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GEAS – Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

GEAS – Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Flüchtlinge nach Europa

In der gegenwärtigen politischen Diskussion wird immer wieder auf GEAS und die EU verwiesen.
Was ist GEAS und wie hat es sich in der Historie entwickelt:

 

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) bildet den Rahmen für die Asylpolitik innerhalb der Europäischen Union. Es zielt darauf ab, einheitliche Standards für den Schutz von Asylsuchenden zu gewährleisten und die Verantwortung zwischen den Mitgliedstaaten gerecht zu verteilen.

In den vergangenen Jahren flohen zahlreiche Menschen vor Krieg, Konflikten, Terror und Verfolgung in ihren Ländern nach Europa. Im Jahr 2022 wurden in den EU-Mitgliedstaaten 966.000 Asylanträge gestellt, fast doppelt so viele wie 2021. Im Jahr 2023 wurden über 380.000 irreguläre Grenzübertritte verzeichnet, die höchste Zahl seit 2016.

Die EU hat beschlossen, ihr Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) zu reformieren, um sicherzustellen, dass alle EU-Mitgliedstaaten zum Asylmanagement beitragen.

Quelle: Europäisches Parlament

Historische Entwicklung des GEAS

Die Ursprünge des GEAS liegen im Amsterdamer Vertrag von 1997, der die Grundlage für eine gemeinsame Asylpolitik schuf. Im Jahr 1999 beschlossen die EU-Mitgliedstaaten auf dem Gipfel in Tampere die Einrichtung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. In den frühen 2000er Jahren und erneut 2013 wurden in zwei Phasen Rechtsvorschriften erlassen, um Mindeststandards für Asylverfahren, Aufnahmebedingungen und die Anerkennung von Schutzbedürftigen festzulegen. Trotz dieser Bemühungen blieben die Umsetzungen in den Mitgliedstaaten uneinheitlich, was insbesondere während der Flüchtlingskrise 2015 deutlich wurde. bpb.de

Reform des GEAS im Jahr 2024

Angesichts der Herausforderungen der vergangenen Jahre einigten sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament im Mai 2024 auf eine umfassende Reform des GEAS. Diese Reform zielt darauf ab, Migration in der EU verlässlich zu steuern, humanitäre Standards für Geflüchtete zu wahren und irreguläre Migration zu begrenzen. bmi.bund.de

Kernpunkte der Reform

  • Kontrolle an den EU-Außengrenzen: Einführung eines verpflichtenden Screenings für alle Personen, die irregulär in die EU einreisen. Dieses Verfahren umfasst Identitätsfeststellung, Sicherheits- und Gesundheitschecks sowie die Erfassung biometrischer Daten.

  • Grenzverfahren: Beschleunigte Asylverfahren an den Außengrenzen für Personen aus Ländern mit niedriger Anerkennungsquote. Diese Verfahren sollen innerhalb weniger Wochen abgeschlossen werden.

  • Solidaritätsmechanismus: Verpflichtende Solidarität der Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Asylsuchenden. Staaten können zwischen der Aufnahme von Personen, finanziellen Beiträgen oder operativer Unterstützung wählen.

  • Harmonisierung der Asylverfahren: Einheitliche Standards für Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in allen Mitgliedstaaten, um Sekundärmigration zu verhindern und gleiche Bedingungen für Asylsuchende zu gewährleisten.

Abstimmungsverhalten der deutschen Parteien

Die Reform des GEAS war auch innerhalb Deutschlands Gegenstand intensiver Debatten. Im Europäischen Parlament stimmten die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion mehrheitlich für die Reform, während die SPD-Abgeordneten gespalten waren. Die Grünen/EFA-Fraktion lehnte insbesondere die Einführung der Grenzverfahren ab, da sie eine Verschärfung des Asylrechts und eine potenzielle Verletzung von Menschenrechten befürchteten. bundestag.de

