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Jan Böhmermann, das ZDF und die Wahrheit

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

Jan Böhmermann, das ZDF und die Wahrheit

Rundfunkbeitrag

Arne Schönbohm, der ehemalige Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), führt einen Rechtsstreit gegen das ZDF und den Satiriker Jan Böhmermann. Grund hierfür sind Vorwürfe, die in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 7. Oktober 2022 erhoben wurden. In der Sendung stellte Böhmermann Schönbohm als „Floppy, der Disketten-Clown“ und „Cyberclown“ dar und suggerierte eine Nähe zu russischen Geheimdiensten, was den Vorwurf implizierte, Schönbohm gefährde die deutsche Cybersicherheit.

Schönbohm klagt vor dem Landgericht München auf Unterlassung dieser Aussagen und fordert eine Entschädigung in Höhe von 100.000 Euro. Sein Anwalt, Markus Hennig, äußerte nach der Verhandlung am Donnerstag, dass das Gericht die Unterlassungsansprüche in einer vorläufigen Einschätzung als gerechtfertigt betrachte. Die finale Entscheidung wird allerdings erst Ende November erwartet.

Im Zentrum des Streits steht die Behauptung Böhmermanns, Schönbohm sei über den von ihm mitgegründeten „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“ möglicherweise in Kontakt mit russischen Geheimdiensten geraten. Der Sicherheitsrat steht aufgrund von Verbindungen eines späteren Mitgliedsunternehmens zu ehemaligen KGB-Agenten in der Kritik. Allerdings war Schönbohm bereits Jahre vor dem Beitritt des Unternehmens aus dem Verein ausgetreten und hatte nach seiner Ernennung zum Präsidenten des BSI keinen direkten Kontakt mehr zu diesem Verein.

In der Folge der Ausstrahlung der Böhmermann-Sendung wurde Schönbohm von Bundesinnenministerin Nancy Faeser von seinem Posten beim BSI entbunden und auf eine weniger bedeutende Position bei der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung versetzt. Schönbohm berichtet, dass die Sendung gravierende Auswirkungen auf sein Berufs- und Privatleben hatte, darunter gesundheitliche Probleme und persönliche Schikanen.

Das ZDF weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, die Berichterstattung sei rechtmäßig und durch ausreichende Recherchen gestützt. Böhmermanns Anwalt sieht in den Äußerungen eine zulässige Meinungsäußerung, insbesondere die Kritik, dass Schönbohm die Cybersicherheit gefährdet habe. Das ZDF betont, dass die Sendung nicht direkt behauptet habe, Schönbohm stehe bewusst in Kontakt mit russischen Geheimdiensten.

Das Gericht äußerte sich skeptisch bezüglich der Tatsachenbehauptungen und bat die Parteien um weitere Stellungnahmen zu den Schadensersatzforderungen. Während die Unterlassungsklage voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben könnte, bleibt die Frage der Entschädigung noch offen.

 

Es ist nicht das einzige Verfahren gegen Jan Böhmermann, den das ZDF trotz aller Kritik hält:

Der Moderator und Komiker Jan Böhmermann erhält vom ZDF eine jährliche Apanage von 651.000 Euro plus Mehrwertsteuer. Bis 2025 soll die Summe auf 713.000 Euro jährlich steigen. Das geht aus dem Dreijahresvertrag hervor, den das ZDF Ende 2022 mit dem TV-Komiker geschlossen hat. Über die geheimgehaltenen Summen berichtet nun die „Welt am Sonntag“.

So die FAZ am 30.9. 2023.

Jan Böhmermann war in der Vergangenheit in mehrere Gerichtsverfahren verwickelt. Hier sind einige der bekanntesten Fälle:

  1. Schmähgedicht über Recep Tayyip Erdoğan (2016): Böhmermann trug in seiner Sendung ein satirisches Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vor. Dies führte zu einer diplomatischen Krise zwischen Deutschland und der Türkei und zu mehreren Gerichtsverfahren. Ein Gericht entschied später, dass Teile des Gedichts unzulässig seien und nicht wiederholt werden dürften.

