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Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Bindungswirkung von wechselbezüglichen Verfügungen im Testament 

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.12.2024- 14 W 87/24 

Sachverhalt: 

Der Erblasser, verstorben im Jahr 2021, hatte mit seiner ersten Ehefrau im Jahr 1980 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu befreiten Vorerben und ihre gemeinsamen Söhne zu Nacherben des Letztversterbenden einsetzten. Nach dem Tod der ersten Ehefrau im Jahr 1981 heiratete der Erblasser erneut und errichtete mit seiner zweiten Ehefrau zwei weitere Testamente (2007 und 2019), die diese als Alleinerbin einsetzten. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die zweite Ehefrau einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Der Sohn aus der ersten Ehe beantragte die Einziehung dieses Erbscheins, da er durch das Testament von 1980 als Nacherbe eingesetzt worden sei. Das Nachlassgericht lehnte die Einziehung des Erbscheins zunächst ab. 

 
Entscheidung: 

Das Gericht hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und ordnete die Einziehung des Erbscheins an, da die Testamente von 2007 und 2019 wegen Bindungswirkung des Testaments von 1980 unwirksam waren. Es stellte fest, dass die wechselbezüglichen Verfügungen im Testament von 1980 den Willen der Ehepartner dokumentierten, das verbleibende Vermögen nach dem Tod des Letztversterbenden den gemeinsamen Kindern zukommen zu lassen. Das Gericht betonte, dass solche Verfügungen nicht einseitig geändert werden können, sobald einer der Ehegatten verstorben ist. Die zweite Ehefrau konnte daher nicht wirksam als Alleinerbin eingesetzt werden. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Bindungswirkung bei gemeinschaftlichen Testamenten und schützt den Willen des zuerst Verstorbenen. 

Arbeitsrecht

Kündigung aufgrund von wahrheitswidrigen Behauptungen 

LAG Köln, Urteil vom 15.10.2024 – 4 Sa 186/23 

Sachverhalt: 
Der Kläger, ein deutscher Staatsbürger, war seit 2008 als Sales-Manager bei der Beklagten, einer halbstaatlichen Fluggesellschaft, beschäftigt. Im Jahr 2018 unterzeichnete er einen neuen Arbeitsvertrag, der die Anwendung des Arbeits- und Sozialrechts eines anderen Landes vorsah, was die Parteien später strittig stellten. Nach einer bereits vorherigen Kündigung und einem gerichtlichen Verfahren, in dem diese Kündigung als unwirksam erklärt wurde, sprach die Beklagte zwei weitere Kündigungen (2021 und 2022) aus. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklagen, wobei er unter anderem die Unwirksamkeit des neuen Vertrags geltend machte und die Einhaltung deutschen Arbeitsrechts forderte. Beide Kündigungen basierten auf Vorwürfen der Illoyalität und wahrheitswidriger Behauptungen des Klägers. 

Entscheidung: 
Das Gericht erklärte die Kündigungen der Beklagten für unwirksam, da diese weder sozial gerechtfertigt noch aus wichtigem Grund nach § 626 BGB begründet waren. Es stellte fest, dass der Kläger in seinen Aussagen berechtigte Interessen wahrgenommen und keine bewusst unwahren Behauptungen aufgestellt hatte. Weiterhin war die Kündigungserklärung wegen Formmängeln (§ 174 BGB) unwirksam, da der unterzeichnende Direktor nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt war. Der Kläger war berechtigt, seine Ansprüche bei Sozialversicherungsträgern geltend zu machen, ohne zuvor eine interne Klärung zu suchen. Das Gericht wies auch den Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurück und verpflichtete diese zur Weiterbeschäftigung des Klägers. 

Beamtenrecht

Stellenbesetzung mit alternativen Qualifikationen 

VG Hannover, Beschluss vom 18.10.2024 – 13 B 2401/24 

Sachverhalt: 

Ein Beamter der Besoldungsgruppe A13 klagte gegen die Besetzung einer Stelle als Dezernatsleiter (Besoldungsgruppe A16), die der Dienstherr einem anderen Bewerber, einem Angestellten mit vergleichbarer Qualifikation, zugewiesen hatte. Der Kläger bemängelte, dass das Bewerbungsverfahren fehlerhaft sei, insbesondere weil in der Stellenausschreibung keine Hochschulqualifikation im sozialen Bereich vorausgesetzt wurde, obwohl diese in der Stellenbeschreibung erwähnt war. Weiterhin beanstandete er, dass die dienstlichen Beurteilungen nicht vergleichbar seien, weil sie auf unterschiedlichen Bewertungsrichtlinien basierten. Der Kläger argumentierte zudem, dass seine Führungserfahrung und Qualifikationen im sozialen Bereich im Vergleich zu den Mitbewerbern nicht ausreichend gewürdigt wurden. Die Position wurde dennoch dem Mitbewerber zugesprochen, der sich in strukturierten Auswahlgesprächen besser präsentierte. 