Im April 2024 stimmte das Europäische Parlament über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ab. Die Grünen im EU-Parlament lehnten insbesondere die Asylverfahrensverordnung ab, die vorsieht, Asylverfahren künftig bereits an den EU-Außengrenzen durchzuführen. Diese Schnellverfahren sollen bis zu zwölf Wochen dauern, während derer Asylsuchende, einschließlich Familien mit Kindern, unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können. Unbegleitete Minderjährige sind von diesen Grenzverfahren ausgenommen, es sei denn, sie stellen ein Sicherheitsrisiko dar. Die Grünen kritisierten diese Regelungen als Verschärfung des Asylrechts und stimmten daher dagegen. abgeordnetenwatch.de

Zeitplan für das Inkrafttreten und nationale Umsetzung

Die verabschiedeten Rechtsakte traten am 11. Juni 2024 in Kraft. Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Juni 2026 Zeit, die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesregierung hat jedoch bereits im November 2024 zwei Gesetzentwürfe beschlossen, um die GEAS-Reform frühzeitig in deutsches Recht zu überführen. Diese umfassen Anpassungen im Asyl- und Aufenthaltsgesetz sowie im Ausländerzentralregister. Zudem ist ein Pilotprojekt für Asylgrenzverfahren geplant, das ab Mitte 2026 verpflichtend auch an deutschen Außengrenzen angewendet werden soll.


Was bedeutet GEAS für Deutschland?

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bringt für den deutschen Gesetzgeber bis 2026 erhebliche Anpassungen mit sich. Ziel ist es, die neuen EU-Vorgaben fristgerecht in nationales Recht zu überführen und somit ein einheitliches Asylverfahren innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen.

Anpassungen im deutschen Recht

Um die GEAS-Reform umzusetzen, sind insbesondere Änderungen im Asylgesetz, Aufenthaltsgesetz und Asylbewerberleistungsgesetz erforderlich. Diese Anpassungen betreffen unter anderem die Einführung von Asylgrenzverfahren an Flughäfen und Seehäfen, die Umsetzung des Solidaritätsmechanismus sowie die Harmonisierung der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende. Die Bundesregierung hat bereits entsprechende Gesetzentwürfe erarbeitet, die derzeit im parlamentarischen Verfahren beraten werden.

Zeitplan der Umsetzung

Die GEAS-Rechtsakte sind am 11. Juni 2024 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten haben eine zweijährige Frist, um die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen, sodass die neuen Regelungen ab Mitte 2026 anwendbar sind. In dieser Übergangszeit müssen die notwendigen gesetzlichen Anpassungen vorgenommen und die administrativen Strukturen entsprechend vorbereitet werden.

Auswirkungen auf die Migrationszahlen in Deutschland

Die GEAS-Reform zielt darauf ab, Migration innerhalb der EU verlässlich zu steuern, humanitäre Standards für Geflüchtete zu wahren und irreguläre Migration zu begrenzen. Durch Maßnahmen wie die Einführung von Grenzverfahren und einen verpflichtenden Solidaritätsmechanismus soll eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU erreicht werden. Ob diese Reformen jedoch zu einer signifikanten Reduzierung der Migrationszahlen in Deutschland führen, bleibt abzuwarten. Kritiker befürchten, dass die neuen Regelungen zu einer Verschärfung des Asylrechts führen könnten, ohne die Ursachen von Migration ausreichend zu adressieren.

Zusammenfassend steht der deutsche Gesetzgeber vor der Herausforderung, die GEAS-Reform bis 2026 in nationales Recht umzusetzen. Ob die angestrebten Maßnahmen die hohen Migrationszahlen in Deutschland nachhaltig beeinflussen werden, ist derzeit noch ungewiss und wird von verschiedenen Faktoren abhängen.

 

Aus der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 14.2.2024:

Asyl und Migration: Ausschuss für bürgerliche Freiheiten billigt neuen Rechtsrahmen

Pressemitteilung
LIBE
14.02.2024 – 09:44

  • Mitgliedstaaten können zwischen der Aufnahme von Asylbewerbern, finanziellen Beiträgen oder operativer Unterstützung wählen.
  • Verbesserte Identifizierung bei der Ankunft, einschließlich Gesichtsbilder und Fingerabdrücke, auch bei Kindern ab sechs Jahren.

