Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Nachweis Erbfolge gegenüber Grundbuchamt bei Pflichtteilsstrafklausel
OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 12.09.2024 – 20 W 212/23
Sachverhalt:
Die Kinder eines verstorbenen Ehepaares sind Mitglieder einer Erbengemeinschaft und haben ein gemeinschaftliches notarielles Testament vorgelegt, das eine Pflichtteilsstrafklausel enthält. Nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils wurde ein Grundstück innerhalb der Erbengemeinschaft auf einen Erben übertragen, was eine Grundbuchänderung erforderlich machte. Das Grundbuchamt verlangte zum Nachweis der Erbfolge entweder einen Erbschein oder notariell beurkundete eidesstattliche Versicherungen, die bestätigen, dass kein Pflichtteil nach dem ersten Erbfall geltend gemacht wurde. Die Erben legten beglaubigte eidesstattliche Versicherungen vor, die vom Ortsgericht oder Notaren ausgestellt wurden. Das Grundbuchamt wies diese zurück, da sie nicht den Anforderungen an notarielle Beurkundungen entsprachen.
Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass notarielle eidesstattliche Versicherungen notwendig sind, um die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils nachzuweisen, da diese den höchsten Beweiswert bieten. Einfache Unterschriftsbeglaubigungen reichen nicht aus, da sie keine umfassende Belehrung und Beratung durch einen Notar gewährleisten. Nur durch notarielle Beurkundung wird eine ausreichende Sicherheit über die Richtigkeit und Ernsthaftigkeit der Erklärung erzielt. Die fehlende Möglichkeit zur Rückfrage oder individuellen Belehrung bei bloßer Beglaubigung stellt ein wesentliches Defizit dar. Das Grundbuchamt war somit berechtigt, die Eintragung zu verweigern, bis die geforderten notarielle eidesstattliche Versicherungen vorgelegt werden.
Arbeitsrecht
Befristung eines Arbeitsvertrages im Wege eines Vergleichs
LAG Niedersachsen, Urteil vom 10.09.2024 – 10 Sa 818/23
Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2018 als Arbeitnehmer bei der Beklagten tätig, nachdem er zuvor jahrelang als Leiharbeiter im gleichen Betrieb gearbeitet hatte. Ein Rechtsstreit über die Befristung seines Arbeitsverhältnisses führte zu einem gerichtlichen Vergleich, der das Arbeitsverhältnis bis zum 30. Juni 2023 befristete und den Kläger bis dahin unwiderruflich bezahlte freistellte. Die Befristung wurde mit der Schließung des Atomkraftwerks begründet, in dem der Kläger tätig war. Der Kläger reichte später eine Klage ein, um die Unwirksamkeit der Befristung feststellen zu lassen, da er behauptete, dass weiterhin Beschäftigungsbedarf bestanden habe. Das Arbeitsgericht entschied zunächst zugunsten des Klägers und erklärte die Befristung für unwirksam.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hob das Urteil der ersten Instanz auf und erklärte die Befristung für wirksam. Es begründete dies damit, dass der Vergleich im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geschlossen wurde und daher nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG einen Befristungsgrund darstellt. Zudem wurde die Befristung durch die „Eigenart der Arbeitsleistung“ gerechtfertigt, da das Arbeitsverhältnis während der Befristung nur für die bezahlte Freistellung fortgesetzt wurde, was einer Abfindungslösung ähnlich sei. Das Gericht stellte fest, dass die Vereinbarung keine Gesetzes- oder Sittenverstöße aufweist und der Kläger die Möglichkeit hatte, den Vergleich eingehend zu prüfen. Eine Revision wurde zugelassen, da die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung hat.
