Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Familiengerichtliche Genehmigung für Vater
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.2025 – I-3 W 9/25
Sachverhalt:
Ein Vater wollte im Namen seines minderjährigen Sohnes einen Erbteil vom Großvater an diesen übertragen lassen. Die notarielle Urkunde sah vor, dass der Sohn gemeinsam mit seinen volljährigen Geschwistern den Erbteil erhält und bei bestimmten Bedingungen an seine Mutter zurücküberträgt. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung zunächst, da eine familiengerichtliche Genehmigung und die Zustimmung eines Ergänzungspflegers fehlten. Die Beteiligten hielten dies für nicht erforderlich, da der Vater zur Vertretung seines Sohnes befugt sei. Sie legten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Düsseldorf Beschwerde ein.
Entscheidung:
Das OLG Düsseldorf gab der Beschwerde statt und wies das Amtsgericht an, den Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Es entschied, dass keine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, da der minderjährige Erwerber nicht über eigene Erbteile verfügt, sondern eine fremde Rechtsposition erhält. Auch die Freistellung von Nachlassverbindlichkeiten begründet keine genehmigungspflichtige fremde Schuldübernahme. Zudem sei der Vater nicht von der Vertretung ausgeschlossen, da die gesetzliche Vertretung durch den nicht selbst betroffenen Elternteil zulässig bleibt. Damit genügte die Erklärung des Vaters, und die Eintragungshindernisse waren aus Sicht des OLG nicht gegeben.
Arbeitsrecht
Ersetzung der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG durch Anpassungen gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG – Übergangsregelung gem. § 30c Abs. 1 BetrAVG – „Einheitstheorie“
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2025 – 4Sa 47/24
Sachverhalt:
Der Kläger war leitender Angestellter und erhielt ab Oktober 2020 Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung, die ursprünglich 1998 im Rahmen eines Ruhegehaltsvertrags zugesagt wurde. Ab 1999 wurde das Versorgungssystem auf ein Kapitalbausteinmodell (KVP, später BVP) umgestellt, wobei frühere Zusagen integriert („verschmolzen“) wurden. Die Beklagte nahm jährliche Rentenerhöhungen von 1 % vor und berief sich auf eine vertragliche Regelung aus dem Jahr 2020, wonach diese Erhöhungen die gesetzlich vorgesehene Anpassungsprüfung alle drei Jahre ersetzen sollten. Der Kläger forderte darüber hinaus eine Anpassung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG unter Berufung auf die ursprüngliche Zusage vor 1999. Die Beklagte hielt dagegen, die neue Struktur sei eine eigenständige Neuzusage, auf die § 16 Abs. 3 BetrAVG anwendbar sei.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Stuttgart gab dem Kläger im Wesentlichen recht und verurteilte die Beklagte zur Nachzahlung sowie zur regelmäßigen Anpassung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG. Die Pflicht zur Anpassungsprüfung bestehe fort, weil die ursprüngliche Versorgungszusage aus dem Jahr 1998 stamme und damit unter die Übergangsvorschrift des § 30c Abs. 1 BetrAVG falle. Die spätere Umstellung des Versorgungssystems sei nach der sogenannten Einheitstheorie nicht als echte Neuzusage zu werten, da sie den Wert der Altzusage lediglich übernommen habe. Eine Anpassungsregelung gemäß § 16 Abs. 3 BetrAVG könne in diesem Fall die gesetzliche Anpassungspflicht nicht ersetzen. Das Gericht sprach dem Kläger eine Nachzahlung sowie eine künftige Rentenerhöhung zu und ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung für die Beklagte zu.
Beamtenrecht
Disziplinarverfahren gegen Soldatin wegen Dating-Plattform
BVerfG, Beschluss vom 20.03.2025 – 2 BvR 110/23
Sachverhalt:
Eine Oberstleutnantin der Bundeswehr wurde im Jahr 2019 disziplinarisch verwarnt, weil sie auf der Dating-Plattform Tinder ein Nutzerprofil mit sexuell offenen Formulierungen angelegt hatte. Das Profil wurde über einen Screenshot verbreitet und erreichte die Personalführung der Bundeswehr, die ein Disziplinarverfahren einleitete. Die Bundeswehr sah darin einen Verstoß gegen die Pflicht zum außerdienstlichen Wohlverhalten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 3 SG. Die Soldatin erhob gegen die Maßnahme erfolglos Beschwerde und wandte sich letztlich an das Bundesverfassungsgericht. Sie sah durch den Verweis ihre Grundrechte verletzt, insbesondere das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit und den Gleichheitssatz.
Entscheidung:
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da es an einem fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Der Verweis war bereits nach drei Jahren getilgt, womit er weder verwertbar noch aktenrelevant war. Die Soldatin hätte konkret darlegen müssen, inwiefern sie dennoch weiterhin durch die Maßnahme beschwert sei. Die nach Fristablauf eingereichte Ergänzung konnte den Mangel nicht heilen. Damit war die Beschwerde unzulässig und wurde ohne weitere Prüfung der Grundrechtsfragen verworfen.
Schulrecht
Schriftlicher Schulverweis
VGH München, Beschluss vom 31.03.2025 – 7 C 25.502
Sachverhalt:
Ein Schüler der Friedrich-Wilhelm-Herschel-Mittelschule erhielt im Oktober 2021 einen schriftlichen Verweis wegen eines schulischen Fehlverhaltens. Hiergegen wollte er im Klageweg vorgehen und beantragte Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage. Das Verwaltungsgericht wies diesen Antrag zurück, weil es der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zusprach. Der Schüler ergänzte seine Klage später um einen Feststellungsantrag. Zwischenzeitlich hatte er die Schule jedoch verlassen, sodass die ursprüngliche Maßnahme keine Wirkung mehr entfaltete.
Entscheidung:
Das Gericht stellte klar, dass ein schriftlicher Verweis gemäß Art. 86 Abs. 2 Nr. 1 BayEUG keine Regelungswirkung entfaltet und somit keinen Verwaltungsakt darstellt. Eine Anfechtungsklage ist daher unstatthaft, weil diese nur gegen Verwaltungsakte zulässig ist. Auch die nachträglich erhobene Feststellungsklage blieb ohne Erfolg, da es an einem fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Der Schüler hatte die Schule bereits verlassen, und es war nicht ersichtlich, dass der Verweis öffentlich bekannt wurde oder weiterhin Auswirkungen auf seinen schulischen Werdegang hätte. Eine Wiederholungsgefahr oder ein Rehabilitationsinteresse bestand somit nicht.
News diese Woche:
Ein paar Gramm sind dem Bundesverwaltungsgericht nicht wurst
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass bei der Angabe der Füllmenge auf Wurstpackungen nur das tatsächlich essbare Produkt berücksichtigt werden darf. Nicht verzehrbare Bestandteile wie Hüllen oder Clips zählen demnach nicht zur Nettofüllmenge. Ein Wursthersteller hatte gegen eine behördliche Untersagung geklagt, nachdem festgestellt wurde, dass seine Produkte weniger Wurst enthielten als angegeben. Während das OVG Nordrhein-Westfalen die Praxis zunächst für zulässig hielt und sich auf ältere EU-Vorgaben stützte, setzte sich das BVerwG mit Verweis auf neue europäische Regelungen und deutsches Eichrecht durch. Künftig dürfen solche Fertigpackungen nicht mehr mit einberechneten ungenießbaren Bestandteilen verkauft werden.