  • Schnellere Bearbeitung von Asylanträgen.

  • Verpflichtende Sicherheits- und Gesundheitskontrollen für Personen, die irregulär in die EU einreisen.

  • Maßnahmen zur Bewältigung von Krisensituationen und zur Verhinderung der Instrumentalisierung von Migranten und Asylbewerbern.

  • Aktualisierte Standards für Aufnahmebedingungen und Schutzgewährung.

  • Neuer, freiwilliger EU-Rahmen für Resettlement-Möglichkeiten.

Am Mittwoch bestätigten die Abgeordneten auf Ausschussebene die Gesetzestexte zur Migrations- und Asylpolitik, wie mit den EU-Mitgliedstaaten vereinbart.

Solidarität und Verantwortung

Das vorläufige Abkommen über die Verordnung zum Management von Asyl und Migration, vorgelegt von Berichterstatter Tomas Tobé (SE, EVP), wurde mit 41 Stimmen dafür, 24 dagegen und 2 Enthaltungen angenommen.

Die neue Verordnung über das Management von Asyl und Migration sieht eine verpflichtende Solidarität für EU-Staaten vor, die als besonders stark durch Migration belastet gelten. Mitgliedstaaten können entscheiden, ob sie Asylbewerber aufnehmen, finanzielle Beiträge leisten oder operative und technische Unterstützung bereitstellen. Der Text legt zudem neue Kriterien fest, nach denen ein Mitgliedstaat für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ehemalige Dublin-Regelungen).

Bewältigung von Krisensituationen

Das vorläufige Abkommen zur Verordnung über Krisensituationen, vorgelegt von Berichterstatter Juan Fernando López Aguilar (ES, S&D), wurde mit 37 Stimmen dafür, 26 dagegen und 4 Enthaltungen bestätigt.

Diese Verordnung über Krisen und höhere Gewalt schafft einen Mechanismus, um Solidarität und Unterstützung für Mitgliedstaaten sicherzustellen, die mit einem außergewöhnlichen Zustrom von Drittstaatsangehörigen konfrontiert sind. Die neuen Regeln decken auch Fälle ab, in denen Migranten instrumentalisiert werden, etwa wenn Drittstaaten oder feindliche nichtstaatliche Akteure Migration nutzen, um die EU zu destabilisieren. Basierend auf einer Bewertung der Kommission entscheidet der Rat über verpflichtende Solidaritätsmaßnahmen sowie über Ausnahmen von Screening- und Asylverfahren.

Screening von Drittstaatsangehörigen

Das vorläufige Abkommen zur Screening-Verordnung, vorgelegt von Berichterstatterin Birgit Sippel (DE, S&D), wurde mit 48 Stimmen dafür, 16 dagegen und 2 Enthaltungen bestätigt. Das Ergebnis für das zentrale System zur Speicherung von Verurteilungsinformationen (ECRIS-TCN) lautete 48 Stimmen dafür, 16 dagegen und 2 Enthaltungen.

Nach der neuen Screening-Verordnung unterliegen Personen, die die Voraussetzungen für die Einreise in die EU nicht erfüllen, einem Vorprüfungsverfahren, das die Identifizierung, die Erhebung biometrischer Daten sowie Gesundheits- und Sicherheitskontrollen umfasst. Die Dauer beträgt maximal sieben Tage. Besondere Bedürfnisse von Kindern werden berücksichtigt. Zudem wird in jedem Mitgliedstaat ein unabhängiger Überwachungsmechanismus eingerichtet, um die Wahrung der Grundrechte sicherzustellen.

Beschleunigte Asylverfahren

Das vorläufige Abkommen zur Asylverfahrensverordnung, vorgelegt von Berichterstatterin Fabienne Keller (FR, Renew), wurde mit 40 Stimmen dafür, 23 dagegen und 4 Enthaltungen bestätigt.

