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Erbrecht

Vergütung verwirkt: Testamentsvollstrecker muss unrechtmäßig entnommene Honorare zurückzahlen

OLG München, Urteil vom 7.04.2025 – 33 U 241/22

Sachverhalt:

Ein Erbe verlangte vom als Testamentsvollstrecker eingesetzten Beklagten die Rückzahlung eines Honorars in Höhe von über 117.000 Euro, das dieser aus dem Nachlass entnommen hatte. Die Erblasser hatten in komplexen erbvertraglichen Regelungen unter anderem den Beklagten zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Der Kläger war der Auffassung, der Beklagte sei unrechtmäßig bestellt worden, habe seine Pflichten verletzt und die Vergütung sei unangemessen. Im Verlauf des Prozesses entnahm der Beklagte zudem weitere 27.000 Euro aus dem Nachlass zur Begleichung von Verfahrenskosten für ein gegen ihn persönlich gerichtetes Verfahren. Der Kläger rügte unter anderem grobe Pflichtverletzungen und machte einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend.


Entscheidung:

Das Oberlandesgericht München wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte das landgerichtliche Urteil, wonach der Beklagte zur Rückzahlung der Vergütung verpflichtet ist. Die Richter sahen die Ernennung zum Testamentsvollstrecker zwar nicht als formell unwirksam an, hielten jedoch den Vergütungsanspruch für verwirkt. Grund dafür war die grob pflichtwidrige Entnahme erheblicher Beträge aus dem Nachlass zur Deckung eigener Prozesskosten. Der Beklagte habe in erheblichem Maß gegen seine treuhänderischen Pflichten verstoßen und die Interessen der Erben ignoriert. Auch die Rückzahlung der Beträge ändere nichts an der Pflichtverletzung, da der Nachlass zeitweise dem Insolvenzrisiko des Testamentsvollstreckers ausgesetzt war.

Arbeitsrecht

Zaun beschädigt – Lohn gekürzt? Arbeitnehmer setzt sich erfolgreich gegen Gehaltsabzug zur Wehr

LAG Niedersachsen, Urteil vom 1.4.2025 – 10 SLa 694/24

Sachverhalt:
Ein Arbeitnehmer forderte die Auszahlung seines vollständigen Arbeitsentgelts für die Monate August bis Dezember 2023, nachdem sein Arbeitgeber Abzüge in Höhe von rund 1.200 Euro vorgenommen hatte. Der Arbeitgeber begründete die Kürzung mit einem angeblich vorsätzlich verursachten Schaden am Betriebszaun durch den Kläger beim Umgang mit einer Schubkarre. Die Lohnabrechnungen wiesen die vollen Nettobeträge jedoch zunächst vorbehaltlos aus. Der Kläger machte geltend, er sei geistig beeinträchtigt und habe sich nicht grob fahrlässig verhalten. Zudem habe ihn die Beklagte und deren Geschäftsführer trotz mehrfacher Rückfragen im Unklaren über die angeblichen Ansprüche gelassen.

Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gab dem Kläger Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung des vollen Entgelts. Die Beklagte konnte kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Klägers substantiiert darlegen, weshalb eine Haftung nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung ausschied. Die Lohnkürzung war damit unzulässig. Zudem sei die Forderung auch nicht wegen einer tariflichen Ausschlussfrist verfallen, da sie durch vorbehaltlose Lohnabrechnungen bereits als anerkannt galt. Ein späterer Einbehalt oder pauschale Behauptungen über ein Verschulden reichten nicht aus, um den Zahlungsanspruch zu entkräften.

