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BGH-Urteil zur Unwirksamkeit von Negativzinsen und Gebühren für Ersatz-Bankkarten

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

BGH-Urteil zur Unwirksamkeit von Negativzinsen und Gebühren für Ersatz-Bankkarten

Geld

Zur Pressemitteilung des BGH

Urteil des XI. Zivilsenats vom 4.2.2025 – XI ZR 183/23 –
Urteil des XI. Zivilsenats vom 4.2.2025 – XI ZR 161/23 –
Urteil des XI. Zivilsenats vom 4.2.2025 – XI ZR 65/23 –
Urteil des XI. Zivilsenats vom 4.2.2025 – XI ZR 61/23 –

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 4. Februar 2025 in vier Urteilen (Az. XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23) entschieden, dass bestimmte Klauseln in Bankverträgen zu Negativzinsen sowie Gebühren für Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs unwirksam sind. Diese Urteile haben weitreichende Folgen für Verbraucher und Banken gleichermaßen.

Worum geht es?

Die beklagten Banken und Sparkassen hatten in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen Klauseln aufgenommen, die es ihnen ermöglichten, ein sogenanntes „Verwahrentgelt“ (Negativzinsen) auf Guthaben oberhalb bestimmter Freibeträge auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten zu erheben. Zudem hatten sie Gebühren für die Ausstellung einer Ersatz-Bankkarte oder einer neuen PIN in bestimmten Fällen vorgesehen. Verbraucherschutzverbände hielten diese Klauseln für unzulässig und klagten.

Was hat der BGH entschieden?

1. Unwirksamkeit von Negativzinsen auf Girokonten

Der BGH stellte fest, dass die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten eine Hauptleistung der Bank im Rahmen des Girovertrags darstellt. Dementsprechend unterliegen Klauseln zu Verwahrentgelten keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Allerdings erklärte der BGH die Klauseln für unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verstoßen.

  • Die Klauseln waren nicht klar genug formuliert, sodass Verbraucher nicht nachvollziehen konnten, welche Beträge tatsächlich mit Negativzinsen belastet wurden.
  • Die unklare Berechnung des Verwahrentgelts führte zu Intransparenz bezüglich der wirtschaftlichen Belastung für die Verbraucher.

2. Unwirksamkeit von Negativzinsen auf Tagesgeld- und Sparkonten

Anders als bei Girokonten unterliegen Verwahrentgeltklauseln für Tagesgeld- und Sparkonten der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Der BGH entschied, dass diese Klauseln Verbraucher unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

  • Ein Tagesgeldkonto dient nach allgemeinem Verständnis als kurzfristige Anlageform, oft mit variabler Verzinsung. Durch die Erhebung von Verwahrentgelten wurde dieses Anlageziel vereitelt.
  • Sparkonten sind für den langfristigen Vermögensaufbau gedacht. Ein Verwahrentgelt widerspricht diesem Zweck und benachteiligt Verbraucher unangemessen.
  • Die von Banken oft genutzte Begründung, dass sie selbst Negativzinsen bei der Europäischen Zentralbank zahlen mussten, wurde nicht als Rechtfertigung anerkannt.

3. Gebühren für Ersatz-Bankkarten und PINs

In einem weiteren Verfahren (XI ZR 161/23) erklärte der BGH Klauseln für unwirksam, die Gebühren für Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs vorsahen.

  • Die Bankkunden konnten aus den Klauseln nicht klar erkennen, wann sie tatsächlich zur Zahlung der Gebühr verpflichtet waren.
  • Es fehlte eine genaue Definition, unter welchen Umständen die Bank eine Ersatzkarte oder Ersatz-PIN kostenlos ausstellen musste.
  • Aufgrund dieser Intransparenz verstoßen die Klauseln gegen das Transparenzgebot und sind somit nichtig.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Urteilen?

Für Verbraucher

  • Banken dürfen keine Negativzinsen (Verwahrentgelte) auf Giro-, Tagesgeld- oder Sparkonten erheben. Bereits gezahlte Verwahrentgelte könnten ggf. zurückgefordert werden.
  • Gebühren für Ersatz-Bankkarten oder PINs sind nur dann zulässig, wenn sie klar definiert und verständlich geregelt sind.

Für Banken

  • Kreditinstitute müssen ihre Preis- und Leistungsverzeichnisse überarbeiten und auf die Erhebung von Verwahrentgelten verzichten.
  • Unzulässige Gebührenklauseln müssen aus AGB entfernt oder überarbeitet werden, um den Anforderungen des BGH zu entsprechen.
  • Die Rückforderung bereits gezahlter Negativzinsen durch Verbraucher könnte eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.

Der BGH hat mit seinen Entscheidungen Klarheit für Verbraucher geschaffen und Banken daran erinnert, dass Vertragsklauseln transparent und fair gestaltet sein müssen. Verwahrentgelte und bestimmte Gebühren für Ersatzkarten oder PINs sind nun endgültig Geschichte. Verbraucher sollten prüfen, ob sie von diesen unzulässigen Klauseln betroffen waren und möglicherweise Rückerstattungen fordern können.

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