Entscheidung:  

Das Verwaltungsgericht Hannover stellte fest, dass die Öffnung der Stellenausschreibung für Bewerber ohne Hochschulabschluss im sozialen Bereich rechtlich zulässig war und in das Organisationsermessen des Dienstherrn fiel. Die Entscheidung, auch Bewerber mit alternativen Qualifikationen zuzulassen, diene der Flexibilisierung und Attraktivität der Stellenbesetzung und sei sachlich gerechtfertigt. Die vergleichenden dienstlichen Beurteilungen wurden vom Gericht als hinreichend gleichwertig anerkannt, da alle Bewerber nach denselben Bewertungsmaßstäben beurteilt wurden. Zudem sei es dem Dienstherrn erlaubt, bei gleichwertigen Beurteilungen die Ergebnisse eines strukturierten Auswahlgesprächs für die endgültige Entscheidung heranzuziehen. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers wurde daher nicht verletzt, und der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde abgelehnt. 

Schulrecht

Sportschule – Eilverfahren zur Teilnahme am Schwimmtraining  

OVG Magdeburg, Beschluss vom 28.10.2024 – 3 M 161/24 

Sachverhalt: 
Ein Schüler einer Sportschule beantragte im Eilverfahren, weiterhin am Schwimmtraining teilnehmen zu dürfen, bis ein neuer Verbleibetest unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben durchgeführt wird. Hintergrund war, dass der Schüler in den letzten beiden Schuljahren die festgelegten sportlichen Anforderungen nicht erfüllen konnte und ihm deshalb ein Klassenwechsel an eine Schule ohne sportlichen Schwerpunkt drohte. Die Leistungsüberprüfungen des Schülers fanden in Form von Wettkämpfen und einem Verbleibetest statt, bei denen er die erforderlichen Normzeiten nicht erreichte. Der Schüler kritisierte die Testbedingungen als fehlerhaft, insbesondere wegen ungleicher Zeitabstände der Prüfungen und der fehlenden Anwesenheit der Trainer. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag des Schülers ab, woraufhin dieser Beschwerde einlegte. 

Entscheidung: 
Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde zurück, da die Überprüfungen der sportlichen Leistungen des Schülers den Vorgaben des einschlägigen Runderlasses entsprachen. Der Runderlass schreibt lediglich eine jährliche Bewertung der sportlichen Leistungen vor, ohne konkrete Vorgaben zu Zeitpunkt oder Ablauf der Tests zu machen. Die Tests wurden standardisiert durchgeführt und von den verantwortlichen Trainern und Verbandsvertretern bewertet, was den Vorgaben genügte. Die Tatsache, dass die Prüfungen nicht gleichzeitig stattfanden, beeinträchtigte nicht deren Aussagekraft, da der Schüler ausreichend Gelegenheiten hatte, die erforderlichen Normzeiten zu erreichen. Da der Schüler bei allen Tests deutlich hinter den geforderten Leistungen zurückblieb, bestand kein Anspruch auf eine erneute Überprüfung seiner sportlichen Leistungsfähigkeit. 

News diese Woche

OLG Frankfurt: Medien müssen Angeklagte vorab anhören  

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass Medien bei Verdachtsberichterstattungen während laufender Strafverfahren die betroffene Person vor der Veröffentlichung anhören und deren Stellungnahme berücksichtigen müssen. Ein israelischer Staatsbürger, der in Hessen wohnt, hatte sich gegen hebräische Berichte gewehrt, die ihn namentlich und mit Fotos identifizierten, ohne seine Sichtweise einzubeziehen. Die Berichte thematisierten eine Forderung Deutschlands nach seiner Auslieferung wegen Betrugsverdachts in einer kriminellen Vereinigung und seine Verhaftung auf dem Weg von Israel nach Kiew. Das Gericht betonte, dass Medien grundsätzlich Verfehlungen konkret benennen dürfen, jedoch bei Verdachtsfällen eine Anhörung unerlässlich sei. Da diese Anhörung unterblieben war, wurde die identifizierende Berichterstattung untersagt. 

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