Meta: Facebook und Instagram schaffen Faktenchecker ab

Meta, der Mutterkonzern von Facebook und Instagram, hat angekündigt, sein bisheriges Faktenprüfungsprogramm in den USA einzustellen. Stattdessen plant das Unternehmen, ein neues System einzuführen, das den Nutzern ermöglicht, irreführende oder falsche Inhalte selbst zu kennzeichnen. Dieses Modell ähnelt den „Community Notes“ der Plattform X (ehemals Twitter).
Meta-Chef Mark Zuckerberg begründete diesen Schritt mit dem Wunsch, die „freie Meinungsäußerung“ auf den Plattformen zu stärken. Er erklärte, dass die bisherigen Maßnahmen zur Moderation von Inhalten, insbesondere bei sensiblen Themen wie Migration und Geschlechterfragen, nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung stünden. Zudem bezeichnete er die jüngsten US-Präsidentschaftswahlen als „kulturellen Wendepunkt“, der eine Neuausrichtung erforderlich mache.
Die Europäische Union hat Meta davor gewarnt, ähnliche Änderungen in Europa vorzunehmen. Ein Sprecher der EU-Kommission verwies auf bestehende rechtliche Vorgaben zum Schutz vor Desinformationen und betonte, dass Verstöße gegen diese Regelungen zu hohen Geldstrafen führen könnten.
Wer führt in Deutschland den Faktencheck für Facebook durch?
In Deutschland wurde der Faktencheck auf Facebook bislang von den folgenden Organisationen durchgeführt:
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CORRECTIV.Faktencheck: Seit Januar 2017 überprüft das gemeinnützige Recherchezentrum CORRECTIV Falschmeldungen auf Facebook. Correctiv
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Deutsche Presse-Agentur (dpa): Seit März 2019 ist die dpa Teil des Faktenprüferprogramms von Facebook und überprüft Inhalte auf ihren Wahrheitsgehalt. Über Facebook
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Agence France-Presse (AFP): Seit September 2020 ist AFP der dritte Partner, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig ist, um fragwürdige Nachrichten, Bilder und Videos auf Facebook und Instagram zu überprüfen.
Diese Organisationen sind durch das unabhängige International Fact-Checking Network (IFCN) zertifiziert und arbeiten nach journalistischen Standards, um die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen.
Wer oder was ist Correctiv?
CORRECTIV.Faktencheck ist eine eigenständige Redaktion innerhalb des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Dieses Zentrum führte die Recherche über das Treffen in Potsdam durch, bei dem AfD-Politiker und Rechtsextreme Pläne zur sogenannten „Remigration“ diskutierten.
Obwohl CORRECTIV.Faktencheck und die investigative Redaktion von CORRECTIV unterschiedliche Aufgaben haben, gehören sie zur selben Organisation. Daher stammen sowohl der Faktencheck auf Facebook als auch die Recherche über das Potsdamer Treffen von CORRECTIV.
CORRECTIV finanziert seine Arbeit durch ein Drei-Säulen-Modell:
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Spenden von Bürgerinnen und Bürgern: Im Jahr 2023 erhielt CORRECTIV rund 1,89 Millionen Euro von privaten Unterstützerinnen und Unterstützern. Statista
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Förderungen durch Stiftungen und öffentliche Hand: Im selben Zeitraum kamen etwa 1,8 Millionen Euro von Stiftungen wie der Schöpflin Stiftung und der Stiftung Mercator. Zudem erhielt CORRECTIV staatliche Förderungen, beispielsweise von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen, die für klar abgegrenzte Projekte in den Bereichen Medienbildung und Strukturförderung verwendet werden. Correctiv
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Eigene wirtschaftliche Aktivitäten: CORRECTIV generiert Einnahmen durch den Verkauf von Büchern über den CORRECTIV.Verlag und durch Dienstleistungen wie das Faktencheck-Programm für Meta (Facebook). Diese Tätigkeiten sind größtenteils in die Tochtergesellschaft CORRECTIV – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG ausgelagert. Correctiv
Diese diversifizierte Finanzierung soll die Unabhängigkeit und Stabilität von CORRECTIV gewährleisten. Die Organisation legt großen Wert auf Transparenz und veröffentlicht regelmäßig detaillierte Berichte über ihre Finanzen und Geldgeber.
