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Erbrecht

Gutgläubiger Erwerb vom Erblasser

OLG Köln, Urteil vom 16.04.2025 – 18 U 57/24

Sachverhalt:

Der Kläger verlangte von einem Museum die Herausgabe eines historischen Dokumentenarchivs, das von seiner Erblasserin, Z. J., zur Dokumentation der Verfolgung ihrer Familie unter dem NS-Regime angelegt worden war. Die Beklagte hatte das Archiv im Jahr 2009 von Z. J.s Bruder L. J. für museale Zwecke gekauft. Der Kläger berief sich auf seine Stellung als Alleinerbe sowie auf ein handschriftliches Vermächtnis, wonach das Archiv einer bestimmten Religionsgemeinschaft überlassen werden sollte. Er warf L. J. eine widerrechtliche Wegnahme des Archivs nach dem Tod von Z. J. vor und focht den Kaufvertrag nachträglich wegen Irrtums an. Zudem argumentierte er, die Beklagte habe nicht gutgläubig Eigentum an dem Archiv erwerben können.


Entscheidung:

Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück, da die Beklagte das Archiv gutgläubig gemäß § 932 BGB erworben habe. Ein Abhandenkommen i.S.v. § 935 BGB lag nicht mehr vor, da der Kläger den Besitz des L. J. nachträglich legitimiert habe – etwa durch die Duldung zur Vertragserfüllung aus einem Vermächtnis und durch seine eigene E-Mail, die L. J. als Ansprechpartner auswies. Die Argumente des Klägers, wonach der niedrige Kaufpreis oder eine angebliche Kennzeichnung der Archivstücke Zweifel am Erwerb begründen könnten, überzeugten das Gericht nicht. Auch die behauptete Bösgläubigkeit der Beklagten ließ sich nicht nachweisen, da der Kläger selbst den Eindruck erweckt hatte, L. J. sei verfügungsberechtigt. Schließlich scheiterten alle hilfsweise geltend gemachten Anfechtungs-, Bereicherungs- oder deliktischen Ansprüche ebenfalls mangels Anspruchsvoraussetzungen.

Arbeitsrecht

Kein Jobwechsel auf Vorrat – Arbeitnehmer muss sich bei Freistellung vor Kündigungsfrist nicht bewerben

BAG Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24

Sachverhalt:
Der Kläger war bis Juni 2023 bei der Beklagten als Senior Consultant beschäftigt. Nach ordentlicher Kündigung zum 30. Juni stellte die Beklagte ihn ab April 2023 unwiderruflich unter Anrechnung anderweitiger Einkünfte frei. Obwohl sie dem Kläger während der Freistellung zahlreiche Stellenangebote zuschickte, bewarb er sich erst ab Ende Juni. Die Beklagte zahlte für Juni keine Vergütung und warf dem Kläger vor, böswillig keinen neuen Job gesucht zu haben. Der Kläger verlangte dennoch Annahmeverzugsvergütung, da das Arbeitsverhältnis weiter bestand und er sich bewusst nicht neu binden wollte.

 

Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Kläger Anspruch auf Vergütung für Juni 2023 hat. Eine Obliegenheit zur Aufnahme anderweitiger Arbeit während der Kündigungsfrist besteht grundsätzlich nicht, solange der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellt und damit seine Beschäftigungspflicht verletzt. Ein böswilliges Unterlassen liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer zumutbare Arbeit bewusst nicht annimmt – das war hier nicht der Fall. Der Arbeitgeber kann in dieser Konstellation keine fiktiven Einkünfte anrechnen. Vielmehr muss er für die Dauer des Annahmeverzugs zahlen, selbst wenn der Arbeitnehmer keine neuen Bewerbungen verschickt.

Beamtenrecht

Status schlägt Gleichstand: Höheres Amt rechtfertigt Auswahl ohne Notenvergleich

VG Schleswig, Beschluss vom 10.04.2025 – 12 B 89/24

Sachverhalt:

Eine Richterin am Oberverwaltungsgericht bewarb sich auf eine ausgeschriebene R3-Planstelle für eine Vorsitzende Richterin, unterlag aber einem ebenfalls bewerbenden Vizepräsidenten eines Verwaltungsgerichts. Beide Bewerber waren in ihren dienstlichen Beurteilungen formal gleich gut mit „sehr gut geeignet“ bewertet worden. Die Antragstellerin erhob daraufhin Antrag auf einstweilige Anordnung mit dem Ziel, die Stellenbesetzung zu verhindern. Sie rügte insbesondere die Beurteilungssystematik sowie die Einbeziehung richterlicher Ehrenämter. Das Gericht prüfte die Auswahlentscheidung umfassend, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG.