  2. Verfahren wegen Beleidigung (2016): Im Zusammenhang mit dem Erdoğan-Gedicht wurde Böhmermann auch wegen Beleidigung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch ein, da sie keine strafbare Handlung erkennen konnte.

  3. Streit mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2021): Böhmermann behauptete, dass ein Interview mit ihm auf Betreiben des Herausgebers zurückgehalten wurde. Dies führte zu einem öffentlichen Streit und rechtlichen Auseinandersetzungen.

  4. Der sogenannte Honig-Streit zwischen Jan Böhmermann und dem Imker Rico Heinzig aus Meißen begann im November 2023. Böhmermann hatte in seiner Sendung “ZDF Magazin Royale” die Bio-Imkerei von Heinzig kritisiert und ihr vorgeworfen, sich nur aus Marketinggründen für Nachhaltigkeit und Artenschutz einzusetzen, was er als “Beewashing” bezeichnete.

    Als Reaktion darauf begann Heinzig, seinen Honig mit Böhmermanns Foto und Namen zu bewerben, was zu einer satirischen Werbeaktion führte. Böhmermann klagte gegen diese Nutzung seines Bildes und Namens, verlor jedoch sowohl vor dem Landgericht Dresden als auch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Dresden. Die Gerichte sahen in der Aktion des Imkers eine zulässige satirische Reaktion auf Böhmermanns Kritik.

Ist das Verhalten von Jan Böhmermann noch vom öffentlich-rechtlichen Auftrag des ZDF gedeckt?

Ob das Verhalten von Jan Böhmermann im Rahmen von Satire mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des ZDF vereinbar ist, hängt von der Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit einerseits und dem öffentlichen Informationsauftrag andererseits ab.

Satire hat grundsätzlich einen weiten Spielraum im Rahmen der Meinungs- und Kunstfreiheit, wie sie im Grundgesetz geschützt sind (Art. 5 GG). Satiriker dürfen übertreiben, ironisieren und sogar bewusst provozieren, um gesellschaftliche Missstände oder politische Themen aufzugreifen. Böhmermann bewegt sich in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ oft in diesem Spannungsfeld, indem er brisante politische Themen satirisch kommentiert. Dabei ist es typisch für Satire, dass die Grenze zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung nicht immer eindeutig ist.

Allerdings gibt es auch rechtliche Grenzen. Wenn eine satirische Sendung unwahre Tatsachenbehauptungen aufstellt, die den Ruf einer Person schädigen, kann dies zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen führen, wie es im Fall von Arne Schönbohm deutlich wird. Der Vorwurf, Schönbohm könnte Verbindungen zu russischen Geheimdiensten haben, fällt in den Bereich einer Tatsachenbehauptung, die rechtlich überprüft werden muss. Sollte das Gericht diese Behauptung als unzulässig bewerten, könnte das ZDF verpflichtet sein, eine Richtigstellung vorzunehmen oder Schadenersatz zu leisten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, zu dem das ZDF gehört, hat den Auftrag, zur Meinungsbildung beizutragen, und dies schließt auch satirische Formate ein. Allerdings wird von öffentlich-rechtlichen Sendern erwartet, dass sie sich durch journalistische Sorgfaltspflicht und ausgewogene Berichterstattung auszeichnen. In diesem Kontext ist zu prüfen, ob Böhmermanns satirische Darstellung tatsächlich noch im Einklang mit der Informations- und Bildungsfunktion des ZDF steht oder ob hier Persönlichkeitsrechte verletzt wurden.

Insgesamt bleibt es eine Frage der gerichtlichen Entscheidung, ob die Satire von Böhmermann in diesem Fall die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Auftrags überschritten hat oder ob sie als zulässige Meinungsäußerung und künstlerische Freiheit zu werten ist. Warten wir die Entscheidung des Landgerichts München ab.

Nachtrag: Jan Böhmermann hat den Deutschen Fernsehpreis 2024 in der Kategorie Beste Unterhaltungsshow für seine ZDF-Sendung “Lass dich überwachen!” gewonnen. In dieser Show werden Gäste mit ihren zuvor gesammelten Spuren im Internet konfrontiert, was oft zu überraschenden Momenten führt.

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