Kann Deutschland seine Grenzen kontrollieren?

Eine verfassungsrechtliche Einordnung von Hans-Jürgen Papier aus 2013 – eine Darstellung des Rechtsrahmens – eine KI-Definition staatlicher und gesellschaftlicher Überforderung durch Migration und Asylsuchende
Hans-Jürgen Papier:
beck-aktuell im Oktober 2013:
Ex-BVerfG-Präsident Papier: Asylrecht wird Herausforderungen nicht gerecht.
Er forderte in einem Gespräch mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag) mit Blick auf die geplante europäische Asylreform, dass das Recht, einen Asylantrag stellen zu dürfen, „nicht länger zweckentfremdet werden kann als Türöffner und Rechtfertigung einer an sich illegalen Einwanderung“. Die Durchführung der aufwendigen Asylverfahren auch für die vielen Menschen, die offenkundig kein Recht auf Asyl und internationalen Schutz hätten, „war und ist dysfunktional und objektiv Rechtsmissbrauch“, sagte er. Ob ein Schutzanspruch überhaupt in Betracht kommen kann, sollte nach Meinung Papiers bereits vor der Einreise in die EU und vor dem Grenzübertritt entschieden werden.
Zurückweisungen an den Grenzen sind möglich und geboten», sagt Deutschlands einst oberster Verfassungshüter
Wegen dieser EU-Verordnung (Dublin III) müsse man zunächst alle Personen einlassen, die an der Grenze Asyl begehrten, tragen Politiker, Juristen und Journalisten unentwegt als Begründung vor, um zu rechtfertigen, was nach Kontrollverlust aussieht. Erst dann könne man sie an den zuständigen Staat zurückschicken.
«Das ist nicht richtig», sagt der deutsche Staatsrechtsprofessor und frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, im Gespräch mit der NZZ. Diese Argumentation habe eher ideologische Motive denn rechtliche. Zurückweisungen an den Grenzen seien nicht nur möglich, sondern sogar geboten. Auch die europäische Integration kenne Schranken, und zwar dort, wo Kernbereiche der nationalen Souveränität betroffen seien. Das sei hier der Fall. Im Übrigen sei Dublin III gerade mit dem Ziel geschaffen worden, eine europäische Binnenmigration zu verhindern.
Was sind die Grundlagen des Asylrechts und welche Handlungen sind möglich:
Die Zunahme von Gewalttaten durch Migranten stellt eine ernste Herausforderung für die öffentliche Sicherheit und den sozialen Frieden dar. Verfassungsrechtlich ist der Staat verpflichtet, wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung zu schützen, insbesondere Kinder. Dies umfasst strafrechtliche, migrationsrechtliche und präventive Maßnahmen. Gleichzeitig müssen die Grundrechte von Migranten und die Prinzipien des Rechtsstaats gewahrt bleiben.
Ein ausgewogenes Handeln, das sowohl die Sicherheit der Bevölkerung garantiert als auch die rechtsstaatlichen Prinzipien schützt, ist unerlässlich, um langfristig die Stabilität und Integrität des Gemeinwesens zu sichern.
Verfassungsrechtliche Grundlagen des Asylrechts
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Grundrecht auf Asyl, Art. 16a GG
Art. 16a Abs. 1 GG garantiert politisch Verfolgten ein Grundrecht auf Asyl. Dieses Grundrecht stellt eine historisch und rechtlich stark abgesicherte Norm dar, die einen individuellen Schutzanspruch beinhaltet.Art. 16a Abs. 2 GG schränkt dieses Grundrecht allerdings durch die sogenannte Drittstaatenregelung ein: Personen, die aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen, können sich nicht auf das Grundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Sämtliche Nachbarstaaten Deutschlands gelten als sichere Drittstaaten (Art. 16a Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. § 26a AsylG).
