Was bedeutet: Die maximale Härte des Rechtsstaates?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte sich tief betroffen über den Tod eines Polizeibeamten in Mannheim, der bei einer unfassbar brutalen Messerattacke sein Leben verlor. Der Beamte war mutig eingeschritten, um Leben zu retten, und starb im Dienst für unsere Sicherheit. Faeser betonte, dass die Ermittlungen unter Hochdruck laufen und der Täter mit maximaler Härte des Gesetzes bestraft werden muss. Falls sich ein islamistisches Motiv bestätigt, zeigt dies die Notwendigkeit, weiterhin gegen islamistischen Terror vorzugehen.
In Deutschland können Straftäter unter bestimmten Bedingungen in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden. Diese Bedingungen sind im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und anderen relevanten Gesetzen festgelegt.
1. Rechtsgrundlage
Die rechtliche Grundlage für die Ausweisung von Ausländern ist das Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Hier sind die maßgeblichen Paragraphen:
- § 53 AufenthG (Zwingende Ausweisung): Hier sind Fälle beschrieben, in denen eine Ausweisung zwingend erfolgt, z.B. bei schweren Straftaten.
- § 54 AufenthG (Regelausweisung): Hier sind Fälle beschrieben, in denen in der Regel eine Ausweisung erfolgt, z.B. bei wiederholter Straffälligkeit.
- § 55 AufenthG (Bleibeinteresse): Hier sind Fälle beschrieben, in denen eine Ausweisung im Ermessen der Behörden liegt.
2. Schwere der Straftat
Die Ausweisung kann zwingend erfolgen, wenn ein Ausländer wegen einer oder mehrerer schwerer Straftaten verurteilt wurde. Beispiele hierfür sind:
- Terrorismus
- Schwerer Drogenhandel
- Schwere Gewaltverbrechen
- Sexualverbrechen
3. Wiederholte Straffälligkeit
Bei wiederholter Straffälligkeit, auch bei weniger schweren Vergehen, kann eine Regelausweisung erfolgen. Hierbei wird geprüft, ob der Ausländer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.
4. Verhältnismäßigkeit und Schutz von Grundrechten
Bei der Entscheidung über eine Ausweisung muss die Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Das bedeutet, dass die Behörden prüfen müssen, ob die Ausweisung im konkreten Fall angemessen ist. Dabei werden unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt:
- Dauer des Aufenthalts in Deutschland: Je länger der Aufenthalt, desto höher ist die Schwelle für eine Ausweisung.
- Familiäre Bindungen in Deutschland: Wenn der Ausländer enge familiäre Bindungen hat, z.B. zu Ehepartner oder Kindern, wird dies berücksichtigt.
- Integration und Lebenssituation: Der Grad der Integration in die deutsche Gesellschaft kann eine Rolle spielen.
- Gefahr im Herkunftsland: Wenn dem Ausländer im Herkunftsland Folter, Todesstrafe oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, kann eine Ausweisung nicht erfolgen (Art. 3 EMRK).
5. Sicherungshaft und Abschiebung
Bevor eine Ausweisung durchgeführt wird, kann der Ausländer in Sicherungshaft genommen werden, um die Durchführung der Abschiebung zu gewährleisten. Die Abschiebung erfolgt dann, sobald alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt und Hindernisse beseitigt sind.
6. Rechtsmittel
Gegen die Ausweisung können Rechtsmittel eingelegt werden. Der Ausländer kann vor Gericht gehen, um die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung prüfen zu lassen. Dies kann zu einer Aussetzung der Abschiebung führen, bis eine gerichtliche Entscheidung vorliegt.
Beispielhafte Regelungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
- § 53 AufenthG: Zwingende Ausweisung bei schweren Straftaten.
- § 54 AufenthG: Regelausweisung bei bestimmten Straftaten oder Gefährdungen.
- § 55 AufenthG: Ermessensausweisung in anderen Fällen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ausweisung von Straftätern unter strengen rechtlichen Bedingungen und unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und des Schutzes von Grundrechten erfolgt. Die Behörden müssen dabei sowohl die öffentliche Sicherheit als auch die individuellen Umstände des betroffenen Ausländers berücksichtigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Beschluß vom 21.5.2024 veröffentlicht, in dem der Verfassungsbeschwerde eines türkischen Staatsangehörigen gegen seine Auslieferung in die Türkei überwiegend stattgegeben wird.
