Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Frage, ob einer Vereinigung von Grundpfandrecht und Eigentum iSv § 1179a Abs. 1 S. 1 BGB in der Person des Staatserben die Dürftigkeitseinrede entgegenstehen kann
OLG München – 9.12.2024 – Beschluss – 19 U 1039/24e
Sachverhalt:
Eine Bank klagte gegen ein Bundesland als Fiskalerben auf eine höhere Zuteilung aus dem Versteigerungserlös einer überschuldeten Immobilie. Die Bank berief sich auf § 1179a BGB und machte geltend, dass sie aufgrund eines Löschungsanspruchs einen zusätzlichen Betrag aus dem Erlös beanspruchen könne. Der Fiskus argumentierte, dass er als Zwangserbe gemäß § 1936 BGB keinen Vorteil daraus ziehen könne und berief sich zudem auf die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses. Das Landgericht München I gab der Klage der Bank statt und verurteilte das Bundesland zur Zustimmung zur Auszahlung des strittigen Betrags. Dagegen legte das Land Berufung ein und erhob eine Widerklage auf Rückzahlung des Betrags.
Entscheidung:
Das Oberlandesgericht München wies die Berufung des Fiskus zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Es entschied, dass der Löschungsanspruch gemäß § 1179a BGB greift, da das Grundpfandrecht und das Eigentum in einer Hand vereint waren. Die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses ändere daran nichts, da sie nicht zu einer formellen Trennung von Nachlass- und Eigenvermögen des Fiskus führe. Die Widerklage auf Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrags wurde ebenfalls abgewiesen. Das Gericht ließ jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zu, da die Rechtsfrage zur Anwendung des § 1179a BGB auf staatliche Fiskalerbschaften bislang höchstrichterlich ungeklärt ist
Arbeitsrecht
Voraussetzungen zur Befristung eines Arbeitsvertrages
LAG Niedersachsen – Urteil vom 10.12.2024 – 10 Sla 230/24
Sachverhalt:
Ein Arbeitnehmer klagte gegen die Befristung seines Arbeitsvertrags, die mit einem vorübergehenden Mehrbedarf aufgrund pandemiebedingt ausgefallener Lehrveranstaltungen begründet wurde. Der Arbeitgeber argumentierte, dass durch eine Umverteilung der Aufgaben der Mehrbedarf entstanden sei, auch wenn der Kläger nicht direkt mit der Nachholung der ausgefallenen Veranstaltungen betraut war. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, da der Arbeitgeber keinen ausreichenden Zusammenhang zwischen dem befristeten Arbeitsverhältnis und dem behaupteten Mehrbedarf dargelegt hatte. Der Arbeitgeber legte Berufung ein und machte geltend, dass der durch die Pandemie entstandene Mehraufwand offenkundig gewesen sei. Zudem sei die Umverteilung der Arbeitsmenge eine zulässige organisatorische Maßnahme, um den zusätzlichen Bedarf abzudecken.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die Berufung des Arbeitgebers zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Es stellte klar, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses wegen vorübergehenden Mehrbedarfs nur gerechtfertigt ist, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem prognostizierten Bedarf und der befristeten Einstellung besteht. Der Arbeitgeber konnte diesen Zusammenhang nicht ausreichend darlegen, da er keine konkrete Darstellung der Aufgabenverlagerung und deren Auswirkungen auf den Kläger erbrachte. Ein bloßer Hinweis auf eine allgemeine Umverteilung oder einen erhöhten Arbeitsanfall reiche nicht aus, um eine sachliche Befristung zu rechtfertigen. Da die Beklagte ihre Beweislast nicht erfüllte, blieb die Befristung unwirksam, und die Klage hatte Erfolg.