Die Frage, ob CORRECTIV als unabhängig und journalistisch frei im Sinne des Grundgesetzes betrachtet werden kann, hängt von der Definition und den Maßstäben ab, die an diese Begriffe angelegt werden. Hier sind die wesentlichen Punkte, die zu berücksichtigen sind:
1. Finanzierung und Unabhängigkeit
- CORRECTIV finanziert sich über Spenden, Stiftungsgelder und wirtschaftliche Tätigkeiten.
- Positiv: Die breite Streuung der Geldquellen, insbesondere durch Bürgerinnen und Bürger, kann als Zeichen einer gewissen Unabhängigkeit gewertet werden, da es keine alleinige Abhängigkeit von einem einzelnen Geldgeber gibt.
- Kritisch: Ein Teil der Finanzierung stammt von großen Stiftungen (z. B. Stiftung Mercator, Schöpflin Stiftung) und der öffentlichen Hand. Dies wirft die Frage auf, ob solche Geldquellen einen indirekten Einfluss auf die redaktionelle Arbeit ausüben könnten.
2. Journalistische Freiheit im Sinne des Grundgesetzes
- Artikel 5 GG garantiert die Pressefreiheit, die auch für gemeinnützige Organisationen wie CORRECTIV gilt.
- Positiv: CORRECTIV arbeitet nach journalistischen Standards und hat eine transparente Arbeitsweise. Zudem ist es durch das International Fact-Checking Network (IFCN) zertifiziert, das strikte Unabhängigkeits- und Qualitätsanforderungen stellt.
- Kritisch: Da CORRECTIV staatliche Fördermittel erhält, könnte argumentiert werden, dass dies die Wahrnehmung von Unabhängigkeit beeinträchtigt. Kritiker behaupten zudem, dass die Nähe zu bestimmten Stiftungen oder politischen Positionen die Neutralität beeinflussen könnte.
3. Objektivität und Kritik
- Positiv: CORRECTIV ist bemüht, seine Arbeit transparent zu gestalten und veröffentlicht Berichte über Finanzierung und Methodik.
- Kritisch: Wie bei jeder journalistischen Organisation wird die Auswahl und Schwerpunktsetzung bei Themen kritisiert. Gegner werfen CORRECTIV vor, einseitig zu agieren und bestimmte politische Narrative zu fördern.
Formal betrachtet kann CORRECTIV als journalistisch unabhängig bezeichnet werden, da es sich an die Prinzipien der Pressefreiheit (Art. 5 GG) hält und seine Finanzierung diversifiziert ist. Allerdings hängt die tatsächliche Wahrnehmung von Unabhängigkeit und Neutralität von der individuellen Bewertung der Geldquellen und der Berichterstattung ab.
Es ist wichtig, dass Organisationen wie CORRECTIV regelmäßig überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Interessenkonflikte durch staatliche oder private Geldgeber. Transparenzberichte sind ein Schritt in die richtige Richtung, können jedoch nicht alle Zweifel ausräumen.
Was ist die dpa und wie finanziert sie sich?
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist die größte Nachrichtenagentur Deutschlands und agiert als Gemeinschaftsunternehmen deutscher Medien.
Gesellschafterstruktur:
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Anzahl der Gesellschafter: Rund 170 deutsche Medienunternehmen, darunter Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sowie öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanstalten.
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Anteile: Kein Gesellschafter kann mehr als 1,5 % des Stammkapitals halten; für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gelten höhere Grenzen, jedoch insgesamt maximal 15 %. Die Summe aller Anteile von Rundfunkgesellschaften darf 25 % nicht überschreiten. Diese Regelungen sichern die Unabhängigkeit der dpa. dpa
Finanzierung:
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Haupteinnahmequelle: Der Großteil der Einnahmen stammt aus dem Vertrieb von Nachrichten und Inhalten an Medienunternehmen, die für die Nutzung der Dienste Gebühren entrichten.
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Staatliche Förderungen: In den vergangenen Jahren erhielt die dpa auch staatliche Mittel für spezifische Projekte. Beispielsweise wurden bis März 2025 rund 240.536 Euro für ein Schulungsprogramm zu Künstlicher Intelligenz bereitgestellt. Zuvor flossen 321.000 Euro in eine Machbarkeitsstudie für einen „Democracy Newsroom“ und 750.000 Euro in das Projekt „Drive Me“ zur Digitalisierung regionaler Zeitungsverlage. Bild
Vergütung durch Facebook für Faktenchecks:
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Kooperation: Seit März 2019 arbeitet die dpa mit Facebook im Rahmen des Faktenprüferprogramms zusammen, um die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen.
