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Erbrecht

Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs

BGH, Urteil vom 12.03.2025 – IV ZR 88/24

Sachverhalt:

Die Klägerin ist die nichteheliche Tochter eines 2017 verstorbenen Erblassers, der in einem Testament seinen Lebenspartner als Alleinerben eingesetzt hatte. Obwohl ihr der Erbfall bekannt war, leitete sie erst 2022 ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft ein, das im selben Jahr rechtskräftig abgeschlossen wurde. Auf dieser Grundlage verlangte sie vom Erben Auskunft über den Nachlass und klagte schließlich auf ihren Pflichtteil. Der Beklagte berief sich auf Verjährung, da die Klägerin bereits 2017 vom Tod und der Enterbung Kenntnis hatte. Das Oberlandesgericht gab der Klägerin auf erster Stufe recht und bejahte die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs.


Entscheidung:

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und stellte klar, dass Pflichtteilsansprüche mit dem Erbfall entstehen, auch wenn ihre gerichtliche Durchsetzung wegen fehlender Vaterschaftsfeststellung zunächst gesperrt ist. Die gesetzliche Regelung des § 2317 Abs. 1 BGB knüpft den Anspruch an den Erbfall, nicht an die spätere Feststellung der Vaterschaft. Die fehlende Geltendmachungsmöglichkeit wegen § 1600d Abs. 5 BGB wird vielmehr im Rahmen der „Kenntnis“ nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB berücksichtigt. Der Beginn der Verjährung kann also auf grob fahrlässige Unkenntnis gestützt sein, etwa wenn die Klägerin die Vaterschaftsfeststellung hätte früher betreiben können. Da das Berufungsgericht diese Prüfung unterlassen hatte, verwies der BGH den Fall zur erneuten Entscheidung zurück.

Arbeitsrecht

Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung

BAG, Urteil vom 11.03.2025 – 3 AZR 53/24

Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 1995 bei einer Kommune beschäftigt, für die der Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung im öffentlichen Dienst (TV-EUmw/VKA) gilt. Auf Grundlage dieses Tarifvertrags wandelte der Kläger monatlich Teile seines Entgelts zur betrieblichen Altersvorsorge um. Nach Inkrafttreten von § 1a Abs. 1a BetrAVG verlangte der Kläger zusätzlich einen gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % der umgewandelten Beiträge. Er argumentierte, der alte Tarifvertrag könne diesen gesetzlichen Anspruch nicht wirksam ausschließen, da er vor der gesetzlichen Neuregelung abgeschlossen wurde. Die Vorinstanzen gaben dem Kläger recht, der Arbeitgeber legte Revision ein.

 

Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab und stellte klar, dass der TV-EUmw/VKA eine abschließende tarifliche Regelung zur Entgeltumwandlung enthält. Dieser Tarifvertrag weiche im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG von der gesetzlichen Zuschusspflicht ab, auch wenn er vor dem 1. Januar 2018 geschlossen wurde. Ein ausdrücklicher Ausschluss des Zuschusses sei nicht erforderlich, da bereits die eigenständige Tarifregelung ohne Zuschuss eine zulässige Abweichung darstelle. Der Gesetzgeber habe eine solche Tariföffnung gewollt, um branchenspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Damit besteht für tarifgebundene Beschäftigte im Geltungsbereich des TV-EUmw/VKA kein zusätzlicher Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung.

Beamtenrecht

Eignung für das Beamtenverhältnis

VG München, Beschluss vom 14.03.2025 – M5 E 25.962

Sachverhalt:

Die Antragstellerin bewarb sich um die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien, vorrangig im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Das Kultusministerium lehnte die Zulassung ab, da die Antragstellerin durch ihre Beteiligung an linksextremistisch eingestuften Gruppen sowie durch öffentliche Äußerungen Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung aufkommen lasse. Das Landesamt für Verfassungsschutz verwies auf mehrere Aktivitäten der Antragstellerin im Umfeld der Gruppe OAKTM sowie auf Posts in sozialen Medien, in denen sie u.a. Gewalt gegen Sachen billigte und sich nicht eindeutig von Gewalt gegen Personen distanzierte. Zudem laufen gegen sie zwei Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung. Die Antragstellerin argumentierte, es liege eine unzulässige Einschränkung ihrer Berufsfreiheit vor und beantragte einstweiligen Rechtsschutz.

Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag auf vorläufige Zulassung zum Vorbereitungsdienst ab. Es sah die Einschätzung des Kultusministeriums, die Antragstellerin sei charakterlich nicht geeignet, als rechtlich nicht zu beanstanden an. Maßgeblich waren u.a. die Billigung von Straftaten, die fehlende klare Distanzierung von Gewalt gegen Personen sowie die Teilnahme an Aktionen verfassungsfeindlicher Gruppierungen. Auch eine Einstellung im Angestelltenverhältnis kam nicht in Betracht, da dieselben Eignungsanforderungen gelten. Das Gericht betonte, dass der Schutzraum Schule und das besondere Vertrauen in Lehrkräfte eine klare Verfassungstreue erfordern – diesem Anspruch genüge die Antragstellerin nach Würdigung aller Umstände nicht.

Schulrecht

Schulausschluss aufgrund von Fehlverhalten des Schülers

VGH München Beschluss vom 13.02.2025 – 7 CS 24.2156

Sachverhalt:
Die Eltern eines Schülers der 6. Jahrgangsstufe wandten sich gegen den vorläufigen Ausschluss ihres Sohnes vom Schulbesuch durch die Schulleitung. Der Ausschluss folgte auf einen Vorfall, bei dem der Schüler aus Wut einen Stuhl in Richtung seiner Mitschüler warf und einen weiteren Wurf nur durch das Eingreifen einer Lehrkraft verhinderte. Zuvor waren bereits mehrfach Ordnungsmaßnahmen wegen körperlicher Übergriffe und aggressiven Verhaltens gegen den Schüler verhängt worden. Die Schulleitung bestätigte den sofortigen Ausschluss mündlich und anschließend schriftlich auf Grundlage von Art. 87 Abs. 1 BayEUG. Die Eltern beantragten erfolglos die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen diese Maßnahme.

 

Entscheidung:
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde der Eltern zurück und bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der vorläufige Schulausschluss sei formell rechtmäßig, insbesondere sei keine Anhörung nach Art. 88 Abs. 3 BayEUG erforderlich, da dieser eine abschließende Sonderregelung darstelle. Auch materiell sei die Maßnahme rechtmäßig, da vom Schüler eine konkrete Gefahr für die Gesundheit anderer Schüler und Lehrkräfte ausgehe. Frühere Ordnungsmaßnahmen hätten keine Verhaltensänderung bewirkt, sodass der sofortige Ausschluss geboten gewesen sei. Eine Rückkehr in die Schule sei derzeit nicht vertretbar, da keine Anhaltspunkte für eine Verhaltensbesserung vorlägen.

News diese Woche:

Vorlage von Akten zu Corona-Ursprung durch BND abgelehnt

Der Axel Springer Verlag wollte vom Bundesnachrichtendienst (BND) Auskünfte über angebliche Erkenntnisse zum Ursprung des Coronavirus erhalten. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) lehnte diesen Antrag auf einstweilige Anordnung ab, da der BND durch eine Offenlegung in seiner Arbeitsweise und Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten gefährdet würde. Auch diplomatische Beziehungen, insbesondere zu China, könnten ernsthaft beeinträchtigt werden. Zudem überwiege in Bezug auf einen namentlich nicht genannten Virologen dessen Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Presse. Trotz der hohen öffentlichen Relevanz der Corona-Frage sah das Gericht keine Grundlage, um das Staatswohl zugunsten der Pressefreiheit zu gefährden.

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