Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Zuständigkeit bei der Frage der Testierfähigkeit
OLG München, Beschluss vom 18.12.2024 – 33 Wx 153/24e
Sachverhalt:
Eine Frau wurde in einem handschriftlichen Testament als Alleinerbin eingesetzt. Das Nachlassgericht wies ihren Erbscheinsantrag jedoch mit der Begründung zurück, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen sei. Grundlage dieser Entscheidung war ein Sachverständigengutachten aus einem früheren Betreuungsverfahren. Nach einer erfolgreichen Beschwerde der Antragstellerin führte das Nachlassgericht weitere Ermittlungen durch, darunter die Befragung von Zeugen und die Einholung eines neuen Gutachtens. Trotz uneinheitlicher Zeugenaussagen lehnte der zuständige Rechtspfleger den Antrag erneut ab, ohne den Sachverständigen weiter anzuhören.
Entscheidung:
Das Gericht hob die Entscheidung auf und verwies das Verfahren zurück an das Nachlassgericht, da der Rechtspfleger unzuständig war. In Fällen, in denen Testierunfähigkeit streitig ist, muss ein Richter und nicht ein Rechtspfleger entscheiden. Zudem wurde das Recht auf rechtliches Gehör verletzt, da der Sachverständige nicht zur Befragung von Zeugen herangezogen wurde. Das Gericht stellte klar, dass die Testierfähigkeit nicht allein auf Basis von Zeugenaussagen beurteilt werden kann, sondern einer fachärztlichen Begutachtung bedarf. Das Nachlassgericht muss das Verfahren nun unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erneut prüfen.
Arbeitsrecht
Vergütungskürzung während Altersteilzeit
LAG Niedersachsen, Urteil vom 9.12.2024 – 12 Sea 478/24
Sachverhalt:
Ein langjähriger Mitarbeiter und freigestelltes Betriebsratsmitglied eines Automobilkonzerns klagte gegen seinen Arbeitgeber wegen einer Kürzung seiner Vergütung während der Altersteilzeit. Ursprünglich wurde er über Jahre hinweg in die Entgeltstufe 18 eingruppiert, basierend auf einer internen Vergütungskommission. Nach einer internen Überprüfung sah der Arbeitgeber die ursprüngliche Eingruppierung als Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG an und senkte die Vergütung rückwirkend auf Entgeltstufe 15. Der Kläger argumentierte, dass seine berufliche Entwicklung in die Entgeltstufe 18 der betriebsüblichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer entspreche. Zudem berief er sich auf den Altersteilzeitvertrag, in dem die Entgeltstufe 18 ausdrücklich als Berechnungsgrundlage vereinbart war.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die Berufung des Arbeitgebers zurück und bestätigte die Vergütung nach Entgeltstufe 18. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot, wenn er eine Vergütung als unzulässig einstuft. Da die Vergütungsanpassung ursprünglich auf einer betrieblichen Regelung basierte und der Arbeitgeber keine eindeutigen Beweise für eine unzulässige Begünstigung vorlegte, blieb die ursprüngliche Einstufung bestehen. Zudem wurde festgestellt, dass die betriebliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer eine Vergütung in Entgeltstufe 18 stützt. Das Gericht sah somit keine Grundlage für eine rückwirkende Herabstufung und bestätigte die Vergütung des Klägers.
Beamtenrecht
Berechnung von Corona-Sonderzahlung
VG Bremen, Urteil vom 6.11.2024 – 6 K 1777/22
Sachverhalt:
Eine Lehrerin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erhielt während ihrer Altersteilzeit im Blockmodell eine gekürzte Corona-Sonderzahlung. Die Zahlung wurde auf Basis ihrer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit (11,4 von 27 Stunden) berechnet, während sie in der aktiven Phase tatsächlich 17,1 Wochenstunden arbeitete. Die Klägerin argumentierte, dass die Sonderzahlung nach der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit in der Dienstphase berechnet werden müsse, da die Belastungen während der Pandemie in diesem Zeitraum angefallen seien. Die Beklagte hielt dagegen, dass die Altersteilzeit eine besondere Form der Teilzeit sei und die Zahlung daher auf Basis der rechnerischen Durchschnittsarbeitszeit erfolgen müsse. Nachdem der Widerspruch der Klägerin abgelehnt wurde, klagte sie auf die Differenz zur ungekürzten Zahlung.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Bremen wies die Klage ab und bestätigte die Berechnung der Corona-Sonderzahlung durch die Beklagte. Maßgeblich sei die durchschnittliche Wochenarbeitszeit über den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit, nicht die tatsächlich geleistete Arbeitszeit in der Dienstphase. Nach dem Bremischen Corona-Sonderzahlungsgesetz (§ 2 BremCoronaSZG) seien Teilzeitbeschäftigte anteilig zu berücksichtigen, wobei die Altersteilzeit als besondere Form der Teilzeit mit einer rechnerischen Durchschnittsquote berechnet werde. Das Gericht sah keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, da eine Orientierung an der tatsächlichen Arbeitszeit Beamte in der Freistellungsphase benachteiligen würde. Da der Gesetzgeber bewusst keine gesonderte Regelung für die Altersteilzeit im Blockmodell getroffen habe, sei die Berechnung der Beklagten rechtmäßig.
Schulrecht
Eilrechtsschutz zur Zulassung zum Medizinstudium
VG Schleswig, Beschluss vom 19.12.2024 – 9 C 40/24
Sachverhalt:
Ein Studienbewerber beantragte die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität Lübeck im Wintersemester 2024/2025 im Wege einer einstweiligen Anordnung. Er argumentierte, dass die Kapazitäten der Universität nicht vollständig ausgeschöpft seien und er daher einen Anspruch auf einen Studienplatz habe. Zudem berief er sich auf sein Grundrecht auf freie Berufswahl und das Sozialstaatsprinzip. Die Universität hielt dagegen, dass alle verfügbaren Studienplätze bereits vergeben seien und die festgesetzte Kapazitätsgrenze eingehalten werde. Da keine weiteren Plätze zur Verfügung standen, wurde der Antrag durch das Verwaltungsgericht geprüft.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht wies den Antrag ab, da der Antragsteller keinen Anspruch auf eine vorläufige Zulassung glaubhaft machen konnte. Die Universität hatte die Kapazitätsberechnung gemäß den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt und die zulässige Zahl der Studienplätze bereits besetzt. Die gerichtliche Prüfung ergab keine Fehler in der Kapazitätsberechnung oder im Zulassungsverfahren. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen bestand kein Anspruch auf eine zusätzliche Zulassung, da die Begrenzung der Studienplätze durch das Kapazitätserschöpfungsgebot gerechtfertigt ist. Mangels freier Kapazitäten und eines begründeten Anordnungsanspruchs wurde der Antrag auf einstweilige Anordnung abgelehnt.
News diese Woche:
BGH: Warum muss sich Stern.de „Nachrichtenfälscher“ nennen lassen?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass das Portal Stern.de sich von einem Blogger als „Nachrichtenfälscher“ bezeichnen lassen muss. Hintergrund ist die Berichterstattung über das syrische „Twitter-Mädchen“ Bana, deren Echtheit der Blogger infrage stellte und als Propaganda bezeichnete. Während die Vorinstanzen die Äußerungen als unzulässige Tatsachenbehauptungen bewerteten und Stern.de Recht gaben, sah der BGH darin zulässige Meinungsäußerungen. Der Blogger habe seine Zweifel begründet und diese mit einer Stellungnahme und persönlichen Wertung verbunden. Damit stärkt das Urteil die Meinungsfreiheit im Umgang mit umstrittenen Medienberichten.