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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Adoptivkinder als durch den Begriff des Abkömmlings eingesetzte Testamentserben 

 

OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 05.03.2024 – 21 W 80/23 

 

Sachverhalt: 

Der Fall betrifft die Erbfolge und die testamentarische Einsetzung von Adoptivkindern als Erben. Der Erblasser hatte in seinem Testament die Abkömmlinge seiner leiblichen Kinder als Nacherben bestimmt. Ein Streit entstand darüber, ob dieser Begriff auch die Adoptivkinder umfasst, die mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption adoptiert worden waren. Ein Beteiligter beantragte die Ausstellung eines Teilerbscheins, was zu weiteren rechtlichen Klärungen führte. Das Amtsgericht wies die Beschwerde der Beteiligten zurück und stellte fest, dass Adoptivkinder als Abkömmlinge im Sinne des Testaments gelten. 

 
Entscheidung: 

 
Das Gericht entschied, dass der Begriff „Abkömmlinge“ in einem Testament, mangels konkreter gegenteiliger Hinweise, auch die als Minderjährige adoptierten Kinder umfasst. Diese Kinder werden mit den gleichen rechtlichen Wirkungen wie leibliche Kinder behandelt, was auch für die testamentarische Erbeinsetzung gilt. Das Gericht betonte, dass der Erbschein keine gesonderten Hinweise auf vermachte Vermögensgegenstände enthalten muss, wenn mehrere Vorerben eingesetzt sind. Die Fassung des Nacherbenvermerks muss auch offene Kreise von Nacherben umfassen. Letztlich wurde die Beschwerde zurückgewiesen und die Anerkennung der Adoptivkinder als Erben bestätigt. 

Arbeitsrecht

Wie konkret ein Urteil zur Weiterbeschäftigung ausgestaltet sein muss 

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.03.2024 – Sa 173/23 

Sachverhalt: 
 

Ein Maschinenführer klagte gegen seine ordentliche Kündigung durch seinen Arbeitgeber. Der Kläger, seit 1995 bei der Beklagten beschäftigt, erhielt in den Jahren 2021 und 2022 sechs Abmahnungen wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften und betriebliche Regelungen. Am 30. November 2022 arbeitete er ohne Schutzhelm, und am 4. Dezember 2022 verursachte er einen Arbeitsunfall, indem er eine schwebende Last mit der Hand berührte und sich verletzte. Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß zur Kündigung angehört, die der Kläger jedoch anfocht, weil er der Meinung war, dass die Beklagte die Kündigungsgründe unzureichend dargestellt habe. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, aber das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hob dieses Urteil auf und wies die Klage ab. 

Entscheidung: 
 

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt und die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß war. Der Betriebsrat war über den genauen Ablauf des Arbeitsunfalls informiert, da ein Mitglied an der Unfallbegehung teilgenommen hatte. Die wiederholten Verstöße des Klägers gegen Sicherheitsvorschriften trotz vorheriger Abmahnungen begründeten die Kündigung. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte den Kläger mehrfach über die Folgen seines Fehlverhaltens informiert und ihm die Kündigung für den Wiederholungsfall angedroht hatte. Die Interessenabwägung fiel zugunsten der Beklagten aus, da der Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter Vorrang hatte. 

Beamtenrecht

Unanwendbarkeit des Disziplinargesetzes eines Landes auf abgeordnete Bundesbeamte 

BVerwG, Urteil vom 07.03.2024 – 2 C 12.23 

Sachverhalt: 
 

Ein Bundesbeamter, der als Regierungsdirektor im Dienst der Bundesrepublik Deutschland steht, wurde von der Bundeswehr für fünf Jahre an eine Hochschule des Landes Baden-Württemberg abgeordnet. Während dieser Abordnung kam der Verdacht auf, dass der Beamte Prüfungsfragen an Studenten weitergegeben habe. Daraufhin leitete die Hochschule ein Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz ein und verhängte eine Geldbuße von 3.000 Euro. Der Beamte klagte gegen diese Maßnahme und das Verwaltungsgericht hob die Disziplinarverfügung auf, da das Landesdisziplinargesetz auf ihn als Bundesbeamten nicht anwendbar sei. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte diese Entscheidung, woraufhin der Beklagte Revision einlegte. 

