Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Streit um Testament ohne Original – OLG Zweibrücken verweigert Alleinerbschein
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. August 2025 – 8 W 66/24
Sachverhalt:
Die ehemalige Lebensgefährtin eines Erblassers beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Grundlage war lediglich eine Kopie eines handschriftlichen Testaments, in dem fünf Personen und Institutionen mit unterschiedlichen Anteilen und Vermögenswerten bedacht wurden. Die Antragstellerin meinte, ihr stehe wegen des größten zugewiesenen Anteils das alleinige Erbrecht zu. Das Nachlassgericht wies den Antrag ab, da weder der Wert der einzelnen Nachlassgegenstände bekannt war noch das Originaltestament vorlag. Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde zum OLG Zweibrücken ein.
Entscheidung:
Das OLG bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und sah keine Alleinerbenstellung der Beschwerdeführerin, da auch andere Bedachte erhebliche Vermögenswerte erhielten und keine klare Erbeinsetzung vorlag. Maßgeblich sei der objektive Wert der Zuwendungen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, der hier nicht feststellbar sei. Zudem seien an den Nachweis eines wirksamen Testaments besonders strenge Anforderungen zu stellen, wenn nur eine Kopie vorliegt. Die Aussagen der benannten Zeuginnen genügten diesen Anforderungen nicht, insbesondere da weder die eigenhändige Unterschrift des Erblassers noch die exakte Errichtung des Testaments sicher bewiesen wurden. Damit fehlte es an der notwendigen Überzeugung von der Existenz eines formwirksamen Testaments, sodass die Beschwerde abgewiesen wurde.
Arbeitsrecht
Arbeitsgericht Hamm: Katholisches Krankenhaus darf Chefarzt Schwangerschaftsabbrüche untersagen
ArbG Hamm, 8.08.2025 – 2 Ca 182/25
Sachverhalt:
Ein leitender Gynäkologe klagte gegen zwei Dienstanweisungen seines nunmehr katholisch geführten Krankenhauses. Diese untersagten ihm sowohl während seiner Tätigkeit im Krankenhaus als auch im Rahmen seiner privatärztlichen Nebentätigkeit, Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischer Indikation vorzunehmen. Der Arzt berief sich auf die Straflosigkeit solcher Eingriffe nach § 218a StGB, auf eine angebliche betriebliche Übung sowie auf eine mündliche Zusage bei Vertragsschluss. Die Klinik begründete das Verbot mit ihrem christlich-katholischen Profil und dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Einrichtungen. Der Kläger verlangte die Feststellung der Unwirksamkeit der Anweisungen, scheiterte jedoch vor Gericht.
Entscheidung:
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da die katholische Trägergesellschaft sich auf ihr verfassungsrechtlich garantiertes kirchliches Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV berufen kann. Nach § 106 GewO dürfe der Arbeitgeber den Inhalt der ärztlichen Tätigkeit bestimmen und Leistungen wie Schwangerschaftsabbrüche ausschließen. Eine betriebliche Übung, die dem Kläger dauerhaft solche Eingriffe erlauben könnte, sei nicht erkennbar. Auch die Einschränkung der Nebentätigkeit sei nach kirchlichem Arbeitsrecht (§ 10 KAVO NW) zulässig, da Schwangerschaftsabbrüche den kirchlichen Grundordnungen widersprächen. Weder eine mündliche Absprache beim Vertragsschluss noch europarechtliche Vorgaben stünden dieser Ausübung des Direktionsrechts entgegen.
Beamtenrecht
OVG Niedersachsen: Private Nutzung dienstlicher Schwimmbadkarte kostet Lehrerin die Verbeamtung
OVG Niedersachsen, Beschl. v. 15.08.2025 – 5 ME 98/24
Sachverhalt:
Eine niedersächsische Studienrätin auf Probe hatte zwischen 2019 und 2020 eine ausschließlich für den Schulsport bestimmte Schwimmbadkarte insgesamt rund 90 Mal privat genutzt und den Eintritt von etwa 400 Euro nicht bezahlt. Die Karte war ihr während einer Teilabordnung an eine Grundschule überlassen worden, doch gab sie sie nach Ende des Einsatzes nicht zurück. Nachdem der Vorfall zunächst nur intern bekannt war und die Lehrerin den Betrag erstattet hatte, leitete der Dienstherr 2023 ein Entlassungsverfahren ein. Die Beamtin bestritt ein schweres Dienstvergehen, verwies auf die Rückzahlung und machte geltend, sie habe nach mehrjähriger beanstandungsfreier Arbeit auf eine Erledigung des Vorfalls vertrauen dürfen. Das Verwaltungsgericht Braunschweig lehnte ihren Eilantrag gegen die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung ab; ihre Beschwerde hiergegen blieb vor dem OVG Niedersachsen erfolglos.