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Vorrang der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG
Das Grundrecht auf Asyl unterliegt zwar Einschränkungen, jedoch sind diese immer unter Beachtung der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) auszulegen. Das bedeutet, dass Zurückweisungen an den Grenzen keine Situation schaffen dürfen, in der Schutzsuchende menschenunwürdigen Bedingungen ausgesetzt werden. -
Verbot der Zurückweisung in unmenschliche Behandlung (Art. 3 EMRK, Non-Refoulement-Prinzip)
Die Bundesrepublik Deutschland ist durch Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und das völkerrechtliche Non-Refoulement-Prinzip verpflichtet, Asylsuchende nicht in Länder zurückzuweisen, in denen ihnen Folter, unmenschliche Behandlung oder andere Gefahren drohen. Dies ist unmittelbar bindend und auch in der deutschen Rechtsordnung über Art. 25 GG verankert.
Europarechtliche Vorgaben
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Dublin-III-Verordnung
Nach der Dublin-III-Verordnung (VO (EU) Nr. 604/2013) ist grundsätzlich der EU-Mitgliedstaat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig, in dem der Asylsuchende zuerst registriert wurde. -
EU-Grundrechtecharta (GRC)
Art. 18 der GRC garantiert das Recht auf Asyl im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention. Zudem verpflichtet Art. 19 Abs. 2 GRC die Mitgliedstaaten, niemanden in ein Land zurückzuweisen, in dem Folter oder andere unmenschliche Behandlung drohen. -
Prüfung sicherer Drittstaaten durch die EU
Auch die Drittstaatenregelung aus Art. 16a GG muss im Kontext des EU-Rechts gesehen werden. Selbst wenn ein Nachbarstaat als „sicher“ gilt, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Rückkehr dorthin mit den Grundrechten der EU vereinbar ist.
Praktische Umsetzung und Verfassungsfragen
Zurückweisung an der Grenze nach § 18 Abs. 2 AsylG
§ 18 Abs. 2 AsylG erlaubt die Zurückweisung von Personen, die über sichere Drittstaaten einreisen. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn ein Zugang zu einem fairen Asylverfahren im Drittstaat gewährleistet ist. Andernfalls würde ein Verstoß gegen das Non-Refoulement-Prinzip vorliegen.
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Fehlende Funktionsfähigkeit der Dublin-Regeln
Die Dublin-III-Verordnung regelt, dass der EU-Mitgliedstaat, in dem ein Asylbewerber zuerst ankommt, für die Bearbeitung des Antrags zuständig ist. In der Praxis stoßen diese Regelungen oft an ihre Grenzen:- Ungleiche Verteilung: Staaten mit Außengrenzen (z. B. Griechenland, Italien, Spanien) tragen eine unverhältnismäßige Last.
- Sekundärmigration: Asylbewerber reisen häufig weiter, um in Staaten mit besseren Lebensbedingungen und Sozialsystemen Asyl zu beantragen.
Diese Dysfunktionalität führt zu einer Belastung der Staaten, die nicht an den Außengrenzen liegen, und zu Spannungen innerhalb der EU.
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Unzureichender Schutz der Außengrenzen
Der unzureichende Schutz der EU-Außengrenzen beeinträchtigt die Kontrolle über die Migration. Dies stellt eine doppelte Herausforderung dar:- Verstoß gegen das Prinzip der Kontrolle über Einreisen: Gemäß Art. 77 AEUV ist die EU verpflichtet, ein funktionierendes Grenzmanagement zu gewährleisten.
- Gefahr des Systemversagens: Die mangelnde Sicherung der Außengrenzen untergräbt die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Asylsystems.
Wenn es in Deutschland zu einer Zunahme von Gewalttaten durch Migranten kommt, einschließlich schwerer Straftaten wie Messerattacken auf Kinder, ergeben sich daraus ernsthafte rechtliche und gesellschaftliche Herausforderungen. Diese betreffen nicht nur den Schutz der öffentlichen Sicherheit, sondern auch die Integrität der verfassungsmäßigen Ordnung.