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Vergütung: Konkrete Zahlen zur Vergütung sind nicht öffentlich einsehbar.
dpa – eine privilegierte Quelle?
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) wird oft als eine „privilegierte Quelle“ betrachtet, was auf ihre besondere Stellung und Reputation in der Medienlandschaft zurückzuführen ist. Der Begriff „privilegierte Quelle“ hat in diesem Zusammenhang keine formale juristische Bedeutung, sondern bezieht sich auf die praktische und journalistische Relevanz der dpa.
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Verlässlichkeit und Neutralität:
- Die dpa genießt den Ruf, sachlich, präzise und neutral zu berichten. Sie ist verpflichtet, Nachrichten faktenbasiert und ohne Parteinahme zu verbreiten. Dies ist in ihrer Satzung und ihrem Selbstverständnis festgelegt.
- Ihre journalistischen Standards orientieren sich an den Richtlinien des Deutschen Presserats und international anerkannten ethischen Prinzipien.
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Reichweite und Geschwindigkeit:
- Die dpa versorgt nahezu alle großen deutschen und viele internationale Medien mit aktuellen Nachrichten in Echtzeit. Die Agentur hat einen umfassenden Zugang zu globalen Ereignissen durch ihre internationalen Partner.
- Viele Redaktionen stützen sich auf dpa-Meldungen, da sie schnell und umfassend sind.
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Unabhängigkeit:
- Die dpa ist unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflussnahmen, da ihre Gesellschafterstruktur stark fragmentiert ist (kein Gesellschafter darf mehr als 1,5 % der Anteile halten). Dies unterscheidet sie von Medien, die direkt von staatlichen oder wirtschaftlichen Akteuren kontrolliert werden.
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Vertrauen der Medienlandschaft:
- Viele Medienhäuser betrachten die dpa als Grundlage für ihre eigene Berichterstattung und übernehmen dpa-Meldungen oft unverändert. Diese Praxis führt dazu, dass die dpa als „Privilegierte Quelle“ wahrgenommen wird.
Was bedeutet „privilegierte Quelle“ in der Praxis?
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Verwendung von dpa-Meldungen ohne Eigenprüfung:
- Viele Redaktionen veröffentlichen dpa-Nachrichten direkt, ohne diese eigenständig zu überprüfen. Die dpa dient daher als eine Art „Gatekeeper“, der sicherstellt, dass die Inhalte vertrauenswürdig sind.
- Dies spart Zeit und Ressourcen, da die Redaktionen darauf vertrauen können, dass die Inhalte bereits einem hohen journalistischen Standard entsprechen.
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Verantwortlichkeit bei Fehlern:
- Sollte sich eine dpa-Meldung als fehlerhaft herausstellen, trägt in der Praxis oft die dpa die Verantwortung und nicht das Medium, das die Meldung verbreitet hat. Dies unterstreicht die zentrale Rolle der dpa als verlässliche Quelle.
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Verbreitung und Einfluss:
- Die Reichweite der dpa führt dazu, dass eine Meldung, die von der dpa verbreitet wird, schnell in nahezu allen großen Medien auftaucht. Dies gibt der Agentur einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung.
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Glaubwürdigkeit:
- In rechtlichen Auseinandersetzungen oder öffentlichen Debatten werden dpa-Meldungen häufig als glaubwürdige Referenz verwendet. Das bedeutet, dass die dpa eine Art „höhere Autorität“ in der Medienlandschaft darstellt.
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Vertrauensvorschuss gegenüber anderen Quellen:
- Im Vergleich zu anderen Nachrichtenquellen (wie Blogs oder nicht etablierten Medien) genießt die dpa einen erheblichen Vertrauensvorschuss. Dies liegt daran, dass sie sich seit Jahrzehnten als zuverlässige und unparteiische Quelle etabliert hat.
Kritik am Status als privilegierte Quelle
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Machtkonzentration:
- Kritiker bemängeln, dass die dpa durch ihre Stellung die Nachrichtenagenda indirekt beeinflussen kann. Themen, die von der dpa nicht aufgegriffen werden, haben es schwer, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
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Fehlerpotenzial:
- Wenn sich Fehler in einer dpa-Meldung einschleichen, können diese schnell eine breite Wirkung entfalten, da viele Medien die Inhalte ungeprüft übernehmen.
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Abhängigkeit der Medien:
- Die starke Abhängigkeit vieler Redaktionen von dpa-Inhalten könnte zu einer gewissen Vereinheitlichung der Berichterstattung führen, was die Meinungsvielfalt einschränken könnte.