Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
OLG Brandenburg bestätigt hohes Zwangsgeld wegen ausstehendem Nachlassverzeichnis
OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.07.2025 – 3 W 53/25
Sachverhalt:
Der Schuldner war verpflichtet, den Nachlass des Erblassers durch ein notarielles Bestandsverzeichnis offenzulegen. Trotz eines bereits seit 2019 bestehenden Titels kam er dieser Verpflichtung nicht nach. Der Gläubiger beantragte daher die Verhängung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO. Das Landgericht Potsdam verhängte daraufhin ein Zwangsgeld von 12.000 €. Gegen diesen Beschluss legte der Schuldner sofortige Beschwerde ein.
Entscheidung:
Das OLG Brandenburg stellte klar, dass die Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses eine nicht vertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO darstellt. Der Schuldner muss aktiv auf den Notar einwirken und alle zumutbaren Schritte unternehmen, um die Erstellung des Verzeichnisses zu beschleunigen. Hierzu zählen etwa regelmäßige Nachfragen, Fristsetzungen sowie notfalls Beschwerden bei den Aufsichtsstellen. Solche Bemühungen konnte der Schuldner nicht darlegen; eine bloße Beauftragung des Notars genügt nicht. Angesichts der jahrelangen Verzögerung und bereits mehrfach verhängter Zwangsgelder sei die Erhöhung auf 12.000 € angemessen und erforderlich.
Arbeitsrecht
OLG Köln: Auflösung trotz unwirksamer Kündigung – Arbeitnehmer scheitert mit Bonus- und Lohnklagen
LAG Köln, Urteil vom 15.07.2025 – 7 Sla 9/25
Sachverhalt:
Der Kläger, ein langjähriger Account Manager eines Pharmaunternehmens, wehrte sich gegen eine Kündigung zum 30.04.2024 und machte umfangreiche Bonus- und Annahmeverzugslohnansprüche geltend. Er berief sich darauf, dass ihm für die Geschäftsjahre 2023 und 2024 noch erhebliche Bonuszahlungen zustünden. Außerdem verlangte er Vergütung für die Monate nach der Kündigung, obwohl er Arbeitslosengeld erhielt. Die Beklagte hielt die Kündigung wegen Minderleistung, Pflichtverletzungen und Unregelmäßigkeiten bei Tankvorgängen für gerechtfertigt und beantragte hilfsweise die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. In erster Instanz hatte der Kläger mit der Kündigungsschutzklage Erfolg, scheiterte aber bei Bonus und Annahmeverzugslohn.
Entscheidung:
Das OLG bestätigte zwar die Unwirksamkeit der Kündigung, ordnete aber auf Antrag des Arbeitgebers die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung von 14.700 € an. Ausschlaggebend waren der nachweislich falsche Prozessvortrag des Klägers zu Bonuszahlungen sowie Pflichtverletzungen beim Umgang mit Tankkarten, die das Vertrauen in seine Redlichkeit zerstörten. Die Bonusklagen waren unzulässig, da der Kläger in der Berufung keine ausreichende Begründung geliefert hatte. Annahmeverzugslohn wurde endgültig versagt, weil das Arbeitsverhältnis durch die Auflösung beendet wurde. Die Widerklage der Arbeitgeberin auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung wurde abgewiesen, da nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch mehr bestand.
