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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Europäisches Nachlasszeugnis scheitert an Einwänden – OLG bestätigt hohe Hürden bei Streit über Testierfähigkeit

OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 3.12.2025 – 21 W 96/23

Sachverhalt:

Ein deutscher Erblasser verstarb kinderlos; seine Ehefrau war bereits vorverstorben, deren Töchter (Beteiligte zu 1 und 2) spielten nun eine Rolle im Nachlassverfahren. Die Eheleute hatten zunächst 1996 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, das gegenseitige Alleinerbeneinsetzung und die Kinder der Ehefrau als Schlusserben vorsah; dieses war ausdrücklich abänderbar. Der Erblasser setzte 2001 in einem neuen notariellen Testament die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin ein. Nach seinem Tod beantragte die Beteiligte zu 1 ein Europäisches Nachlasszeugnis, während die Beteiligte zu 2 Einwände erhob und die Testierfähigkeit des Erblassers bestritt. Das Nachlassgericht lehnte das Nachlasszeugnis ab; die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem Oberlandesgericht erfolglos.


Entscheidung:

Das Gericht stellte klar, dass bereits der im Verfahren erhobene Einwand – hier die behauptete Testierunfähigkeit – die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses hindert, selbst wenn dieser Einwand noch nicht abschließend geklärt ist. Hintergrund ist die Rechtsprechung des EuGH, wonach das Nachlasszeugnis nur erteilt werden darf, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt feststeht und keine begründeten Streitfragen offen sind. Ein zuvor erteilter Erbschein genügt hierfür nicht, da er keine materiell rechtskräftige Klärung bewirkt. Zudem könne das Beschwerdegericht den Einwand nicht „nebenbei“ prüfen, wenn hierfür weitere aufwändige Ermittlungen erforderlich wären. Daher müsse der Rechtsstreit gegebenenfalls im streitigen Verfahren vor den Prozessgerichten geklärt werden; bis dahin bleibt die Zeugniserteilung versagt.

Arbeitsrecht

BGH kassiert OLG-Urteil – Krankenhaus muss sich neu mit Vergütungsanspruch für „schein-selbstständigen“ Chefarztmodell befassen

BGH, Urteil vom 4.12.2025 – III ZR 14/25

Sachverhalt:
Ein Krankenhaus schloss mit einer maltesischen Gesellschaft einen Dienstleistungsvertrag, nach dem ein Kardiologe (zugleich Geschäftsführer der Klägerin) als externer Dienstleister dauerhaft Leistungen im Krankenhaus erbringen sollte. Nachdem die Deutsche Rentenversicherung diese Tätigkeit als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einstufte, kündigte das Krankenhaus den Vertrag außerordentlich. Die Klägerin hielt den Vertrag für wirksam, bot die weitere Leistungserbringung an und verlangte Vergütung für die Zeit nach der Kündigung. Während das Landgericht der Klage überwiegend stattgab, wies das Oberlandesgericht sie mit der Begründung ab, kein Annahmeverzug des Krankenhauses habe vorgelegen. Dagegen wandte sich die Klägerin erfolgreich mit der Revision zum Bundesgerichtshof.

 

Entscheidung:
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf, weil dessen Annahme, ein Annahmeverzug habe nicht vorgelegen, rechtlich nicht tragfähig begründet sei. Insbesondere habe das Berufungsgericht den Dienstvertrag unzureichend ausgelegt und wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt gelassen, etwa die Frage, wem die wirtschaftlichen Folgen einer Sozialversicherungspflicht nach dem mutmaßlichen Parteiwillen zuzuordnen sind. Zudem habe es fehlerhaft angenommen, die Klägerin habe die Leistung nicht zu den vereinbarten Konditionen anbieten können, obwohl gesetzliche Sozialabgaben nicht vertraglicher, sondern zwingender gesetzlicher Natur sind. Auch ein treuwidriges Leistungsangebot der Klägerin verneinte der BGH mangels tragfähiger Gefährdungslage. Die Sache wurde zur erneuten Tatsachen- und Interessenabwägung an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.

Beamtenrecht

Vertrauensverlust in der Führung – OVG bestätigt Widerruf der Gemeindewehrführung trotz fortbestehendem Ehrenbeamtenstatus

BGH, Urteil vom 4.12.2025 – III ZR 14/25

 

Sachverhalt:

Die Gemeinde widerrief die Bestellung der Gemeindewehrführerin einer Freiwilligen Feuerwehr und entließ sie zugleich aus dem Ehrenbeamtenverhältnis, jeweils mit sofortiger Vollziehung. Hintergrund war ein massiver Vertrauensverlust innerhalb der Feuerwehr: zahlreiche Kameradinnen und Kameraden hatten der Leiterin das Vertrauen entzogen, ein Ortswehrführer trat zurück, und die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr erschien gefährdet. Die Gemeinde begründete den Widerruf mit der Notwendigkeit, schwere Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwenden. Das Verwaltungsgericht hatte zunächst die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insgesamt wiederhergestellt, weil es Bestellung und Ehrenbeamtenstatus für untrennbar hielt. Dagegen legte die Gemeinde Beschwerde ein – mit teilweisem Erfolg.

