BVerfG zur Einberufung des 20. Deutschen Bundestages am 13./18. März 2025

Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Einberufung des 20. Deutschen Bundestages/ Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Grundgesetzes datieren vom 13.März 2025 – der Bundestag trat am 13. März 2025 zusammen.
Drei Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Einberufung des 20. Deutschen Bundestages
Am 13. März 2025 hat das Bundesverfassungsgericht drei Beschlüsse (2 BvE 2/25, 2 BvE 3/25 und 2 BvE 5/25) zur Frage der Einberufung des 20. Deutschen Bundestages nach der Bundestagswahl 2025 gefasst. Diese Entscheidungen betreffen Klagen verschiedener Abgeordneter und Fraktionen, die sich gegen die Abhaltung von Sondersitzungen des scheidenden Bundestages wandten. Die zentrale juristische Fragestellung war, ob die Einberufung des alten Bundestages nach einer bereits erfolgten Neuwahl verfassungsgemäß ist.
1. Beschluss 2 BvE 5/25 („Alt-Bundestag III“)
Anträge der AfD-Fraktion und einzelner Abgeordneter
Die Antragsteller, darunter die AfD-Fraktion des 20. Deutschen Bundestages sowie zwei einzelne Abgeordnete, machten geltend, dass die Einberufung von Sondersitzungen des alten Bundestages am 13. und 18. März 2025 verfassungswidrig sei. Sie beriefen sich auf das Recht zur Parlamentsautonomie sowie das Selbstorganisations- und Selbstversammlungsrecht nach Art. 38 Abs. 1 GG und Art. 39 GG. Zudem rügten sie eine Verletzung ihres freien Mandats, da sie an der parlamentarischen Willensbildung gehindert würden.
Entscheidung des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht wies die Anträge als unbegründet zurück. Es stellte klar, dass der 20. Deutsche Bundestag bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages weiterhin verfassungsrechtlich legitimiert ist. Nach Art. 39 Abs. 1 S. 2 GG endet die Wahlperiode erst mit dem Zusammentritt des neu gewählten Bundestages. Damit wird gewährleistet, dass es keine Phase ohne ein arbeitsfähiges Parlament gibt. Die Einberufung einer Sondersitzung durch die Bundestagspräsidentin war daher verfassungsrechtlich zulässig.
2. Beschluss 2 BvE 3/25 („Alt-Bundestag I“)
Antrag der Vor-Fraktion Die Linke
Die Antragsteller, darunter Abgeordnete der zukünftigen Fraktion Die Linke im 21. Deutschen Bundestag, beantragten festzustellen, dass die Einberufung des 20. Bundestages ihre Mitwirkungsrechte verletze. Sie argumentierten, dass der neue Bundestag bereits konstituierungsfähig sei und die Entscheidungskompetenz daher nicht mehr beim alten Bundestag liege.
Entscheidung des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht wies den Antrag als unbegründet ab. Es stellte fest, dass die Einberufung des alten Bundestages die Konstituierung des neuen Bundestages nicht verhindert. Die Bundestagspräsidentin habe das Recht, nach Art. 39 Abs. 3 GG Sitzungen des alten Bundestages einzuberufen, solange der neue Bundestag noch nicht offiziell konstituiert ist. Die Wahlperiode des alten Bundestages endet erst mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages, und das Grundgesetz setzt hierfür – abgesehen von der 30-Tage-Frist nach Art. 39 Abs. 2 GG – keine weiteren Vorgaben.
3. Beschluss 2 BvE 2/25 („Alt-Bundestag II“)
Antrag mehrerer Abgeordneter der AfD
Mehrere Abgeordnete beantragten, die Anberaumung von Sondersitzungen am 13. und 18. März 2025 zu untersagen. Hilfsweise sollte festgestellt werden, dass grundgesetzändernde Anträge nicht auf die Tagesordnung des alten Bundestages gesetzt werden dürfen. Sie begründeten dies mit der fehlenden demokratischen Legitimation des aufgelösten Bundestages und verwiesen auf den umfangreichen Beratungsbedarf hinsichtlich der geplanten Verfassungsänderungen.
Entscheidung des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Anträge. Es entschied, dass die Bundestagspräsidentin keine spezifischen Gründe benötigt, um eine Sitzung des alten Bundestages einzuberufen. Die Entscheidung über das Stattfinden einer Sitzung liege letztlich beim Bundestag selbst. Zudem sei das Quorum für die Einberufung nach Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG nicht zwingend erforderlich, wenn die Präsidentin von sich aus tätig wird. Eine Verletzung des Rechts auf informierte Beratung sei nicht substantiiert dargelegt worden.