Beamtenrecht
VG Greifswald: Kein Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestands ohne nachweisbares dienstliches Interesse
VG Greifswald, Beschluss vom 30.7.2025 – 6 b 1669/25 HGW
Sachverhalt:
Ein 1963 geborener Rechtspfleger beantragte, seinen regulären Ruhestandseintritt zum 30. September 2025 um bis zu drei Jahre hinauszuschieben. Zur Begründung verwies er auf eine angespannte Personalsituation am Amtsgericht und seine besondere Erfahrung. Der Dienstherr lehnte den Antrag ab und verwies auf eine vorausschauende Personalplanung, die eine Besetzung der Stelle mit neuen Rechtspflegeranwärtern vorsieht. Gegen diese Entscheidung legte der Beamte Widerspruch ein, der erfolglos blieb. Im einstweiligen Rechtsschutz wollte er erreichen, dass er bis zur Hauptsacheentscheidung im Dienst verbleiben kann.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass § 35 Abs. 3 Nr. 2 LBG M-V das Hinausschieben des Ruhestands nur erlaubt, wenn ein positives dienstliches Interesse besteht. Dieses Interesse bemisst sich am Bedarf des Dienstherrn an einer sachgerechten Aufgabenerfüllung und nicht am Wunsch des Beamten. Die Entscheidung, wie Personal eingesetzt und Stellen besetzt werden, liegt in der Organisationshoheit des Dienstherrn und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Da die Planstelle des Antragstellers nach Abschluss der Anwärterausbildung besetzt werden soll, bestehe kein Personalbedarf, der eine Weiterbeschäftigung rechtfertigt. Auch eine Überlastungssituation am Gericht sei nicht nachweisbar, sodass der Antrag abgewiesen wurde.
Kommunalrecht
BayVGH: Masern-Attest erfüllt Vorlagepflicht – auch wenn inhaltlich zweifelhaft
VGH München, Beschluss vom 08.07.2025 – 4 CE 25.1072
Sachverhalt:
Eine 2020 geborene Antragstellerin wurde nach Hinweis des Gesundheitsamtes vom Kindergarten ausgeschlossen, weil kein Masern-Impfnachweis vorgelegen habe. Die Mutter hatte zwar ein ärztliches Attest vorgelegt, das eine vorläufige Kontraindikation wegen Sensibilisierungen und vermuteter Immunschwäche bescheinigte, die Einrichtung hielt es jedoch für unzureichend. Nachdem das Attest erst später in Kopie übergeben wurde, verweigerte die Kommune die weitere Betreuung. Das Verwaltungsgericht München wies den Eilantrag des Kindes auf Zugang zum Kindergarten mit der Begründung ab, das Attest sei nicht plausibel und erfülle die Nachweispflicht nicht. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin erfolgreich mit der Beschwerde zum BayVGH.
Entscheidung:
Der BayVGH entschied, dass die Vorlagepflicht nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 IfSG bereits mit dem Übergeben eines ärztlichen Zeugnisses erfüllt ist – unabhängig davon, ob dieses medizinisch überzeugend oder plausibel erscheint. Die Einrichtung selbst sei nicht befugt, die inhaltliche Richtigkeit oder Plausibilität des Attests zu prüfen. Bei Zweifeln müsse vielmehr das Gesundheitsamt tätig werden und ggf. eine Untersuchung oder weitere Prüfungen anordnen. Das gesetzliche Betreuungsverbot nach § 20 Abs. 9 Satz 6 IfSG greife nur, wenn überhaupt kein Nachweis vorgelegt werde. Da im vorliegenden Fall ein Attest vorlag, durfte das Kind nicht vom Kindergarten ausgeschlossen werden.
News diese Woche:
Eine geheime Kandidatin und die Zukunft der Verfassungsrichterwahl
Nach dem Scheitern der Wahl von drei Bundesverfassungsrichtern im Juli hat die SPD inzwischen eine neue Kandidatin gefunden, deren Name aber noch geheim gehalten wird. Spekulationen um Katarina Barley haben sich zerschlagen; die Entscheidung soll im September gemeinsam mit der Union sowie Grünen und Linken fallen. Kritiker wie der ehemalige BVerfG-Präsident Hans-Jürgen Papier bemängeln die parteipolitischen Vorschlagsrechte, die keine gesetzliche Grundlage hätten und die Wahl zunehmend blockieren könnten. Alternativ wird vorgeschlagen, dass der Bundestags-Wahlausschuss vertraulich Kandidaten benennt, während andere Stimmen die Zwei-Drittel-Mehrheit für notwendig halten, um parteiübergreifend akzeptierte Richter zu wählen. Einigkeit besteht darin, dass die Wahlverfahren mehr Transparenz und zugleich Vertraulichkeit brauchen, während Union und SPD Ende August bei einer Klausur versuchen, Vertrauen nach dem Eklat wiederherzustellen.