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Bundeswahlgesetz 2023 ist überwiegend verfassungsgemäß 

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

Bundeswahlgesetz 2023 ist überwiegend verfassungsgemäß 

Bundesverfassungsgericht

Urteil vom 30. Juli 2024 – 2 BvF 1/23, 2 BvF 3/23, 2 BvE 2/23, 2 BvE 9/23 , 2 BvE 10/23, 2 BvR 1523/23, 2 BvR 1547/23

Zur Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass das Zweitstimmendeckungsverfahren im Bundeswahlgesetz (BWahlG) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Jedoch verstößt die 5 %-Sperrklausel gegen die Verfassung, da sie die Chancengleichheit der Parteien und die Wahlgleichheit verletzt. Bis zur Neuregelung bleibt sie unter der Bedingung bestehen, dass Parteien, die weniger als 5 % der Zweitstimmen erhalten, nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen bekommen haben.

Die Bayerische Staatsregierung, 195 Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die CSU haben Anträge gegen das neue Zweitstimmendeckungsverfahren gestellt, das vorsieht, dass Wahlkreisbewerber nur dann ein Bundestagsmandat erhalten, wenn es von der Anzahl der Zweitstimmen ihrer Partei gedeckt ist. Zudem haben auch DIE LINKE und weitere Einzelpersonen die 5 %-Sperrklausel angefochten.

Das Zweitstimmendeckungsverfahren verteilt zunächst die Bundestagssitze nach dem Zweitstimmenergebnis auf die Landeslisten der Parteien. Erfolgreiche Wahlkreisbewerber rücken in der Rangfolge ihrer Erststimmenanteile an die Spitze der Landeslisten. Erhalten die Landeslisten mehr Sitze als erfolgreiche Wahlkreisbewerber, werden diese Sitze an Listenbewerber vergeben. Erhalten sie weniger, gehen Bewerber mit den wenigsten Erststimmen leer aus.

Die 5 %-Sperrklausel sieht vor, dass nur Parteien, die mindestens 5 % der bundesweiten Zweitstimmen erhalten, bei der Sitzverteilung berücksichtigt werden. Diese Klausel wurde von verschiedenen Parteien und Einzelpersonen angefochten, weil sie kleine Parteien benachteiligt.

Das Gericht entschied, dass das Zweitstimmendeckungsverfahren den Grundsatz der Wahlgleichheit und Chancengleichheit nicht verletzt, da alle Wahlstimmen gleich gezählt und behandelt werden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, das Wahlrecht zu reformieren, ist legitim und das Zweitstimmendeckungsverfahren bleibt verfassungskonform.

Jedoch ist die 5 %-Sperrklausel in ihrer jetzigen Form nicht notwendig, um die Funktionsfähigkeit des Bundestages zu sichern. Sie verhindert die Berücksichtigung von Parteien, die bundesweit weniger als 5 % der Zweitstimmen erhalten, auch wenn diese in der Lage wären, eine gemeinsame Fraktion mit einer anderen Partei zu bilden, die zusammen die Sperrklausel überwinden könnten.

Das Urteil besagt, dass die Sperrklausel modifiziert werden muss, um die Chancengleichheit zu wahren. Bis dahin bleibt die Sperrklausel mit der Maßgabe bestehen, dass Parteien mit weniger als 5 % der Zweitstimmen berücksichtigt werden, wenn ihre Bewerber in mindestens drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen erhalten haben.

Zusammenfassend hat das Gericht das Zweitstimmendeckungsverfahren als verfassungsgemäß bestätigt, jedoch die 5 %-Sperrklausel als verfassungswidrig bewertet und eine Anpassung dieser Klausel gefordert.

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