Beamtenrecht
Entfernung aus dem Dienst wegen unbefugter Weitergabe von Daten
BVerwG Beschluss vom 10.12.2024 – 2 B 19.24
Sachverhalt:
Ein Polizeimeister des Freistaates Sachsen wurde aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem er in 17 Fällen unbefugt Daten aus polizeilichen Informationssystemen abgefragt und ein Zeugenprotokoll an seine damalige Lebensgefährtin weitergegeben hatte. Bereits 2011 war er wegen einer ähnlichen Pflichtverletzung zum Polizeimeister zurückgestuft worden. Das Verwaltungsgericht Dresden sah in den erneuten Datenschutzverstößen ein schwerwiegendes Dienstvergehen und entschied auf die Entfernung aus dem Dienst. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen bestätigte diese Entscheidung und führte aus, dass der Beklagte durch sein Verhalten das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Der Beamte legte daraufhin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein.
Entscheidung:
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Es stellte klar, dass eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht automatisch bei jeder Verletzung der Geheimhaltungspflicht erfolgt, sondern stets eine Einzelfallbewertung erforderlich ist. Im konkreten Fall sei die Disziplinarmaßnahme jedoch gerechtfertigt, da der Beamte trotz einer früheren Sanktion erneut gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe. Zudem betonte das Gericht, dass die Geheimhaltungspflicht eine Kernpflicht eines Polizeibeamten darstellt und deren Verletzung schwer wiegt. Da weder grundsätzliche Rechtsfragen noch Verfahrensmängel vorlagen, wurde die Revision nicht zugelassen.
Schulrecht
Körperverletzungen in der Schule sind grundsätzlich geeignet, besonders schwere Störungen des Schul- und Unterrichtsbetriebes zu begründen.
VG Kassel Urteil vom 12.02.2025 – 7 K 325/24.KS
Sachverhalt:
Ein Schüler der E-Schule in A-Stadt wurde für eine Woche vom Unterricht ausgeschlossen, weil er mehrfach störendes Verhalten gezeigt hatte. Der Hauptvorfall ereignete sich am 8. Dezember 2023, als er während des Unterrichts provozierend auftrat, sich mit Mitschülern stritt und schließlich einen Mitschüler mit einem Klebestift bewarf sowie mehrfach boxte. Zusätzlich wurde ihm vorgeworfen, eine Lehrkraft angeschrien, sich geweigert zu haben, sein Handy auszuschalten, und ein Mädchen absichtlich mit ihrem alten Namen angesprochen zu haben. Die Eltern des Schülers legten Widerspruch ein, da sie eine unzureichende Prüfung der Vorfälle und unangemessene Maßnahmen bemängelten. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch das Schulamt erhob der Schüler Klage gegen die Ordnungsmaßnahme.
Entscheidung:
Das Gericht erklärte den Ausschluss vom Unterricht für rechtswidrig, da keine besonders schwere Störung des Schulbetriebs vorlag. Zwar seien Regelverstöße des Schülers erkennbar, doch einzelne Provokationen, verbale Auseinandersetzungen und ein einmaliger körperlicher Angriff ohne bleibende Folgen rechtfertigten keine derart einschneidende Maßnahme. Zudem sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der Mitschüler den Vorfall mit dem Klebestift mitverursacht habe. Das Gericht betonte, dass mildere pädagogische Maßnahmen Vorrang haben und eine solche Ordnungsmaßnahme nur bei anhaltender erheblicher Störung gerechtfertigt sei. Die Forderung des Schülers, alle entsprechenden Unterlagen aus der Schülerakte zu entfernen, wurde hingegen abgelehnt.
News diese Woche:
BGH zieht Halbteilungsgrundsatz für Maklerprovision durch
Ein Immobilienmakler hatte ausschließlich mit der Verkäuferin einer Doppelhaushälfte einen Vertrag über eine Provision von 25.000 Euro abgeschlossen. Die Käufer wurden dennoch verpflichtet, diesen Betrag vollständig an den Makler zu zahlen, während die Verkäuferin keine Provision übernahm. Der Bundesgerichtshof entschied, dass diese Regelung gegen den Halbteilungsgrundsatz nach § 656d BGB verstößt und daher unwirksam ist. Da der Maklervertrag nur mit der Verkäuferin bestand, hätte sie mindestens die Hälfte der Provision tragen müssen. Die Käufer können deshalb den gesamten Betrag vom Makler zurückfordern.