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Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
Der Staat hat eine grundrechtliche Schutzpflicht gegenüber allen Menschen, die sich auf seinem Staatsgebiet aufhalten. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG garantiert das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das zu den höchsten Rechtsgütern der Verfassung zählt. Eine Zunahme von Gewalttaten, insbesondere gegen besonders schutzbedürftige Gruppen wie Kinder, verlangt daher zwingend ein staatliches Handeln, um diesen Schutz zu gewährleisten. -
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Art. 20 Abs. 3 GG
Der Staat ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Dies umfasst die Pflicht, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu garantieren. Bei einer Zunahme von Straftaten durch Migranten muss der Staat Maßnahmen ergreifen, die geeignet und erforderlich sind, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. -
Besonderer Schutz von Kindern, Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG
Kinder genießen nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG besonderen staatlichen Schutz. Der Staat hat eine verstärkte Verantwortung, Kinder vor Gefahren zu bewahren, einschließlich solcher, die von Gewalttätern ausgehen.
Migrationsrechtliche Maßnahmen
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Beschleunigte Asylverfahren und konsequente Rückführungen
Bei Personen, die keinen Schutzbedarf haben und gleichzeitig strafrechtlich auffällig werden, muss der Staat konsequente Rückführungen durchsetzen. Das Rückführungsmanagement könnte durch bilaterale Abkommen mit Herkunftsländern verbessert werden. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 53 Abs. 1 AufenthG (Abschiebung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit). -
Verschärfte Einreisekontrollen
Um der Problematik unkontrollierter Migration entgegenzuwirken, könnten Grenzkontrollen zeitweise eingeführt oder verstärkt werden, sofern dies europarechtlich zulässig ist (Art. 25 Schengener Grenzkodex). Die Einreise von Personen, die bereits in anderen Staaten registriert sind, könnte konsequenter abgelehnt werden.
Artikel 25 Schengener Grenzkodex: Im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit auf Ebene des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder auf nationaler Ebene, insbesondere als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen oder von Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität, könnte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Ausnahmefall geboten sein.
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Entzug des Schutzstatus bei Straftätern
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG kann der Schutzstatus entzogen werden, wenn eine Person eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Dies gilt insbesondere bei schweren Straftaten.
§ 60 Abs. 8 Satz AufenthG: Von der Anwendung des Absatzes 1 ist abzusehen, wenn der Ausländer
- 1.die Voraussetzungen des § 3 Absatz 2 des Asylgesetzes erfüllt oder
- 2.aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder
- 3.eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.
Gesellschaftliche und politische Maßnahmen
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Wahrung des sozialen Friedens
Der Staat hat die Aufgabe, Spannungen in der Gesellschaft zu verhindern, die durch solche Straftaten verschärft werden könnten. Populistische Narrative oder Pauschalisierungen gegen Migranten müssen verhindert werden, um gesellschaftliche Spaltung zu vermeiden. -
Aufklärung und Kommunikation
Es ist wichtig, die Bevölkerung transparent über Sicherheitsmaßnahmen und deren Wirksamkeit zu informieren, um Ängsten entgegenzuwirken und Vertrauen in staatliches Handeln zu stärken.
Verfassungsrechtliche Grenzen
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Wahrung der Grundrechte von Migranten
Auch bei schwerwiegenden Delikten gelten die Grundrechte der Migranten. Maßnahmen wie Abschiebungen oder Freiheitsentziehungen dürfen nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) oder das Non-Refoulement-Prinzip (Art. 33 Genfer Flüchtlingskonvention) verstoßen. -
Verbot der Kollektivhaftung
Es ist verfassungsrechtlich unzulässig, Maßnahmen zu ergreifen, die alle Migranten pauschal unter Generalverdacht stellen. Differenzierte Maßnahmen, die sich gegen Straftäter richten, sind hingegen zulässig und geboten.
Wie definiert KI staatliche und gesellschaftliche Überforderung durch Migration und Asylsuchende
Staatliche und gesellschaftliche Überforderung durch Migration und Asylsuchende beschreibt eine Situation, in der die Kapazitäten eines Staates und seiner Gesellschaft aufgrund einer hohen Zahl an Migranten und Asylsuchenden an ihre Grenzen stoßen oder diese überschreiten.
