Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Beschwerdewert eines Auskunftsanspruchs
BGH, Beschluss vom 2.10.2024 – IV ZB 29/23
Sachverhalt:
Die Klägerin macht als Pflichtteilsberechtigte gegenüber der Beklagten, der Erbin eines 2013 verstorbenen Erblassers, einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass geltend. Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Vorlage eines Verzeichnisses gemäß § 260 BGB, das u.a. alle vorhandenen Vermögenswerte und Schenkungen der letzten zehn Jahre umfassen sollte. Die Beklagte legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, die vom Oberlandesgericht Hamm jedoch als unzulässig verworfen wurde. Dagegen erhob die Beklagte eine Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig.
Entscheidung:
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, da der für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Beschwerdewert von über 600 € nicht erreicht wurde. Zur Berechnung dieses Wertes sei der Zeit- und Kostenaufwand der Auskunftserteilung maßgeblich, wobei sich das Gericht auf die Zeugenentschädigungssätze stützte. Die Beklagte konnte nicht darlegen, dass eine sachgerechte Auskunftserteilung ohne Steuerberater unmöglich sei oder dass außergewöhnlich hohe Kosten für Bankauskünfte und andere Ermittlungen anfallen würden. Zudem seien Wertangaben oder eine Zwischenbilanz für Unternehmensbeteiligungen nicht erforderlich, sondern lediglich eine Auflistung der vorhandenen Nachlassgegenstände. Der BGH sah keinen Anlass, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu überdenken, und erklärte die Rechtsbeschwerde für unzulässig.
Arbeitsrecht
Zu arbeitsvertraglichen Ansprüchen eines Fußballtrainers
ArbG Aachen, Urteil vom 19.11.2024 – 8 ca 3230/23
Sachverhalt:
Ein Fußballtrainer klagte gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, einen Verein aus der Regionalliga West, auf ausstehende Gehalts- und Prämienzahlungen sowie die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung oder Kündigung geendet habe. Der Kläger war ursprünglich als Sportdirektor tätig und übernahm später die Position des Cheftrainers, jedoch ohne die für die 3. Liga erforderliche „Pro Lizenz“. Nach seiner Freistellung kam es zu Streitigkeiten über Prämienansprüche, da der Verein argumentierte, dass diese im Fall einer Freistellung nicht gezahlt werden müssten. Zudem berief sich der Verein auf eine Befristung des Arbeitsverhältnisses und sprach mehrere Kündigungen aus. Der Kläger machte geltend, dass die Befristung unwirksam sei und die Kündigungen ihn nicht wirksam aus dem Arbeitsverhältnis entlassen hätten.
Entscheidung:
Das Gericht gab dem Kläger teilweise Recht und verurteilte den Verein zur Zahlung ausstehender Gehälter und Prämien bis zum 30. Juni 2024, da die Klausel zum Prämienausschluss bei Freistellung als unwirksam erachtet wurde. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses wurde für unwirksam erklärt, da der Vertrag erst nach Arbeitsbeginn schriftlich fixiert wurde, was gegen die gesetzlichen Formvorschriften verstieß. Dennoch bestätigte das Gericht die Kündigung des Klägers zum 31. Juli 2024, da er nicht über die für die 3. Liga erforderliche Trainerlizenz verfügte und sich nicht ausreichend um deren rechtzeitigen Erwerb bemüht hatte. Eine Weiterbeschäftigung wurde abgelehnt, ebenso wie weitere Gehaltsansprüche nach dem 1. Juli 2024. Die Kosten des Verfahrens wurden zwischen den Parteien aufgeteilt.
