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Das neue Namensrecht

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Das neue Namensrecht

Familie

Das deutsche Namensrecht wurde durch das „Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts“ umfassend reformiert. Die Neuregelungen traten am 1. Mai 2025 in Kraft und zielen darauf ab, die Namensführung flexibler und familienfreundlicher zu gestalten.


1. Einführung: Zielsetzung der Reform

Die Reform des Namensrechts verfolgt das Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Selbstbestimmung bei der Namenswahl zu ermöglichen. Insbesondere sollen moderne Familienkonstellationen besser berücksichtigt und bürokratische Hürden abgebaut werden.


2. Gesetzliche Grundlagen

Die zentralen Änderungen wurden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgenommen, insbesondere in § 1355 BGB, der die Namensführung von Ehegatten regelt. Zudem wurden Anpassungen im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) und im Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) vorgenommen.

Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts und des Internationalen Namensrechts


3. Änderungen im Ehenamensrecht (§ 1355 BGB)

a. Wahl des Ehenamens

Ehegatten können nun einen gemeinsamen Ehenamen führen, der aus den Nachnamen beider Partner besteht. Dabei ist die Verwendung eines Bindestrichs optional. Die bisherige Regelung, wonach nur einer der Partner einen Doppelnamen führen konnte, wurde aufgehoben.

b. Namensführung bei Kindern

Kinder erhalten grundsätzlich den gemeinsamen Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen. Führen die Eltern keinen gemeinsamen Ehenamen, können sie einen der beiden Nachnamen als Geburtsnamen des Kindes bestimmen. Neu ist, dass auch ein Doppelname aus den Nachnamen beider Elternteile als Geburtsname des Kindes gewählt werden kann.


4. Namensänderung bei Scheidung und für Stiefkinder

Nach einer Scheidung können Kinder den Nachnamen des Elternteils annehmen, bei dem sie überwiegend leben. Dies gilt sowohl für minderjährige als auch für volljährige Kinder. Auch Stiefkinder können künftig einfacher den Nachnamen des Stiefelternteils annehmen.


5. Berücksichtigung kultureller Besonderheiten

Die Reform berücksichtigt auch die namensrechtlichen Traditionen ethnischer Minderheiten. So können beispielsweise sorbische Frauen die Endungen „-owa“ oder „-ina“ an ihren Nachnamen anfügen. Auch friesische und dänische Namensgebungen werden anerkannt.


6. Öffentlich-rechtliche Namensänderung (NamÄndG)

Das Namensänderungsgesetz (NamÄndG) bleibt weiterhin bestehen und ermöglicht in Ausnahmefällen die Änderung von Familiennamen und Vornamen aus wichtigem Grund. Die Reform erleichtert jedoch die namensrechtliche Anpassung in familiären Kontexten, wodurch weniger Fälle unter das NamÄndG fallen dürften.


Namensrecht in Europa, insbesondere zur Namensführung von Ehegatten und Kindern, unter Berücksichtigung von nationalem Recht und europarechtlichen Vorgaben:

 


🇪🇺 I. Europarechtliche Vorgaben

1. Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, Art. 7 EU-Grundrechtecharta)

Die Namensführung zählt zur Identität des Individuums und unterliegt dem Schutzbereich des Art. 8 EMRK. Einschränkungen sind nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen, verhältnismäßig und im öffentlichen Interesse sind.

2. EuGH-Rechtsprechung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mehrfach betont, dass die Anerkennung von Namen aus anderen Mitgliedstaaten unionsrechtlich durch das Recht auf Freizügigkeit (Art. 21 AEUV) geschützt ist:

  • C-148/02, García Avello: Belgien musste einem Kind mit doppelter Staatsangehörigkeit die Führung eines Doppelnamens ermöglichen.

  • C-353/06, Grunkin-Paul: Deutschland durfte die dänische Namensführung (Einbeziehung des mütterlichen Namens) nicht verweigern.

  • C-490/20, Stolichna obshtina: Bulgarien durfte die Transkription eines spanischen Doppelnamens nicht verweigern.

👉 Konsequenz: Nationale Namensrechte müssen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die unionsrechtlichen Vorgaben beachten, insbesondere bei Kindern mit Doppelstaatsangehörigkeit.