Staatliche Überforderung
Staatliche Überforderung liegt vor, wenn staatliche Institutionen nicht mehr in der Lage sind, ihre rechtlichen und verfassungsmäßigen Aufgaben im Zusammenhang mit Migration und Asyl effizient und wirksam zu erfüllen. Dies zeigt sich insbesondere in folgenden Bereichen:
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Asyl- und Migrationsmanagement
- Überlastung von Behörden, wie BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten, durch eine hohe Anzahl von Asylanträgen.
- Verzögerungen und Rückstände bei der Bearbeitung von Anträgen, die zu langen Aufenthaltszeiten ohne gesicherte Perspektive führen.
- Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber, insbesondere bei fehlender Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer.
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Aufnahme- und Unterbringungskapazitäten
- Mangel an Unterkünften für Asylsuchende, Überfüllung von Aufnahmeeinrichtungen und Notunterkünften.
- Hoher Kostenaufwand für die Errichtung und den Betrieb solcher Einrichtungen.
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Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
- Herausforderung, das subjektive und objektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu gewährleisten, insbesondere bei einer steigenden Zahl von Straftaten im Zusammenhang mit Migration.
- Ressourcenknappheit bei Polizei und Justiz.
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Soziale Sicherungssysteme
- Überlastung von Sozialsystemen, insbesondere bei Transferleistungen wie Unterkunft, Krankenversorgung und sozialen Unterstützungsleistungen.
- Finanzielle Belastung durch Integration, Sprachförderung und Bildungsmaßnahmen.
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Grenzschutz und europäische Kooperation
- Schwierigkeiten bei der Kontrolle und Sicherung der Grenzen, insbesondere bei starkem Migrationsdruck.
- Fehlende oder unzureichende europäische Solidarität, die die Kapazitäten einzelner Staaten überstrapaziert.
Gesellschaftliche Überforderung
Gesellschaftliche Überforderung tritt ein, wenn die Bevölkerung in Teilen oder als Ganzes die sozialen und kulturellen Auswirkungen von Migration und Asyl als überfordernd empfindet oder objektiv damit konfrontiert ist. Dies kann verschiedene Formen annehmen:
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Integration
- Überforderung von Schulen, sozialen Einrichtungen und Arbeitsmarktstrukturen, um Migranten und Asylsuchende erfolgreich zu integrieren.
- Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Sprache, Werten und Normen, insbesondere bei stark abweichenden kulturellen Hintergründen.
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Spannungen und Konflikte
- Entstehung von sozialen Spannungen zwischen einheimischer Bevölkerung und Migranten durch wahrgenommene oder tatsächliche Ungerechtigkeiten (z. B. in Bezug auf Zugang zu Sozialleistungen oder Wohnraum).
- Zunahme von Vorurteilen, Diskriminierung und Ressentiments gegenüber Migranten sowie wachsender Einfluss populistischer Strömungen.
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Belastung der Infrastruktur
- Überlastung von Gesundheits-, Bildungs- und Verkehrssystemen in bestimmten Regionen durch eine plötzliche oder starke Zuwanderung.
- Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum, insbesondere in Großstädten.
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Kulturelle Anpassung und Identität
- Befürchtungen der einheimischen Bevölkerung, dass traditionelle Werte, Normen oder die kulturelle Identität durch die Zuwanderung verändert oder verdrängt werden könnten.
- Schwierigkeiten für Migranten, sich an die kulturellen Gepflogenheiten des Aufnahmelandes anzupassen, was Integrationskonflikte verstärken kann.
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Gefühl der Ungleichbehandlung
- Wahrnehmung, dass Migranten bevorzugt behandelt werden (z. B. bei der Wohnungsvergabe oder im Zugang zu Sozialleistungen), was die gesellschaftliche Akzeptanz mindert.
- Wahrnehmung, dass der Staat seinen Schutzpflichten gegenüber der einheimischen Bevölkerung nicht ausreichend nachkommt.