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Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Vorlage eines Erbscheins beim Grundbuchamt 

KG, Beschluss vom 9.07.2024 – 1 W 27/24 

Sachverhalt: 

In einem Testament aus dem Jahr 1978 setzte der Erblasser seine namentlich genannten Kinder als Vorerben und deren Kinder als Nacherben ein, ohne diese namentlich zu benennen. Nach dem Tod eines der Kinder beantragten deren Nachkommen die Eintragung als Erben ins Grundbuch, was vom Grundbuchamt aufgrund fehlender eindeutiger Nachweise abgelehnt wurde. Das Grundbuchamt verlangte die Vorlage eines Erbscheins, um die Erbfolge eindeutig festzustellen. Die Erben legten dagegen Beschwerde ein und argumentierten, dass Geburtsurkunden und eidesstattliche Versicherungen ausreichen sollten. Das Amtsgericht Schöneberg wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Notwendigkeit eines Erbscheins. 

 
Entscheidung: 

Das Gericht entschied, dass das Grundbuchamt zu Recht die Vorlage eines Erbscheins verlangen kann, um die Erbfolge eindeutig nachzuweisen. Die bloße Vorlage von Geburtsurkunden und eidesstattlichen Versicherungen reicht nicht aus, um zu beweisen, dass keine weiteren erbberechtigten Nachkommen existieren. Das Gericht stellte klar, dass für den Nachweis der Erbfolge in solchen Fällen normalerweise ein Erbschein erforderlich ist, um mögliche Unklarheiten auszuschließen. Eine eidesstattliche Versicherung hat im Grundbuchverfahren nicht die gleiche Beweiskraft wie in anderen Verfahren. Schließlich bestätigte das Gericht, dass es keine Ausnahmen von dieser Regel geben sollte, wenn keine Beweisnot vorliegt. 

Arbeitsrecht

Abwarten eines gekündigten Arbeitnehmers während eines laufenden Kündigungsprozesses 

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 3.5.2024 

Sachverhalt: 
Der Kläger, ein Senior Consultant, wurde von seinem Arbeitgeber zum 30. Juni 2023 gekündigt und für die verbleibende Zeit unter Fortzahlung des Gehalts freigestellt. Während der Freistellung übersandte der Arbeitgeber dem Kläger zahlreiche Jobangebote, auf die sich der Kläger jedoch größtenteils nicht bewarb. Der Kläger forderte daraufhin die Zahlung seines Gehalts für den Monat Juni 2023, was der Arbeitgeber aufgrund des fehlenden Bemühens um anderweitige Beschäftigung verweigerte. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil der Kläger es böswillig unterlassen habe, einen Zwischenverdienst zu erzielen. Der Kläger legte Berufung gegen dieses Urteil ein. 

Entscheidung: 
Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung des Klägers statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung des Gehalts. Es wurde festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet war, sich auf die angebotenen Stellen zu bewerben, da das Arbeitsverhältnis noch bis zum 30. Juni 2023 bestand und er auf den Ausgang seiner Kündigungsschutzklage wartete. Das Gericht befand, dass es dem Kläger unzumutbar gewesen sei, ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen, das ihn möglicherweise daran gehindert hätte, in seine alte Position zurückzukehren. Zudem sei der Kläger nicht böswillig untätig geblieben, da es unwahrscheinlich war, dass eine Bewerbung in dieser Situation erfolgreich gewesen wäre. Schließlich entschied das Gericht, dass der Arbeitgeber für die Verzögerung bei der Zahlung der Vergütung verantwortlich sei. 

 

Beamtenrecht

Verbot zur Führung von Dienstgeschäften 

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2024 – 6 A 430/22 

Sachverhalt: 

Ein Beamter hatte gegen eine Verfügung geklagt, die ihm die Führung seiner Dienstgeschäfte untersagte, da er unter dem Verdacht stand, Dienstgeheimnisse verletzt und Strafvereitelung begangen zu haben. Der Kläger argumentierte, dass das Verbot der Dienstausübung zu Unrecht ergangen sei, da es erst neun Monate nach Bekanntwerden der Verdachtsmomente erlassen wurde. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, da es den Verdacht und die Maßnahme als gerechtfertigt ansah. Daraufhin beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung, um das Urteil anzufechten. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. 

