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Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Auslegung eines Testaments 

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 6.03.2025 – 8 W 22/24 

Sachverhalt: 

Der Erblasser war zweimal verheiratet und hatte aus erster Ehe drei Kinder. Mit seiner ersten Ehefrau hatte er einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig sowie die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod der ersten Ehefrau heiratete er erneut und setzte in einem späteren Testament seine zweite Ehefrau als „Alleinerbin – Vorerbin“ ein, wobei er für den Fall von Pflichtteilsforderungen seiner Kinder eine Strafklausel aufnahm. Nach dem Tod der zweiten Ehefrau beantragten die Kinder des Erblassers die Erteilung eines Erbscheins als Nacherben. Ein Verwandter der zweiten Ehefrau widersprach dem Antrag und machte geltend, das Testament sei unwirksam und der Erbvertrag bindend. 

 
Entscheidung: 

Das Gericht bestätigte den Erbscheinsantrag der Kinder und wies die Beschwerde des Verwandten zurück. Es entschied, dass der Erblasser aufgrund einer Öffnungsklausel im Erbvertrag berechtigt war, ein späteres Testament zu errichten. Das Testament von 2000 sei wirksam und sei so auszulegen, dass die zweite Ehefrau nur Vorerbin und die Kinder Nacherben seien. Die Strafklausel im Testament mache nur Sinn, wenn die Kinder als Nacherben gemeint waren. Insgesamt spreche der Wortlaut des Testaments ebenso wie die frühere testamentarische Bindung für den klaren Willen des Erblassers, seine Kinder auch weiterhin als Erben nach dem Tod der zweiten Ehefrau einzusetzen. 

Arbeitsrecht

Urlaubsanspruch unter Berücksichtigung von Kurzarbeitsverereinbarung 

LSG Sachsen, Beschluss vom 2.03.2025 – 1 Ta 103/23 

Sachverhalt: 
Ein Arbeitnehmer verlangte von seinem früheren Arbeitgeber die Abgeltung offener Urlaubsansprüche aus den Jahren 2020 bis 2022. Der Arbeitgeber berief sich auf eine Kurzarbeitsvereinbarung und meinte, der Urlaubsanspruch habe sich wegen der verringerten Arbeitszeit reduziert. Diese Vereinbarung erlaubte es dem Arbeitgeber, Kurzarbeit ohne Vorankündigung einzuführen, sie wöchentlich anzupassen oder sofort zu beenden. Außerdem fehlte ein Enddatum der Kurzarbeitsphase, was aus Sicht des Arbeitnehmers zu großer Unsicherheit führte. Das Arbeitsgericht Emden gab dem Arbeitnehmer recht, wogegen der Arbeitgeber Berufung einlegte. 

 

Entscheidung: 
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die Berufung zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Kurzarbeitsvereinbarung sei als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 BGB). Insbesondere verletze sie grundlegende arbeitsrechtliche Schutzprinzipien, weil sie keine Ankündigungsfrist vorsehe und dem Arbeitgeber weitreichende einseitige Steuerungsmöglichkeiten einräume. Zudem sei kein Endzeitpunkt für die Kurzarbeit festgelegt, was die Planungssicherheit des Arbeitnehmers erheblich beeinträchtige. Eine solche Regelung sei mit der existenzsichernden Funktion des Arbeitsentgelts unvereinbar und daher nicht haltbar. 

Beamtenrecht

Dienstliche Beurteilung, Beurteilungsspielraum, Unmittelbarer Vorgesetzter, Keine Plausibilisierung 

VG München, Urteil vom 9.12.2024 – M 5 K 24.522 

 

Sachverhalt: 

Ein Polizeivollzugsbeamter klagte gegen seine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum Juni 2020 bis Mai 2023, in der er nur 8 Punkte erhielt – zwei weniger als in der vorherigen Beurteilung. Der Kläger argumentierte, die Herabstufung sei nicht nachvollziehbar, insbesondere da er im vorherigen Zeitraum befördert worden war. Er bemängelte zudem fehlende Transparenz im Beurteilungsverfahren und unklare Bewertungsmaßstäbe. Die Beurteilung stützte sich auf Berichte über angebliche Konflikte mit Kollegen und fachliche Überforderung. Der Dienstherr verteidigte die Bewertung, verwies aber weitgehend auf vage Aussagen des unmittelbaren Vorgesetzten. 