Beamtenrecht
Zulassung eines Berufssoldaten zur Offizierslaufbahn – Potenzialfeststellung
BVerwG, Beschluss vom 29.10.2024 – 1 WB 36.23
Sachverhalt:
Eine Berufssoldatin der Bundeswehr beantragte die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, wurde jedoch aufgrund ihres Ergebnisses in der Potenzialfeststellung abgelehnt. Die Bundeswehr setzt dieses Verfahren als maßgebliches Auswahlkriterium ein, obwohl es nur auf Verwaltungsvorschriften basiert. Die Antragstellerin argumentierte, dass ihr Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt sei, da sie in anderen Bewertungskriterien überdurchschnittlich abgeschnitten habe. Zudem zweifelte sie an der wissenschaftlichen Validität der Potenzialfeststellung und kritisierte, dass die Bundeswehr das Verfahren ohne gesetzliche Grundlage anwende. Nach erfolglosem Widerspruch beantragte sie die gerichtliche Überprüfung der Ablehnung.
Entscheidung:
Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass die Potenzialfeststellung als wesentliches Auswahlkriterium einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Die bisherige Praxis, dieses Verfahren ausschließlich auf Verwaltungsvorschriften zu stützen, verstößt gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts gemäß Art. 33 Abs. 2 GG. Da eine gesetzliche Grundlage fehlt, darf die Bundeswehr das Ergebnis der Potenzialfeststellung nur als ergänzendes Hilfsmittel heranziehen, nicht jedoch als entscheidendes Kriterium. Das Gericht hob daher die ablehnenden Bescheide auf und verpflichtete das Verteidigungsministerium, die Bewerbung der Antragstellerin unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung erneut zu prüfen. Bis zur gesetzlichen Regelung darf die Potenzialfeststellung nicht als Ausschlusskriterium für den Laufbahnaufstieg verwendet werden.
Schulrecht
Voraussetzungen des Ruhens der Schulpflicht
OVG Saarlouis, Beschluss vom 25.10.2024 – 2 B 163/24
Sachverhalt:
Eine Schülerin beantragte aufgrund einer psychischen Erkrankung das Ruhen ihrer Schulpflicht, um an einer privaten Fernschule unterrichtet zu werden. Sie hatte zuvor den Präsenzunterricht abgebrochen und wurde im Rahmen des Hausunterrichts beschult, konnte jedoch keinen Schulabschluss erreichen. Ihre Mutter argumentierte, dass der Hausunterricht unzureichend sei und die Teilnahme an einer Fernschule eine individuellere Förderung ermögliche. Die Schulbehörde lehnte den Antrag ab, da die Schülerin weiterhin im Rahmen des Krankenhaus- und Hausunterrichts beschult werden könne und eine neu eingeführte Online-Schule als Alternative zur Verfügung stehe. Das Verwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.
Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass eine Befreiung von der Schulpflicht nur in Ausnahmefällen möglich ist und vorrangig alternative schulische Fördermöglichkeiten genutzt werden müssen. Die neu angebotene Online-Schule für kranke Schüler stellt nach Auffassung des Gerichts eine geeignete Beschulungsform dar, die der Schulpflicht genügt. Ein medizinisches Gutachten, das eine vollständige Unbeschulbarkeit nachweist, wurde nicht vorgelegt. Zudem erfülle die private Fernschule nicht die Voraussetzungen einer staatlich anerkannten Ersatzschule, sodass die Schulpflicht dadurch nicht erfüllt würde. Da der Haus- und Online-Unterricht individuelle Anpassungen ermöglicht, bestand nach Ansicht des Gerichts keine rechtliche Grundlage für das Ruhen der Schulpflicht.
News diese Woche:
BGH zum Kartellrecht: Apple wehrt sich gegen strengere Wettbewerbsaufsicht
Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft, ob Apple einer verschärften Wettbewerbskontrolle durch das Bundeskartellamt unterliegt. Die Behörde hatte dem Unternehmen eine „überragende, marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ attestiert, wogegen sich Apple vor Gericht wehrt. Entscheidend sind unter anderem Apples erhebliche Ressourcen, sein Datenzugang und seine Gatekeeper-Rolle im App-Store. Sollte der BGH die Einschätzung des Kartellamts bestätigen, könnte die Behörde leichter gegen bestimmte Geschäftspraktiken von Apple vorgehen, insbesondere gegen die bevorzugte Behandlung eigener Apps beim Tracking. Das Urteil wird am 18. März 2025 erwartet und könnte Apples Marktmacht in Deutschland deutlich einschränken.