Die Asylverfahrensverordnung legt ein gemeinsames Verfahren für die gesamte EU zur Gewährung und zum Entzug internationalen Schutzes fest, das die bislang unterschiedlichen nationalen Verfahren ersetzt. Die Bearbeitung von Asylanträgen soll schneller erfolgen, mit kürzeren Fristen für offensichtlich unbegründete oder unzulässige Anträge – auch an den EU-Außengrenzen. Die Verordnung beinhaltet zudem ein Rückführungsverfahren an den Grenzen.

Eurodac-Verordnung

Das vorläufige Abkommen zur Eurodac-Datenbank, vorgelegt von Berichterstatter Jorge Buxadé Villalba (ES, EKR), wurde mit 48 Stimmen dafür, 17 dagegen und 2 Enthaltungen bestätigt.

Die reformierte Eurodac-Datenbank wird die Identifizierung von Personen, die irregulär in die EU einreisen, verbessern, indem Gesichtsbilder zu den bisherigen Fingerabdrücken hinzugefügt werden – auch bei Kindern ab sechs Jahren. Behörden können zudem vermerken, ob eine Person ein Sicherheitsrisiko darstellt oder gewalttätig oder bewaffnet war.

Qualifikationsstandards

Das vorläufige Abkommen über die Qualifikationsstandards, vorgelegt von Berichterstatter Matjaž Nemec (SI, S&D), wurde mit 42 Stimmen dafür, 24 dagegen und 1 Enthaltung bestätigt.

Die neuen Vorschriften legen EU-weit einheitliche Standards für die Anerkennung von Personen fest, die internationalen Schutz beantragen, sowie für die damit verbundenen Rechte. Die Angleichung der Asylentscheidungen in den Mitgliedstaaten soll durch eine gemeinsame Analyse der Lage im Herkunftsland, erstellt durch die EU-Asylagentur, sowie durch regelmäßige Überprüfungen des Schutzstatus erreicht werden.

Aufnahme von Asylbewerbern

Das vorläufige Abkommen über geänderte Aufnahmeregeln, vorgelegt von Berichterstatterin Sophia In ‚t Veld (NL, Renew), wurde mit 47 Stimmen dafür, 14 dagegen und 6 Enthaltungen bestätigt.

Das Hauptziel der überarbeiteten Richtlinie zu den Aufnahmebedingungen ist es, einheitliche Mindeststandards in allen EU-Staaten sicherzustellen, insbesondere hinsichtlich Unterbringung, Gesundheitsversorgung und eines angemessenen Lebensstandards für Asylbewerber. Registrierte Asylbewerber sollen früher arbeiten dürfen, was ihre Integrationschancen verbessert. Die neuen Regeln sollen zudem Sekundärmigration innerhalb der EU verhindern.

Sicherer und legaler Weg nach Europa

Das vorläufige Abkommen über einen neuen EU-Resettlement-Rahmen, vorgelegt von Berichterstatterin Malin Björk (SE, Die Linke), wurde mit 53 Stimmen dafür, 14 dagegen und keiner Enthaltung bestätigt.

Die Mitgliedstaaten werden sich auf freiwilliger Basis am Programm beteiligen und besonders gefährdete Flüchtlinge aus Drittstaaten aufnehmen. Diese werden in den meisten Fällen vom UNHCR identifiziert und nach Zustimmung des aufnehmenden Staates sicher und geordnet in die EU gebracht. Sie erhalten langfristige, stabile Lösungen für ihre Situation sowie einen legalen Status. Die neuen Regeln sollen nationale Unterschiede verringern und eine kohärentere EU-Politik schaffen.

Nächste Schritte

Die Texte stehen zur formellen Annahme in einer bevorstehenden Plenarsitzung des Europäischen Parlaments an und benötigen noch die endgültige Zustimmung des Rates.

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