🇩🇪 II. Deutschland

  • Gesetzesgrundlagen: § 1355 BGB (Ehenamen), §§ 1616 ff. BGB (Geburtsname), NamÄndG.

  • Reform 2025: Einführung von echten Doppelnamen für Ehegatten und Kinder (mit und ohne Bindestrich), Berücksichtigung kultureller Besonderheiten (z. B. sorbisch).

  • Öffentlich-rechtliche Namensänderung: Nur aus „wichtigem Grund“ (§ 3 NamÄndG).


🇫🇷 III. Frankreich

  • Prinzip: Hohe Wahlfreiheit – jeder Ehepartner behält grundsätzlich seinen Namen.

  • Ehenamensführung: Es gibt keinen automatischen Ehenamen. Beide Ehepartner können den Namen des anderen als „nom d’usage“ (Gebrauchsname) führen.

  • Namensführung bei Kindern: Eltern können zwischen dem Namen des Vaters, der Mutter oder beiden wählen (Art. 311-21 Code civil).


🇪🇸 IV. Spanien

  • System des Doppelnamens: Kinder führen standardmäßig zwei Nachnamen – traditionell: zuerst der Nachname des Vaters, dann der der Mutter.

  • Seit 1999: Eltern können die Reihenfolge bestimmen.

  • Ehenamensrecht: Keine automatische Namensänderung bei Eheschließung.


🇮🇹 V. Italien

  • Rechtslage: Kinder führen traditionell nur den väterlichen Nachnamen.

  • Neuregelung 2022: Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass beide Elternteile das Recht haben, ihren Nachnamen weiterzugeben. Es sind nun auch Doppelnamen zulässig.

  • Eheliche Namensführung: Kein gemeinsamer Ehename; Ehepartner behalten ihren Geburtsnamen.


🇵🇱 VI. Polen

  • Namensrecht bei Ehe: Ehepartner können gemeinsamen Familiennamen führen oder ihren eigenen beibehalten. Doppelnamen mit Bindestrich sind möglich (Art. 25 Familien- und Vormundschaftsgesetz).

  • Kinder: Tragen den gemeinsamen Ehenamen oder – wenn kein gemeinsamer Name – einen von den Eltern bestimmten Namen.


🇸🇪 VII. Schweden

  • Modernes, liberales Namensrecht (Namngivningslagen von 2017):

    • Familienname kann frei gewählt werden.

    • Ehegatten behalten ihren Namen oder wählen einen gemeinsamen Namen.

    • Doppelnamen erlaubt.

    • Vornamen können mehrfach geändert werden (bis zu drei Vornamen sind zulässig).


🇦🇹 VIII. Österreich

  • Rechtsgrundlage: §§ 93 ff. Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), Namensänderungsgesetz.

  • Ehenamensrecht: Partner können gemeinsamen Familiennamen wählen oder ihre Geburtsnamen behalten. Doppelnamen erlaubt.

  • Kinder: Tragen den gemeinsamen Familiennamen oder einen von den Eltern bestimmten.


🇨🇭 IX. Schweiz (kein EU-Mitglied, aber vergleichbar)

  • Seit 2013: Kein automatischer Familienname bei Eheschließung (§ 160 ZGB).

  • Doppelnamen: Nur inoffiziell als „Allianznamen“ möglich (nicht amtlich eingetragen).

  • Kinder: Tragen den gemeinsamen Familiennamen oder den Namen eines Elternteils, wenn kein gemeinsamer Name geführt wird.


X. Fazit

Land Ehename möglich Doppelname möglich Freie Namenswahl für Kinder Besonderheiten
Deutschland ✅ (seit 2025) Kulturelle Vielfalt berücksichtigt
Frankreich ❌ (nur Gebrauch) Kein offizieller Ehenamenswechsel
Spanien Standard Traditionell Doppelname für alle
Italien ✅ (seit 2022) Reform durch Verfassungsgericht
Polen Bindestrich-Name üblich
Schweden Freie Namenswahl, sehr liberal
Österreich Klassisches System mit modernen Elementen
Schweiz ❌ (nur inoffiziell) Amtlicher Doppelname nicht vorgesehen

 

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