Entscheidung: 
 

Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass das Disziplinargesetz des Landes Baden-Württemberg auf den abgeordneten Bundesbeamten nicht anwendbar ist, da dieser weiterhin dem Bundesdisziplinargesetz unterliegt. Während einer Abordnung bleiben die statusrechtlichen Beziehungen des Beamten zu seinem ursprünglichen Dienstherrn, dem Bund, unberührt, und die disziplinarrechtlichen Maßnahmen müssen nach Bundesrecht erfolgen. Die Abordnung begründet nur ein vorübergehendes Dienstverhältnis zum Land, welches keine statusberührenden Befugnisse umfasst. Die Annahme, dass ein Landesdisziplinargesetz auf Bundesbeamte angewendet werden kann, würde zu einer unzulässigen Vermischung der Disziplinargewalt führen und ist daher unvereinbar mit den Grundprinzipien des Beamtenrechts. Schließlich könnten landesrechtliche Disziplinarmaßnahmen nicht die erforderliche rechtliche Grundlage für Bundesbeamte bieten. 

Schulrecht

 

Thüringer Hochschulgesetz verfassungsgemäß 

ThürVerfGH, Urteil vom 06.03.2024 – VerfGH 23/18 

Sachverhalt: 

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof befasste sich mit einem Normenkontrollantrag zur Überprüfung der gesetzlichen Regelungen in der Thüringer Hochschulgesetzgebung. Es ging um die Bestimmungen zur Wahl der Gleichstellungsbeauftragten, zur Feststellung des Jahresabschlusses durch den Hochschulrat sowie zur Besetzung des Hochschulrats mit Frauen. Ein Kläger wandte sich gegen die Beschränkung der Wählbarkeit der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen und die spezifischen Regelungen zur Hochschulratsbesetzung, welche eine Frauenquote vorschreiben. Der Kläger argumentierte, dass diese Regelungen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, die Wissenschaftsfreiheit und das Demokratieprinzip verstoßen würden. 

Entscheidung:  

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied, dass die Beschränkung der Wählbarkeit der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz, der Wissenschaftsfreiheit sowie dem Demokratieprinzip vereinbar ist, da sie zur Beseitigung struktureller Benachteiligungen von Frauen im Hochschulbereich gerechtfertigt ist. Die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Hochschulrat wurde ebenfalls als verfassungsgemäß angesehen, da sie im Einklang mit dem Demokratieprinzip und der Wissenschaftsfreiheit steht. Die Regelung zur Besetzung des Hochschulrats, wonach drei seiner acht Mitglieder Frauen sein sollen, wurde durch das Gleichstellungsgebot gerechtfertigt und entspricht dem Bestimmtheitsgebot sowie den organisationsrechtlichen Maßgaben, die aus der Wissenschaftsfreiheit folgen. Insgesamt beurteilte der Gerichtshof die angefochtenen Bestimmungen als verfassungsgemäß. ​ 

News dieser Woche

BGH: Versicherer müssen bei Fitnesstarifen transparenter sein 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Versicherungen bei sogenannten Fitness-Tarifen klar und transparent über die Vorteile informieren müssen, die Versicherte durch die Übermittlung ihrer Gesundheitsdaten erhalten können. Im konkreten Fall hatte die Dialog Lebensversicherung ihre Kunden nicht ausreichend über die Belohnungen und möglichen Nachteile für gesundheitsbewusstes Verhalten informiert, was der Bund der Versicherten kritisiert hatte. Der BGH betonte, dass wichtige Informationen in den Versicherungsbedingungen selbst stehen müssen und nicht nur in Geschäftsberichten oder Infoblättern. Der Einwand der Versicherung, dass dies aufgrund der Komplexität nicht möglich sei, wurde vom Gericht abgelehnt. Für Verbraucher ist dieses Urteil relevant, da es die Transparenz bei Versicherungsverträgen erhöht und sicherstellt, dass sie umfassend über die Bedingungen und Auswirkungen ihrer Gesundheitsdatenübermittlung informiert werden. 

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