausnahme, da den Antragstellerinnen kein irreversibler Rechtsverlust drohe und sie ein neues Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht anstrengen könnten. Zudem genüge die Beschwerdebegründung selbst bei hypothetischer Zulässigkeit nicht den Darlegungspflichten des § 146 Abs. 4 VwGO, da sie sich nicht hinreichend mit den tragenden Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses auseinandersetze. Eine Zurückverweisung sei gesetzlich nicht vorgesehen und daher ausgeschlossen.

News diese Woche:

BverfG: Berlin muss Beamtenbesoldung neu regeln

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Beamtenbesoldung in Berlin in den Jahren 2008 bis 2020 in rund 95 Prozent der Fälle verfassungswidrig zu niedrig war. Anlass waren sieben Vorlageverfahren zu Klagen von Berliner Beamten, bei denen das Gericht die gesamte Grundbesoldung des Landes überprüfte. Die Richter betonen, dass Beamte einen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation haben, die Mindeststandards einhalten und regelmäßig an wirtschaftliche Entwicklungen angepasst werden muss. Berlin muss die Besoldung daher neu regeln und hat dafür eine Frist bis Ende März 2027; zudem sind Nachzahlungen an Beamte zu leisten, die sich rechtzeitig gegen ihre Besoldung gewehrt haben. Auf den Landeshaushalt kommen hohe Kosten zu, und auch in mehreren anderen Bundesländern laufen noch ähnlich gelagerte Verfahren.

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