Der Beschwerdeführer wurde in der Türkei wegen mehrfachen Diebstahls zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im August 2022 ordnete das Oberlandesgericht seine Auslieferungshaft an. Nach einem Suizidversuch im Januar 2023, der ständige ärztliche Betreuung erforderte, wurde er im Februar 2023 inhaftiert. Das Oberlandesgericht erklärte seine Auslieferung zur Strafvollstreckung in der Türkei für zulässig, trotz seiner Suizidgefährdung. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Beschlüsse des Oberlandesgerichts den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzen, da der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Die Beschlüsse wurden teilweise aufgehoben und zur erneuten Prüfung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschluss vom 21. Mai 2024 2 BvR 1694/23
Praxis der Verwaltungsgerichte
Verwaltungsgerichte in Deutschland lehnen eine Abschiebung unter bestimmten Bedingungen ab, um die Rechte und den Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten.
1. Gefahr für Leib und Leben
Wenn im Herkunftsland dem Betroffenen eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben droht, kann eine Abschiebung abgelehnt werden. Dies kann durch Krieg, Bürgerkrieg, politische Verfolgung, Folter oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung bedingt sein.
2. Gesundheitszustand
Wenn der Gesundheitszustand des Betroffenen durch die Abschiebung erheblich verschlechtert würde oder die notwendige medizinische Versorgung im Herkunftsland nicht gewährleistet ist, kann eine Abschiebung aus humanitären Gründen abgelehnt werden.
3. Familien- und Privatleben
Eine Abschiebung kann abgelehnt werden, wenn sie das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Dies gilt insbesondere, wenn enge familiäre Bindungen in Deutschland bestehen und die Abschiebung zu einer unverhältnismäßigen Trennung der Familie führen würde.
4. Besondere Schutzbedürftigkeit
Besonders schutzbedürftige Personen, wie Kinder, ältere Menschen, Schwangere, Opfer von Menschenhandel oder traumatisierte Personen, können besonderen Schutz vor Abschiebung genießen. Ihre besondere Schutzbedürftigkeit muss im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden.
5. Völkerrechtliche Verpflichtungen
Eine Abschiebung kann abgelehnt werden, wenn sie gegen völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands verstößt. Dies schließt insbesondere den Grundsatz des Non-Refoulement gemäß Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention und Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ein, der die Rückführung in ein Land verbietet, in dem dem Betroffenen Folter oder unmenschliche Behandlung droht.
6. Verhältnismäßigkeitsprüfung
Eine Abschiebung muss verhältnismäßig sein. Die Gerichte prüfen, ob die Durchführung der Abschiebung im Einzelfall verhältnismäßig ist oder ob andere mildernde Maßnahmen möglich sind, die den Schutz des Betroffenen gewährleisten können.
7. Asylrechtliche Gründe
Wenn der Betroffene im Asylverfahren als Flüchtling oder asylberechtigt anerkannt wurde oder subsidiären Schutz genießt, kann eine Abschiebung nicht erfolgen. Ebenso kann ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bestehen, wenn ernsthafte individuelle Gefahren im Herkunftsland nachgewiesen werden.
8. Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
Eine Abschiebung kann auch ausgesetzt werden, wenn praktische Hindernisse bestehen, wie fehlende Reisedokumente, oder wenn die Durchführung der Abschiebung zeitlich nicht möglich ist. In solchen Fällen kann eine Duldung erteilt werden.
Beispiele für die Ablehnung einer Abschiebung durch Verwaltungsgerichte:
- Ein Verwaltungsgericht kann die Abschiebung ablehnen, wenn glaubhafte ärztliche Atteste vorliegen, die eine ernsthafte Suizidgefahr aufgrund der psychischen Verfassung des Betroffenen attestieren.
- Eine Abschiebung kann abgelehnt werden, wenn nachgewiesen wird, dass im Herkunftsland keine ausreichende medizinische Versorgung für eine schwere Krankheit des Betroffenen vorhanden ist.
- Wenn der Betroffene enge familiäre Bindungen in Deutschland hat und die Trennung eine unzumutbare Härte darstellt, kann das Gericht die Abschiebung aus Gründen des Familienschutzes ablehnen.