 

Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass Bestellung zur Gemeindewehrführerin und Ernennung zur Ehrenbeamtin zwei rechtlich selbstständige Akte sind. Die Bestellung kann daher auch dann widerrufen werden, wenn das Ehrenbeamtenverhältnis fortbesteht, insbesondere wenn die persönliche bzw. fachliche Eignung oder die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr in Frage stehen. Maßgeblich war hier der Schutz des Gemeinwohls: Der Widerruf diene der Verhütung schwerer Nachteile für die öffentliche Sicherheit, da die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr ernsthaft gefährdet sein könne. Hinsichtlich der Entlassung aus dem Ehrenbeamtenverhältnis sah das Gericht dagegen erhebliche rechtliche Zweifel und ließ insoweit die aufschiebende Wirkung bestehen. Insgesamt überwiegt nach Auffassung des Gerichts die Bedeutung eines funktionsfähigen Brandschutzes gegenüber den Interessen der bisherigen Gemeindewehrführerin.

Kommunalrecht

Kommunaler Geschäftsführer vor Gericht – OLG Hamm stärkt Wirksamkeit von Abberufung und begrenzt Zahlungsansprüche

OLG Hamm, Urteil vom 1.12.2025 – 8 U 93/24

Sachverhalt:
Ein ehemaliger Geschäftsführer eines kommunalen Unternehmens wurde durch Gesellschafterbeschluss im Jahr 2018 aus seinem Amt abberufen und zugleich von seinen Dienstpflichten freigestellt. Der zugrunde liegende Geschäftsführervertrag war befristet und enthielt eine sogenannte Kopplungsklausel, wonach eine Abberufung auch Auswirkungen auf das Anstellungsverhältnis hat. Der Kläger machte geltend, die Abberufung sei ohne wirksame kommunalrechtliche Grundlage erfolgt und habe den Vertrag nicht beendet, insbesondere fehle ein notwendiger Ratsbeschluss. Zudem verlangte er diverse Vergütungsansprüche, Tantiemen, Dienstwagenentschädigung sowie eine höhere Altersversorgung. Während das Landgericht nur einen Teil seiner Zahlungsforderungen zusprach, legte der Kläger Berufung ein.

 

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigt im Kern die Wirksamkeit der Abberufung und die Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrags aufgrund der vertraglichen Kopplungsklausel. Die Beschlussfassung der Gesellschafterin sei ordnungsgemäß erfolgt; Fragen der kommunalrechtlichen Binnenbindung des Vertreters betreffen lediglich das Innenverhältnis und beeinträchtigen nicht die Wirksamkeit nach außen. Auch gesellschaftsrechtlich hielt das Gericht die Stimmrechtsausübung sowie die Vertretungsbefugnis der handelnden Organe für zulässig. Gleichwohl korrigierte das OLG einzelne Aspekte der erstinstanzlichen Entscheidung und sprach dem Kläger zusätzliche Tantiemenzahlungen zu, soweit diese nach Vertragslage geschuldet waren. Im Übrigen blieb die Berufung jedoch ohne Erfolg; die Revision wurde teilweise zugelassen.

News diese Woche:

Bundesverwaltungsgericht kippt Verbot der „Hammerskins“

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das vom Bundesinnenministerium 2023 ausgesprochene Verbot der rechtsextremen Vereinigung „Hammerskins Deutschland“ aufgehoben. Nach Auffassung der Richter konnte nicht nachgewiesen werden, dass es überhaupt eine bundesweite Dachorganisation gab, die als verbotsfähiger Verein eingestuft werden konnte. Damit scheiterte das Verbot aus formalen Gründen; eine inhaltliche Prüfung der Verfassungsfeindlichkeit fand nicht statt. Entscheidend war, dass das Innenministerium nicht ausreichend belegen konnte, dass eine zentrale, überregionale Führungsstruktur existierte. Die Entscheidung hat nach Einschätzung des Gerichts nur begrenzte Auswirkungen auf andere Vereinsverbote, da nach dem Vereinsgesetz grundsätzlich nur überregional tätige Organisationen vom Bund verboten werden können, während bei rein landesbezogenen Gruppen die Länder zuständig sind

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