Ergebnis:
Alle drei Organstreitverfahren endeten mit der Zurückweisung der Anträge. Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass der alte Bundestag bis zur Konstituierung des neuen Bundestages voll handlungsfähig bleibt. Die Bundestagspräsidentin ist berechtigt, Sitzungen einzuberufen, solange die verfassungsrechtlich festgelegte 30-Tage-Frist für die Konstituierung des neuen Bundestages nicht abgelaufen ist.
Die Entscheidungen sollen die Kontinuität der parlamentarischen Arbeit in Deutschland unterstreichen und klarstellen, dass keine rechtliche Verpflichtung besteht, die Konstituierung des neuen Bundestages zu beschleunigen.
Einstweilige Anordnung gegen Sondersitzungen des 20. Deutschen Bundestages abgelehnt – Beschluß des BVerfG (2 BvE 4/25)
Am 13. März 2025 hat das Bundesverfassungsgericht einen weiteren Organstreit (2 BvE 4/25 – „Alt-Bundestag IV“) entschieden, der sich gegen die Einberufung und den Zeitplan der Sondersitzungen des 20. Deutschen Bundestages richtete. Die Antragstellerin, die fraktionslose Abgeordnete Joana Cotar, rügte insbesondere eine Verletzung ihres Rechts auf gleichberechtigte Mitwirkung am Gesetzgebungsverfahren gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG.
Der Sachverhalt
Die Antragstellerin wandte sich gegen die kurzfristige Einberufung der Sondersitzungen des 20. Deutschen Bundestages am 13. und 18. März 2025, bei denen über Änderungen des Grundgesetzes beraten werden sollte. Sie machte geltend, dass ihr aufgrund des engen Zeitplans und fehlender personeller Ressourcen als fraktionslose Abgeordnete keine ausreichende Möglichkeit zur Prüfung und Mitwirkung gegeben sei. Zudem argumentierte sie, dass die Bundestagspräsidentin den alten Bundestag nicht ohne Zustimmung von mindestens einem Drittel der Abgeordneten gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG hätte einberufen dürfen.
Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts
1. Keine einstweilige Anordnung aufgrund der Folgenabwägung
Das BVerfG prüfte die Interessen der Antragstellerin an der gleichberechtigten Mitwirkung einerseits und die Funktionsfähigkeit des Parlaments andererseits. Dabei stellte es fest, dass die geplanten Sondersitzungen einen engen verfassungsrechtlichen Zeitrahmen haben, da der 21. Deutsche Bundestag spätestens am 30. Tag nach der Wahl zusammentreten müsse (Art. 39 Abs. 2 GG).
Das Gericht betonte, dass eine einstweilige Anordnung nicht bloß eine Verzögerung der Beratungen, sondern eine vollständige Verhinderung der Beschlussfassung bedeuten würde. Dadurch würden die Abgeordneten des alten Bundestages in ihrem eigenen Recht auf Beschlussfassung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.
2. Unzureichende Substantiierung einer Rechtsverletzung
Die Antragstellerin hatte argumentiert, dass die kurzen Fristen sie in ihrem Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung verletzen. Das BVerfG stellte jedoch fest, dass das Grundgesetz keine spezifischen Mindestfristen für parlamentarische Beratungen vorschreibt und die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt habe, inwiefern sie sich nicht auf die Debatte hätte vorbereiten können.
Das Gericht berief sich dabei auf frühere Entscheidungen, insbesondere den Beschluss zum Gebäudeenergiegesetz (BVerfGE 166, 304), wonach parlamentarische Minderheiten ihre Rechte auf Mitwirkung konkret darlegen müssen.
3. Kein Eingriff in das Selbstversammlungsrecht des Bundestages
Die Antragstellerin hatte sich zudem darauf berufen, dass die Einberufung der Sondersitzungen nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Das BVerfG stellte jedoch klar, dass die Bundestagspräsidentin nach Art. 39 Abs. 3 Satz 2 GG befugt ist, den Bundestag jederzeit einzuberufen. Die Bestimmung, wonach ein Drittel der Abgeordneten eine Sitzung verlangen kann (Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG), stellt lediglich eine zusätzliche Einberufungsmöglichkeit dar, schließt aber die Initiative der Präsidentin nicht aus.
Ergebnis:
Das Bundesverfassungsgericht hat mit diesem Beschluss bestätigt, dass der alte Bundestag bis zur Konstituierung des neuen Parlaments voll handlungsfähig bleibt. Die Einberufung von Sondersitzungen verstößt weder gegen das Demokratieprinzip noch gegen die Rechte einzelner Abgeordneter auf gleichberechtigte Mitwirkung.
Durch die Entscheidung wird klargestellt, dass parlamentarische Verfahren grundsätzlich nicht durch einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts unterbrochen werden, solange die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Einberufung nicht offensichtlich verletzt sind. Der Beschluss unterstreicht somit die Autonomie des Parlaments und dessen eigene Verantwortung für eine ordnungsgemäße Gesetzgebung.