Bürokratieabbau – der Nationale Normenkontrollrat – NKR

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) wurde im Jahr 2006 eingerichtet und besteht aus zehn ehrenamtlichen Mitgliedern. Das Gremium ist organisatorisch beim Bundesministerium der Justiz (BMJ) angesiedelt.
Die Finanzierung des NKR erfolgt vollständig aus dem Bundeshaushalt. Ursprünglich war die Geschäftsstelle des NKR beim Bundeskanzleramt angesiedelt. Seit einer Zuständigkeitsänderung im Jahr 2022 liegt die Verantwortung beim Bundesministerium der Justiz.
Der NKR prüft im Rahmen seines Mandats die nachvollziehbare und transparente Darstellung der Folgekosten von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung. Besonderen Fokus legt der NKR dabei auf den Erfüllungsaufwand. Dieser umfasst den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten, die eine neue Regelung für die Normadressaten Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und öffentliche Verwaltung unmittelbar auslöst oder einspart.
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat in seinem Jahresbericht 2024 mit dem Titel „Gute Gesetze. Digitale Verwaltung. Weniger Bürokratie. Momentum nutzen, Wirkung steigern“ eine umfassende Analyse des Bürokratieabbaus in Deutschland vorgenommen.
Hauptfeststellungen des NKR:
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Verlangsamter Anstieg des Erfüllungsaufwands: Nach Jahren signifikanter Zuwächse hat sich der jährliche Anstieg des Erfüllungsaufwands – also der Kosten und des Zeitaufwands, die durch neue Gesetze entstehen – auf 400 Millionen Euro reduziert. Während die Verwaltung einen Anstieg von 821 Millionen Euro verzeichnete, wurde die Wirtschaft erstmals seit 2019 um 433 Millionen Euro entlastet.
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Notwendigkeit verbindlicher Abbauziele: Trotz der positiven Entwicklung betont der NKR die Dringlichkeit weiterer Maßnahmen. Er empfiehlt der Bundesregierung, ein konkretes Ziel zu setzen: eine Reduktion der Bürokratiekosten und des Erfüllungsaufwands um 25 % innerhalb von vier Jahren, was einer jährlichen Entlastung von fünf Milliarden Euro entsprechen würde.
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Einführung eines Praxischecks: Der NKR begrüßt die geplante Einführung eines Praxischecks, der sicherstellen soll, dass Gesetze praxistauglich und umsetzbar sind. Nach dem Vorbild des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sollen nun alle Ressorts verpflichtet werden, ähnliche Verfahren einzuführen.
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Förderung der Digitalisierung: Die Digitalisierung wird als entscheidender Hebel für den Bürokratieabbau identifiziert. Der NKR fordert die Bundesregierung auf, die Verwaltungsdigitalisierung voranzutreiben und dabei zentrale Basisinfrastrukturen, verbindliche Architekturvorgaben und Standards sowie schnellere Entscheidungsverfahren zu etablieren.
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Bewältigung des Personalnotstands: Angesichts des Fachkräftemangels in der Verwaltung betont der NKR die Notwendigkeit, Prozesse zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu automatisieren, um die Handlungsfähigkeit des Staates zu sichern.
Diesen scheinbar positiven Feststellungen des NKR widerspricht die Wirtschaft.
Die deutsche Wirtschaft äußert seit Jahren erhebliche Bedenken hinsichtlich der zunehmenden Bürokratie und der damit verbundenen Kosten. Unternehmen berichten von steigenden administrativen Belastungen, die sowohl finanzielle als auch zeitliche Ressourcen beanspruchen.
Kosten der Bürokratie für Unternehmen:
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Gesamtkosten: Die jährlichen Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft belaufen sich auf rund 67 Milliarden Euro. Diese Summe umfasst die Ausgaben, die Unternehmen durch die Befolgung von Bundesgesetzen entstehen.
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Anstieg der Kosten: Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Bürokratiekosten gestiegen. So lagen sie 2022 bei etwa 65 Milliarden Euro und 2023 bei 66 Milliarden Euro. Dieser Anstieg wird unter anderem auf Inflation und höhere Lohnkosten zurückgeführt.
Auswirkungen auf Unternehmen:
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Investitionshemmnisse: Über 40 % der Unternehmen haben in der Vergangenheit Investitionen nicht getätigt, weil die Bürokratiehürden zu hoch waren. In Zukunft planen fast 60 % der Unternehmen, aus diesem Grund auf Investitionen zu verzichten.
Psychologische Belastung: Fast alle befragten Unternehmen (90,2 %) geben an, sehr stark in ihrer Aufmerksamkeit, persönlichen Kraft und Energie durch Bürokratie belastet zu sein. Dies stellt für die Unternehmen die größte Belastung dar, noch vor Zeit- und Kostenaufwand.
Forderungen der Wirtschaft:
Angesichts dieser Belastungen fordert die Wirtschaft von der Politik konkrete Maßnahmen zum Bürokratieabbau. Es wird betont, dass die zunehmende Bürokratie nicht nur finanzielle Ressourcen bindet, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen beeinträchtigt. Einige Unternehmen erwägen sogar, aufgrund der hohen bürokratischen Anforderungen ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern.
Bürokratieentlastungsgesetz IV
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) wurde von der Bundesregierung mit dem Ziel verabschiedet, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung von überflüssiger Bürokratie zu entlasten. Es sieht unter anderem die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Belege und die Abschaffung der Schriftformerfordernis in bestimmten Bereichen vor.
Trotz der vorgesehenen Maßnahmen äußern Vertreter der Wirtschaft Kritik an der tatsächlichen Entlastungswirkung des Gesetzes:
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Unzureichende Maßnahmen: Einige Unternehmer, wie der Bäckermeister Tobias Exner, empfinden die Maßnahmen als wenig hilfreich und fordern die Abschaffung spezifischer Vorschriften, wie beispielsweise der Bon-Pflicht.
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Bürokratische Belastungen bleiben bestehen: Unternehmer berichten weiterhin von erheblichen bürokratischen Anforderungen, die den Geschäftsalltag erschweren. Beispielsweise müssen bestimmte Dokumentationspflichten weiterhin erfüllt werden, was als belastend empfunden wird.
Seit Dezember 2021 hat der Deutsche Bundestag die nachstehende Anzahl an Gesetzen verabschiedet:
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2021: In den letzten Wochen des Jahres 2021, nach der Konstituierung des 20. Deutschen Bundestages am 26. Oktober, wurden sechs Gesetze verabschiedet.
2022: Im Jahr 2022 wurden insgesamt 115 Gesetze verabschiedet.
2023: Im Jahr 2023 verabschiedete der Bundestag 107 Gesetze.
- Für das Jahr 2024 liegen noch keine abschließenden Zahlen vor.