Entscheidung:  

Das Verwaltungsgericht hob die dienstliche Beurteilung auf und verpflichtete den Dienstherrn zu einer Neubewertung. Die Begründung für die Abwertung um zwei Punkte war nicht ausreichend plausibilisiert. Weder die Beurteilerin noch der Vorgesetzte konnten nachvollziehbar darlegen, warum sich die Leistungen des Klägers verschlechtert haben sollen. Die Ausführungen blieben allgemein, unkonkret und bezogen sich teilweise auf Vorgänge außerhalb des Beurteilungszeitraums. Eine rechtmäßige Ausübung des Beurteilungsspielraums lag somit nicht vor, weshalb die Bewertung rechtswidrig war. 

Schulrecht

Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde über die Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot und die Festlegung des Förderschwerpunkts 

VG Karlsruhe, Uteil vom 24.02.2025 – 10 K 4233/23 

Sachverhalt: 
Die Klägerin, ein 2010 geborenes Mädchen mit irakischer Staatsangehörigkeit, besucht ein sonderpädagogisches Bildungszentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Ihre Eltern beantragten 2022 eine erneute Überprüfung, da sie ihre Tochter lieber an einer Regelschule oder einem SBBZ mit Förderschwerpunkt Lernen sehen wollten. Ein sonderpädagogisches Gutachten stellte jedoch erhebliche Defizite in verschiedenen kognitiven und schulischen Bereichen fest, insbesondere im Gedächtnis und in Mathematik. Die Schulbehörde bestätigte daraufhin erneut den Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Gegen diese Entscheidung klagte die Schülerin mit der Begründung, die Ergebnisse der Diagnostik seien verzerrt und ihr Leistungsvermögen werde unterschätzt. 

 

Entscheidung: 
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung. Es stellte klar, dass der Schulaufsichtsbehörde ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zusteht, den das Gericht nur eingeschränkt überprüfen kann. Das zugrunde gelegte sonderpädagogische Gutachten war methodisch einwandfrei, berücksichtigte kulturelle Hintergründe und zeigte keine gravierenden Mängel. Auch alternative Fördermaßnahmen wie Beratung oder Leseförderung seien nicht ausreichend geeignet, um den besonderen Unterstützungsbedarf der Klägerin zu decken. Der staatliche Erziehungsauftrag und das Wohl des Kindes rechtfertigten die Zuweisung zum Förderschwerpunkt geistige Entwicklung trotz des elterlichen Wunsches auf Beschulung an einer allgemeinen Schule. 

News diese Woche:

Der Soli bleibt – vorerst 

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Solidaritätszuschlag (Soli) weiterhin verfassungsgemäß ist, obwohl er ursprünglich zur Finanzierung der deutschen Wiedervereinigung eingeführt wurde. Die Richter betonten jedoch, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, regelmäßig zu prüfen, ob ein finanzieller Mehrbedarf weiterhin besteht. Grundlage der Entscheidung war ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das auch bis 2030 noch strukturelle Ost-West-Unterschiede und damit verbundene Belastungen feststellt. Die Kläger aus der FDP zeigten sich trotz der Niederlage zuversichtlich, dass der Soli in Zukunft verfassungswidrig werden könnte, sollte der finanzielle Bedarf wegfallen. Politisch sorgt das Urteil nun für neuen Zündstoff in den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD, da Letztere am Soli festhalten will, während die Union seine Abschaffung fordert. 

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