Entscheidung:  

Das Gericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab, da keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des vorangegangenen Urteils bestehen. Es stellte fest, dass der Dienstherr im Rahmen seines Ermessens handeln durfte und das Zuwarten bis zur Verfügungserlassung gerechtfertigt war, um weitere Beweise zu sichern. Der Umstand, dass nach dem Verbot eine Umsetzung des Klägers erfolgte, änderte nichts an der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Maßnahme. Der Verdacht der Straftaten, der die Verfügung begründete, blieb weiterhin bestehen, auch wenn er sich nicht weiter erhärtete. Schließlich reichte das Vorbringen des Klägers nicht aus, um die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Frage zu stellen. 

Schulrecht

Zulassung zum Masterstudiengang nach vermeintlicher Täuschung mittels KI 

VG München, Beschluss v. 08.05.2024 – M 3 E 24.1136 

Sachverhalt: 
Ein Bewerber für den Masterstudiengang „Management and Technology“ an der Technischen Universität München wurde aufgrund angeblich unzureichender Qualifikationen abgelehnt und später wegen des Verdachts auf Täuschung vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen. Der Antragsteller bestritt die Vorwürfe und reichte Klage ein, um vorläufig zum Studiengang zugelassen zu werden. Die Universität argumentierte, dass das eingereichte Essay des Antragstellers unter Verwendung unerlaubter Hilfsmittel, insbesondere KI-Tools, erstellt worden sei. Die Entscheidung der Universität basierte auf einer Überprüfung des Essays durch Software sowie durch menschliche Prüfer, die signifikante Unterschiede in der Qualität der Textpassagen feststellten. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, um eine vorläufige Zulassung zu erzwingen, wurde abgelehnt. 

 

Entscheidung: 
Das Gericht wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab, weil der Antragsteller keinen glaubhaften Anordnungsanspruch nachweisen konnte. Es bestätigte die Einschätzung der Universität, dass das Essay des Antragstellers gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verstieß, da Teile des Essays wahrscheinlich durch ein KI-Tool generiert wurden. Die Feststellung beruhte auf auffälligen Unterschieden zwischen den Textpassagen hinsichtlich Struktur, sprachlicher Prägnanz und inhaltlicher Konsistenz. Der Einwand des Antragstellers, die Software sei unzuverlässig, wurde zurückgewiesen, da die endgültige Bewertung auf menschlicher Überprüfung basierte. Letztlich sah das Gericht keinen Grund, an der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses vom Bewerbungsverfahren zu zweifeln. 

News diese Woche

Agentur muss Flug trotz Ein­rei­se­ver­bots für Urlauber bezahlen  

Sachverhalt: 

Eine Reiseagentur buchte während der Corona-Pandemie eine Flugreise in die USA für ihre Kunden, die aufgrund eines Einreiseverbots nicht stattfinden konnte. Nachdem die Reiseagentur den Flugpreis zunächst gezahlt hatte, forderte sie die Rückerstattung des Betrags vom Flugreiseanbieter, da die Reise nicht angetreten werden konnte. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Reiseagentur keinen Anspruch auf Rückzahlung hat, weil sie das Risiko des Einreiseverbots bei der Buchung übernommen hatte. Die Reiseagentur hätte das Einreiseverbot und die damit verbundenen Risiken erkennen können und war daher für die Unmöglichkeit der Reise verantwortlich. Somit blieb die Verpflichtung zur Zahlung des Flugpreises bestehen. 

Entscheidung: 

Der BGH stellte fest, dass die Reiseagentur für die Unmöglichkeit der Flugreise “allein oder weit überwiegend” verantwortlich war, weil sie das Risiko des bestehenden Einreiseverbots bei der Buchung kannte oder hätte kennen müssen. Ein Rücktrittsrecht gemäß § 326 Abs. 5 BGB wurde verneint, da die Reiseagentur durch die Buchung das Risiko stillschweigend übernommen hatte. Entscheidend für die Entscheidung war, dass die Reiseagentur bessere Erkenntnismöglichkeiten hatte als der Flugreiseanbieter, um das Einreiseverbot und dessen Auswirkungen zu beurteilen. Der BGH sah keinen Bereicherungsanspruch der Reiseagentur, da die Gründe für die Unmöglichkeit der Leistung im Risikobereich der Reiseagentur lagen. Die Entscheidung des BGH könnte auf ähnliche Fälle während der Pandemie angewendet werden, wobei stets die konkreten Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. 

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