Beamtenrecht

BGH stärkt Staat bei geheimdienstlichen Überwachungen – Kläger trägt Beweislast im Amtshaftungsprozess

BGH, Urteil vom 13.02.2025 – III ZR 63/24

Sachverhalt:

Ein Kläger begehrte vom Staat 200.000 € Entschädigung wegen rechtswidriger Überwachungsmaßnahmen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Seine Telekommunikation und Post wurden auf Grundlage des G 10-Gesetzes sowie des Bundesverfassungsschutzgesetzes über mehrere Monate überwacht. Die zuständige G 10-Kommission erklärte die Maßnahmen im Nachhinein für zulässig und verhältnismäßig. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren räumte der Staat später aus Geheimhaltungsgründen die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen ein, ohne Details zu nennen. Der Kläger erklärte die Verfahren daraufhin für erledigt und erhob nun Amtshaftungsklage wegen Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht.

 

Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des OLG Hamm auf, das dem Kläger eine Entschädigung von 10.000 € zugesprochen hatte. Er stellte klar, dass im Amtshaftungsprozess der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für eine rechtswidrige und schuldhafte Amtspflichtverletzung trägt. Eine Umkehr der Beweislast wegen des Eingriffs in Grundrechte lehnt der BGH ab, wenn – wie hier – die G 10-Kommission die Maßnahmen zuvor als rechtmäßig bewertet hat. Der Staat sei wegen Geheimhaltungsinteressen (z. B. „Third-Party-Rule“) nicht verpflichtet, weitere Details offenzulegen. Das Verfahren wurde zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Schulrecht

Note gekauft, Prüfung nicht gemacht – Rücknahme der Noten bleibt rechtmäßig

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28.04.2025 – 4 K 1227/22

Sachverhalt:
Die Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2012/2013 an der beklagten Universität und ließ sich zwischen 2018 und 2020 vier Prüfungsnoten im System unrechtmäßig eintragen, obwohl sie die Prüfungen entweder nicht bestanden oder gar nicht daran teilgenommen hatte. Diese Eintragungen erfolgten durch eine Mitarbeiterin des Prüfungsamts, die gegen Geld Noten manipulierte. Im Strafverfahren räumte die Klägerin ein, die gewünschten Noteneintragungen durch Bestechung erlangt zu haben. Daraufhin hob der Prüfungsausschuss alle betroffenen Prüfungsleistungen auf und bewertete sie jeweils mit „nicht bestanden“. Gegen diesen Bescheid klagte die Klägerin mit der Begründung, der Ausschuss sei nicht zuständig gewesen, formelle Fehler lägen vor, und eine ordnungsgemäße Anhörung habe nicht stattgefunden.

Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigte die Rechtmäßigkeit der Notenaufhebung durch den Prüfungsausschuss. Der Rückgriff auf § 48 VwVfG NRW sei zulässig, da die spezifische Prüfungsordnung keine einschlägige Regelung zur Rücknahme bei Bestechung enthalte. Die Klägerin habe die Noten durch arglistige Täuschung und Bestechung erwirkt, sodass sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Die unterbliebene Anhörung sei im Prozess geheilt worden und hätte die Entscheidung ohnehin nicht beeinflusst. Das Gericht betonte den Vorrang des öffentlichen Interesses an einem fairen und rechtskonformen Prüfungsverfahren gegenüber dem Individualinteresse der Klägerin.

News diese Woche:

Kartellamtsunterlagen: BVerwG stärkt Informationsrechte

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass eine Tankstellenbetreiberin Einsicht in einen Beschluss des Bundeskartellamts über frühere EC-Entgeltabsprachen nehmen darf. Hintergrund war ein kartellrechtswidriges Verhalten mehrerer Banken, die bis 2014 einheitliche Gebühren für EC-Zahlungen festgelegt hatten. Die Klägerin verlangt Schadensersatz und wollte zur Durchsetzung ihrer Ansprüche Zugang zu behördlichen Unterlagen. Das Gericht stellte klar, dass § 56 Abs. 5 GWB ein berechtigtes Informationsinteresse schützt und der speziellen Vorschrift Vorrang vor dem allgemeinen Informationsfreiheitsgesetz zukommt. Die Einsicht in weitere Unterlagen lehnte das Gericht jedoch ab, da der Gesetzeswortlaut sie auf bestimmte Entscheidungen begrenzt.

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