Entscheidung:
Das OVG stellte fest, dass die Lehrerin durch die unbefugte Privatnutzung der dienstlichen Schwimmbadkarte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen habe. Die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung und zum ausschließlichen Dienstgebrauch dienstlicher Mittel sei eine Kernpflicht des Beamtenrechts, deren Verletzung das Vertrauen von Dienstherr und Öffentlichkeit schwer beschädige. Ein solches Verhalten würde bei einem Beamten auf Lebenszeit nach der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge nach sich ziehen, was nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG die Entlassung auf Probe rechtfertigt. Weder die Rückzahlung des Schadens noch der zeitliche Abstand des Vorfalls entlasteten die Antragstellerin, da sie keinen Anspruch auf Verwirkung oder Vertrauensschutz gegenüber dem Dienstherrn habe. Auch formelle Einwände – etwa unzureichende Beteiligung von Personalrat und Gleichstellungsbeauftragter – wies das Gericht zurück.
Kommunalrecht
Bayerischer VGH bestätigt Beitragspflicht: Einbeziehung des Grundstücks in Wasserversorgungsgebiet bleibt wirksam
VGH München, Beschluss vom 27.08.2025 – 20 CS 25.1463
Sachverhalt:
Grundstückseigentümer wehrten sich gegen die Ausweitung des Satzungsgebiets ihrer Gemeinde für die öffentliche Wasserversorgung und die zugehörige Beitrags- und Gebührensatzung. Durch die am 7. August 2023 beschlossenen Änderungssatzungen wurde auch ihr Grundstück in das Versorgungsgebiet einbezogen, was zu einem Beitragsbescheid über rund 3.100 Euro führte. Die Eigentümer hielten diese Einbeziehung für willkürlich und rügten eine Überschreitung des normativen Ermessens der Gemeinde. Vor dem Verwaltungsgericht beantragten sie einstweiligen Rechtsschutz gegen den Beitragsbescheid, blieben dort aber erfolglos. Ihre Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss wurde nun auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.
Entscheidung:
Der VGH stellte klar, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich von der Wirksamkeit kommunaler Satzungen auszugehen sei, solange Nichtigkeitsgründe nicht offenkundig vorliegen. Die behauptete Unverhältnismäßigkeit der Gebietsausweitung sei eine komplexe Wertungsfrage und kein offen erkennbarer Fehler. Eine tiefergehende Prüfung des Satzungsermessens bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Daher sei der Beitragsbescheid bis zur endgültigen Klärung als rechtmäßig zu behandeln. Weitere Einwände gegen den Bescheid brachten die Antragsteller nicht vor, sodass ihre Beschwerde keinen Erfolg hatte.
News diese Woche:
Klage gegen Rundfunkbeitrag: Ist das der erste Schritt auf dem Weg zu einem neuen ÖRR?
Am 1. Oktober 2025 verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erstmals in Revision über eine Klage gegen die Rundfunkbeitragspflicht.
Eine Bürgerin aus Rosenheim hatte geltend gemacht, der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) verfehle seinen gesetzlichen Auftrag zu Meinungsvielfalt und unabhängiger Kontrolle und sie müsse deshalb keinen Beitrag zahlen.
Sowohl das Verwaltungsgericht München als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wiesen ihre Klage ab und betonten, dass allein die plural besetzten Rundfunkräte – nicht aber Gerichte – die Programmgestaltung kontrollieren dürfen.
Das Bundesverwaltungsgericht ließ dennoch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, um zu klären, ob strukturelle Mängel des ÖRR die Beitragspflicht berühren können.
Der Fall befeuert eine wachsende gesellschaftliche Debatte über Einseitigkeit, mangelnde Transparenz und Reformbedarf des ÖRR und könnte zu einer rechtlichen Neubewertung des Rundfunkbeitrags führen.