ZDF, Meinungsäußerung und journalistische Verantwortung – Zur Einordnung der Aussagen von Elmar Theveßen über Charlie Kirk

ÖRR und journalistische Sorgfaltspflicht: Der Fall ZDF / Theveßen
Derzeit wird in Deutschland heftig diskutiert, ob Elmar Theveßen wegen seiner Aussagen über Charlie Kirk das US-Visum entzogen werden könnte. Viele werten dies als möglichen Angriff auf die Meinungsfreiheit in Deutschland.
Ausgangslage
Im Podcast heute journal – der Podcast vom 11. September 2025 („Mord an rechtem Influencer Kirk: Eskaliert in den USA die politische Gewalt?“) äußerte sich Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Studios Washington, zu dem konservativen US-Aktivisten Charlie Kirk. Theveßen führte u.a. aus, Kirk habe gesagt, „dass Homosexuelle gesteinigt werden sollten, zu Tode gesteinigt werden sollten“.
Von heute journal – der Podcast: Mord an rechtem Influencer Kirk: Eskaliert in den USA die politische Gewalt?, 11. Sept. 2025
https://podcasts.apple.com/de/podcast/heute-journal-der-podcast/id1798670690?i=1000726389621&r=703
Aus dem Transkript der oben genannten Sendung Originalton Elmar Theveßen:
“Ändert nichts daran, dass die, ihr habt es vorhin mal angesprochen, die Rhetorik von Kirk extrem scharf war. Man würde sie auch als rechtsradikal eindeutig bezeichnen. Er war der Meinung, dass es eine, um einen Bevölkerungsaustausch geht in den USA, was Zuwarnung angeht.
Er hat gesagt, dass Homosexuelle gesteinigt werden sollten, zu Tode gesteinigt werden sollten. Er hat 9-11, ihr habt es angesprochen, gesagt, dass in New York jetzt Mandany, der linke Kandidat, eigentlich ein Hohn der Geschichte ist, nachdem 9-11 von Muslimen verübt wurde. Also es sind alles solche Äußerungen.”
Bereits zuvor hatte Theveßen ähnliche Einschätzungen zu Kirk in öffentlichen Diskussionen geäußert. In Print- und Onlinemedien wurde diese Behauptung kritisiert und als aus dem Zusammenhang gerissen oder unzutreffend eingeordnet.
Die Frage stellt sich, wie solche Äußerungen im Spannungsfeld von journalistischer Freiheit, Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen rechtlich zu bewerten sind.
Verfassungsrechtlicher Rahmen des ZDF
Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die Rundfunkfreiheit gewährleistet. Sie wird für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch den jeweiligen Rundfunkstaatsvertrag, insbesondere den ZDF-Staatsvertrag, konkretisiert.
a) Funktionsauftrag des ÖRR
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Der ÖRR ist verpflichtet, umfassend, wahrheitsgemäß, sachlich und ausgewogen zu berichten (vgl. § 5 Abs. 1 ZDF-StV).
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Eine besondere Pflicht besteht darin, zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden.
b) Stellung im demokratischen Prozess
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Der ÖRR nimmt eine herausgehobene Stellung im öffentlichen Diskurs ein.
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Gerade deshalb gilt für ihn ein strenger Maßstab an journalistische Sorgfaltspflichten, die über das hinausgehen, was für private Medienunternehmen unter Umständen noch von Art. 5 GG gedeckt wäre.
Juristische Einordnung der Theveßen-Aussage
a) Tatsachenbehauptung vs. Werturteil
Die Aussage, Charlie Kirk habe gesagt, „Homosexuelle sollten zu Tode gesteinigt werden“, ist eine konkrete Tatsachenbehauptung. Sie ist überprüfbar: Entweder existiert eine entsprechende Äußerung oder nicht.
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Liegt ein Beleg (z.B. Tonband, Rede, schriftliche Quelle) vor, wäre die Aussage als zulässige Tatsachenberichterstattung einzuordnen.
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Liegt kein Beleg vor oder wurde Kirk lediglich im Rahmen eines theologischen Arguments zitiert, das missverständlich wiedergegeben wurde, ist die Behauptung falsch.
b) Persönlichkeitsrecht und Verleumdungsgefahr
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Charlie Kirk (sofern lebend) hätte einen Anspruch auf Gegendarstellung (§ 10 Rundfunkstaatsvertrag) sowie Unterlassung und Schadensersatz nach §§ 823, 1004 BGB analog.
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Auch post mortem bleibt ein allgemeines Persönlichkeitsrecht geschützt, das insbesondere vor groben Entstellungen oder ehrenrührigen Falschbehauptungen schützt (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1021 – Caroline von Monaco).
c) Pflichtverletzung durch das ZDF
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Sollte die Behauptung unzutreffend sein, stellt sie einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht dar (§ 6 ZDF-StV i.V.m. § 57 RStV).
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Bei wiederholter oder schwerwiegender Verletzung könnten Programmbeschwerden (§ 21 ZDF-StV) erhoben werden.
In einem Artikel des Cicero wird berichtet, dass Elmar Theveßen im ZDF bei Markus Lanz behauptet hat, Charlie Kirk habe gesagt, „Homosexuelle sollten gesteinigt werden“. Cicero Online
Der Cicero-Faktencheck allerdings weist darauf hin, dass diese Behauptung verfälscht wiedergegeben sei. Kirk habe in einem Gespräch geäußert, dass, wenn man wörtlich Bibeltexte heranzieht, man daraus auch die Steinigung Homosexueller ableiten müsse, aber in dem Kontext sei das als Argumentationsstruktur zur Kritik an einer Auslegung der Bibel gemeint gewesen, also nicht als direkte Aufforderung, Gewalt auszuüben. Cicero Online
Verhältnis zu den USA und mögliche Einreiseverbote
Eine mögliche Sanktion auf US-Seite (z.B. Einreiseverbot) gegen deutsche Journalisten wegen solcher Aussagen ist rechtlich nicht absehbar.
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Einreiseverbote setzen in den USA in der Regel nationale Sicherheitsinteressen oder nachweisbare Beteiligung an Hate Speech bzw. Terrorpropaganda voraus.
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Die bloße Fehlzuschreibung oder Überspitzung in einer journalistischen Äußerung erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Bewertung
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Rechtslage:
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Die Äußerung Theveßens ist eine Tatsachenbehauptung, die belegbar sein muss.
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Wenn der Beleg fehlt oder die Aussage verkürzt aus dem Kontext gerissen ist, handelt es sich um eine journalistisch unzulässige Falschdarstellung.
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Pflichten des ZDF:
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Als ÖRR ist das ZDF zur besonderen Neutralität und Sorgfalt verpflichtet.
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Falschzitate verletzen diesen Auftrag und können rechtliche Folgen nach sich ziehen.
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Kein Einreiseverbot:
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Völkerrechtlich und praktisch ist nicht ersichtlich, dass journalistische Fehlzuschreibungen zu Einreiseverboten in die USA führen würden.
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