Beamtenrecht
Anforderungen an die Begründung des Gesamtergebnisses einer dienstlichen Beurteilung
OVG Koblenz, Beschluss vom 3.09.2024 – 2 B 10676/24.OVG
Sachverhalt:
Der Antragsteller wandte sich gegen die Auswahlentscheidung einer Beförderung im Ministerium für Klimaschutz, da er durch das Vergabeverfahren benachteiligt wurde. Grundlage der Auswahl waren dienstliche Beurteilungen, darunter die des Antragstellers, die im sogenannten Ankreuzverfahren erstellt wurde. Die Beurteilung enthielt Einzelbewertungen zu verschiedenen Kompetenzen, aus denen ein Gesamturteil abgeleitet wurde. Der Antragsteller bemängelte, dass das Gesamturteil nicht ausreichend begründet sei und somit die Grundlage der Auswahlentscheidung fehlerhaft sei. Das Verwaltungsgericht Mainz gab dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz statt, woraufhin der Antragsgegner Beschwerde einlegte.
Entscheidung:
Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und entschied, dass die Begründung des Gesamtergebnisses der Beurteilung unzureichend sei. Es betonte, dass das aus Einzelbewertungen abgeleitete Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel begründet sein muss, insbesondere bei uneinheitlichen Einzelbewertungen. Die pauschale Verweisung auf eine „Würdigung, Gewichtung und Abwägung“ genügte diesen Anforderungen nicht. Eine Begründung könne nur dann entfallen, wenn das Gesamturteil aufgrund der Einzelbewertungen so eindeutig ist, dass keine andere Note in Betracht kommt, was hier nicht der Fall war. Daher sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, und der Antragsteller könne bei einer erneuten Auswahlentscheidung bevorzugt werden.
Schulrecht
Zugang einer Lehrerin des gehobenen Dienstes zum höheren wissenschaftlichen Dienst
VGH Kassel, Urteil vom 17.09.2024 – 1 A 626/23
Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Lehrerin an allgemeinbildenden Schulen in Hessen, strebte den Aufstieg in den höheren Dienst als Studienrätin im Hochschuldienst (Besoldungsgruppe A 13) an. Sie verfügte über eine Lehrbefähigung für Grund- und Realschulen sowie eine Promotion im Fach Germanistik. Ihr Antrag wurde von der Universität abgelehnt, mit der Begründung, dass ihre Qualifikationen nicht den formalen Anforderungen für den Zugang zum höheren wissenschaftlichen Dienst entsprächen. Die Klägerin argumentierte, ihre Promotion und bisherige Berufserfahrung seien einem Masterabschluss gleichwertig. Das Verwaltungsgericht Gießen hob den Ablehnungsbescheid auf und verpflichtete die Universität, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der gerichtlichen Rechtsauffassung neu zu prüfen.
Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass die Klägerin die Voraussetzungen für den Zugang zum höheren wissenschaftlichen Dienst erfüllt. Insbesondere wurde ihre Promotion in Kombination mit einem ergänzenden Studium als gleichwertig zu einem Masterabschluss anerkannt. Zudem habe die Klägerin durch ihre Tätigkeit als Studienrätin im Hochschuldienst die fachlichen Anforderungen und berufliche Praxis für das Eingangsamt nachgewiesen. Das Amt der Studienrätin im Hochschuldienst sei der Fachrichtung des wissenschaftlichen Dienstes zuzuordnen, sodass kein Fachrichtungswechsel vorliege. Die Universität wurde verpflichtet, den Antrag der Klägerin erneut zu bescheiden, wobei sie die Entscheidung an die gerichtlichen Vorgaben anzupassen hat.
News diese Woche
Lebensversicherer: BaFin prüft jetzt Konsequenzen aus BGH-Urteil
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. September 2024 hat die Rückkaufswertkalkulation bei Lebensversicherungen beanstandet, insbesondere in den ersten fünf Vertragsjahren bei laufender Beitragszahlung. Der BGH entschied, dass Abschlusskosten auf maximal 25 Promille der Beitragssumme begrenzt werden müssen und nicht über den gesamten Beitragszeitraum verteilt werden dürfen. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf die Tarifgestaltung und die Rückkaufswerte neuer Verträge haben. Die BaFin prüft derzeit, welche Konsequenzen sich aus dem Urteil ergeben und ob es auch auf bestehende Verträge anzuwenden ist. Experten erwarten, dass individuelle Lösungen notwendig sein werden, da keine pauschalen Ansätze erkennbar sind.