 

Entscheidung:

Das VG Schleswig wies den Antrag ab, da der Antragstellerin kein Anordnungsanspruch zusteht. Die Auswahlentscheidung des Dienstherrn sei rechtmäßig erfolgt, insbesondere da das höhere Statusamt des Beigeladenen (mit Amtszulage) eine bessere Beurteilung trotz formaler Gleichheit rechtfertigt. Die Beurteilungen beider Bewerber seien jeweils nach den korrekten Maßstäben erfolgt und die Beurteilungsverordnung verstoße nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Auch richterliche Ehrenämter wurden ordnungsgemäß berücksichtigt, deren Einfluss auf die Bewertung jedoch zutreffend als gering eingestuft. Ein Notenbinnenvergleich war im Ergebnis entbehrlich, da der Eignungsvorsprung aus dem höheren Statusamt des Beigeladenen als ausschlaggebend gewertet wurde.

Schulrecht

Freizügigkeit verwehrt: Geringfügige Beschäftigung als Aufentmissbräuchlich

OVG Münster, Beschluss vom 15.04.2025 – 17 B 986/24

Sachverhalt:
Eine rumänische Staatsangehörige wehrte sich gegen die Feststellung des Nichtbestehens ihres Freizügigkeitsrechts in Deutschland. Sie berief sich auf eine seit dem 1. Juli 2024 bestehende geringfügige Beschäftigung als Reinigungskraft und legte hierfür Lohnabrechnungen vor. Zuvor war sie jahrelang nicht erwerbstätig und bezog mit ihrer Familie umfangreiche Sozialleistungen. Die Antragstellerin machte zusätzlich ein Aufenthaltsrecht wegen des Schulbesuchs ihrer Kinder geltend. Ihre Beschwerde richtete sich gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts und bezog sich unter anderem auf angeblich unzureichende Amtsermittlung.

Entscheidung:
Das Oberverwaltungsgericht lehnte die Beschwerde ab, weil die Ausübung einer geringfügigen Tätigkeit unter den gegebenen Umständen als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Zwar seien formale Voraussetzungen für ein Arbeitnehmerfreizügigkeitsrecht erfüllt, die Erwerbstätigkeit diene aber offensichtlich nur der Vermeidung ausländerrechtlicher Konsequenzen. Die wirtschaftliche Situation der Familie, die nahezu vollständig von Sozialleistungen lebt, spreche gegen eine echte Erwerbsintegration. Auch ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 Abs. 1 EU-Freizügigkeitsverordnung wurde mangels regelmäßigen Schulbesuchs der Kinder verneint. Die Begründung des Verwaltungsgerichts sei weder verfahrensfehlerhaft noch ermangelte es an ausreichender gerichtlicher Aufklärung.

News diese Woche:

Höchstrichterlich bestätigt: Flughafen Düsseldorf muss Sicherheitslücken endlich schließen

Der Flughafenbetreiber Düsseldorf scheiterte auch vor dem Bundesverwaltungsgericht mit seiner Klage gegen die Verpflichtung, ungenutzte Sicherheitskontrollspuren baulich-technisch abzusichern. Hintergrund war die wiederholte Beanstandung durch das NRW-Verkehrsministerium, dass diese Spuren lediglich mit Tensatoren abgesperrt und somit leicht umgehbar waren. Der Betreiber argumentierte, die Verantwortung liege bei der Bundespolizei, doch das Gericht sah die Pflicht zur Absicherung aus dem Luftsicherheitsgesetz beim Flughafen selbst. Die obersten Verwaltungsrichter bestätigten die Urteile der Vorinstanzen und verwiesen auf die Eigensicherungspflichten des Betreibers. Trotz der nun höchstrichterlichen Entscheidung wurden die notwendigen Sicherungsmaßnahmen bislang weder personell noch baulich umgesetzt.

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